Verführerische Maskerade
im Februar und draußen sehr kalt, aber im Empfangszimmer herrschten Temperaturen wie im tropischen Regenwald. Riesige Kerzenleuchter, groß wie Wagenräder, hingen von der bemalten und vergoldeten Decke herab, die großen Fenster waren fest verschlossen, und in den Kaminen an jedem Ende des Zimmers brannten massive Holzscheite.
Allein wegen der Hitze im Zimmer war ihr schon unbehaglich. Das cremefarbene Hofkleid aus schwerem Damast, aufwändig bestickt, machte es noch schlimmer, zusammen mit den wippenden Straußenfedern in ihrer lächerlichen Frisur, die bei solchen Anlässen vorschriftsmäßig getragen werden musste.
»Es kann nicht mehr lange dauern«, beschwichtigte Alex, klang aber nicht besonders überzeugt.
Livia verzog unwillig das Gesicht und warf einen sehnsüchtigen Blick auf die großen Doppeltüren des Empfangszimmers, die zu beiden Seiten von Lakaien in einer goldenen Livree bewacht wurden. Pünktlich zur halben Stunde wurden die Türen geöffnet, die frisch eingeführten Debütantinnen mit ihren Gewährsleuten traten heraus, und der Majordomus rief die Namen der nächsten Gruppe auf, die sich der Queen vorstellen durfte.
Eigentlich bin ich schon viel zu alt für dieses Ritual, überlegte Livia und verzog das Gesicht. Ihre Mutter hätte bestimmt höchstpersönlich dafür gesorgt, dass ihre Tochter der Queen im Debütantinnenalter vorgestellt würde - wenn sie nur länger hätte leben dürfen. Lord Harford hätte es natürlich sehr begrüßt, dass seine Frau das Protokoll einhalten wollte, aber andererseits sah er keinen Anlass, Livia auf ihre erste Saison vorzubereiten, wenn sie selbst sich nicht besonders dafür zu interessieren schien. Und Livia hatte sich tatsächlich nicht besonders dafür interessiert. Aber jetzt, wo sie frisch verheiratet war, hatte sie praktisch keine andere Möglichkeit, als die Zeremonie über sich ergehen zu lassen, wenn sie und ihr Ehemann in der besseren Gesellschaft eine Rolle spielen wollten. In der Saison gab es zahlreiche wichtige Veranstaltungen, zu denen sie nur als ordnungsgemäß eingeführte Debütantin zugelassen war.
»Es ist lächerlich«, murmelte Livia. »Alex, ich weiß wirklich nicht, warum du darauf bestanden hast, dass wir die Zeremonie über uns ergehen lassen. Es stört mich nicht, wenn ich nicht in königlichen Kreisen verkehre.«
Sein Blick wirkte leicht verzweifelt. »Du bist meine Frau. Und ich möchte nicht ausgeschlossen werden, nur weil du beschlossen hast, dich dem zu verweigern, was alle anderen längst hinter sich gebracht haben. Es wird bald vorüber sein. Und dann musst du es nie wieder ertragen.«
Livia seufzte wieder, begriff aber, was er meinte. Sie schaute sich um, hob den Fächer und winkte wie verrückt über die Köpfe der Menschen hinweg. »Oh, da ist Nell, dem Himmel sei Dank.«
»Pass auf«, mahnte Alex, als sie aufsprang und sich auf Zehenspitzen stellte, um Nell zuzuwinken. Ihre Schleppe, die knapp einen Meter lang war, wickelte sich um die Füße eines kleinen vergoldeten Tisches, den sie gerade noch rechtzeitig beiseite stoßen konnte, anstatt zu stolpern.
Alex schien ungerührt. Offenbar macht er sich keine Sorgen, dachte Livia, obwohl ihm doch mindestens so heiß sein muss wie mir. In seiner offiziellen Hofkleidung aus schwarzen seidenen Kniehosen sah er ausgesprochen elegant aus. Dazu trug er eine weiße Weste, ein schwarzes Jackett mit langen Schößen und Schuhe, deren Schnallen mit Diamanten verziert waren. Das perfekt gestärkte, hochgebundene Krawattentuch hatte sich trotz der feuchten und schweren Luft nicht im Mindesten gekräuselt. Wie alle Männer im Vorzimmer trug er einen Galanteriedegen.
»Oh, da bist du ja.« Schwerfällig schlängelte Cornelia sich mit ihrem ebenfalls aufwändig gearbeiteten Kleid durch die Menge, bis sie schließlich bei ihrer Freundin ankam. »Sag, ist es hier nicht entsetzlich?«
»Grauenhaft«, stimmte Livia zu und drückte ihrer Freundin ein Küsschen auf die Wange. »Ich hatte schon befürchtet, dass du dich aus irgendeinem Grund entschuldigen lässt und doch nicht mehr am Empfang teilnimmst.«
»Schon vergessen? Ich muss hier sein, weil ich für dich bürge.« Cornelia fächerte sich heftig frische Luft zu. »Guten Tag, Alex«, grüßte sie freundlich lächelnd.
Er verbeugte sich und erwiderte das Lächeln. »Ihr Diener, Lady Dagenham.«
»Wo steckt Harry?« Livia ließ den Blick über die Menge schweifen.
»Er begleitet seine Tante.« Cornelia lachte. »Eine beachtliche
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