Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verführerische Maskerade

Verführerische Maskerade

Titel: Verführerische Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
ich möchte Ihnen nur eine Frage stellen. Ihnen allen.« Mit der Fingerspitze zeichnete Livia eine Spur in das Mehl auf dem Tisch. »Wie lange haben Sie bei Lady Sophia gedient?«
    Die drei dachten eine ganze Weile über die Frage nach. »Es war genau vor der Regatta auf der Themse«, meinte Ada schließlich und streute eine Prise Salz in den Kessel über dem Feuer. »Weißt du noch, Morecombe? Oh, was für ein Tag. Überall Boote auf dem Fluss. Bildhübsch.«
    »Oh, aye, Lady Sophia hat uns den Tag freigegeben«, erinnerte sich Mavis. »Sie hat sich selbst auch hübsch zurechtgemacht. Hat sich einen Platz gesichert oben auf der Tribüne bei den feinen Leuten.«
    »In welchem Jahr ist das gewesen?« Livia wischte sich das Mehl vom Finger.
    »Oh … weiß nicht genau …«, murmelte Morecombe.
    »Fünfundsiebzig«, behauptete Mavis, »war das Jahr, wo ich meine Fellmütze gekriegt habe.«
    »Du hast Recht, Mavis«, stimmte Ada zu, »fünfundsiebzig war es. Im Januar haben wir unseren Dienst bei Lady Sophia aufgenommen. Lady Sophia hatte diesen Kerl aus Österreich … weißt du noch, Mavis?«
    »Den mit dem Schnurrbart«, meinte Mavis kichernd.
    »Eh, es ist genug«, murmelte Morecombe grimmig in seinem Schaukelstuhl, »was gewesen ist, ist gewesen.«
    Die Zwillinge schienen sich an Livias Anwesenheit zu erinnern, warfen ihr einen kurzen Blick zu und schwiegen.
    »Es stört mich nicht«, ermunterte Livia, »ich freue mich über jede Einzelheit aus Lady Sophias Leben, an die Sie sich erinnern können.«
    »Nun, was das betrifft, wir werden uns hüten, Ma’am«, verkündete Ada. »Sie war eine feine Lady. Hat keiner Seele etwas zu Leide getan, ihr ganzes Leben nicht.«
    »Aber sie wusste das Leben auch zu genießen«, ergänzte ihre Schwester kichernd. »Und hat niemals ein böses Wort verloren, auch nicht, wenn andere es ebenfalls getan haben.«
    Livia beschloss, besser den Rückzug anzutreten, bevor jemand aus dem Kreis etwas preisgab, was er oder sie später bereute. Wenn die drei erst 1775 in den Dienst der Lady Sophia getreten waren, dann hatten sie Alexis Prokov nicht kennen gelernt. Alex selbst war einige Jahre früher geboren worden, und soweit sie wusste, hatte er seit seiner Geburt bei seinem Vater in Russland gelebt. Aber konnte sie noch darauf vertrauen, dass man ihr die Wahrheit sagte?
    »Nun, ich überlasse Sie besser wieder Ihrer Arbeit. Übrigens, Prinz Prokov schätzt Ihre Kalbspastete sehr, Ada. Vielleicht könnten Sie sie irgendwann nächste Woche zum Mittag servieren.«
    »Aye«, stimmte Ada ohne weitere Umstände zu.
    Livia verließ die Dienstboten und eilte durch die Halle, wo Boris wie gewöhnlich wartete. »Hat mein Mann immer noch Besuch, Boris?«
    »Nein, Prinzessin. Michael Michaelowitsch hat das Haus vor einer halben Stunde verlassen.«
    »Danke. Würden Sie Prinz Prokov bitten, mich in meinem Schlafzimmer aufzusuchen?« Livia stieg bereits die Treppe hinauf. »Sobald er es einrichten kann.«
    Boris verbeugte sich und eilte in Richtung Bibliothek.
    Alex dachte über den Erfolg seines kleinen Manövers am Nachmittag nach. Es war eine einfache Sache gewesen; aber schließlich war Prinz Michael auch ein einfacher Mann. Alex hatte dafür gesorgt, dass der Mann sich allein in der Bibliothek aufhielt, während die Depesche an den Zaren offen auf dem Schreibtisch gelegen hatte. Sein Gast war nicht auf die Idee gekommen, sich zu fragen, warum Prokov so ungewöhnlich sorglos mit dem Schreiben umging. Alex hatte vorgegeben, einen besonders guten Bordeaux für seinen Gast aus dem Keller holen zu wollen, war stattdessen im angrenzenden Zimmer verschwunden und hatte durch einen Türspalt beobachtet, wie Prinz Michael die Depesche mit den Augen förmlich verschlungen hatte. Alex hatte begriffen, warum der ängstliche Arakcheyev einen Einfaltspinsel wie Michael als Werkzeug benutzte. Der Mann schöpfte praktisch nie Verdacht, fühlte sich nie manipuliert oder getäuscht und war offenbar so stolz auf die Arbeit, die er zu verrichten glaubte, dass er auf jede Spur gesetzt werden konnte. Denn er war so gehorsam wie ein Bluthund.
    Und jetzt hatte Alex ihn in die Lage versetzt, seinen Dienstherren zu berichten, dass Prinz Prokov seine Pflichten als Auge und Ohr des Zaren geradezu vorbildlich erfüllte.
    Boris’ Klopfen riss ihn aus seinen selbstzufriedenen Gedanken. »Ja?« Er schaute auf, hoffte mehr, als dass er erwartete, dass Livias Lächeln und ihre funkelnden grauen Augen auftauchen würden. Enttäuscht

Weitere Kostenlose Bücher