Verführerische Maskerade
sich das Haus so schnell wie möglich unter den Nagel reißen wollte.«
Endlich setzte Livia sich auf die Armlehne des Sofas. »Du musst zugeben, dass seine Werbung um mich ziemlich mitreißend war … Ellie, du hattest ohnehin deine Bedenken. Gib es zu.«
»Ja«, gab Aurelia zu, »aber du nicht. Liv. Ich hatte dich gewarnt, dass du mit dem Feuer spielst. Du meintest nur, dass du dann wenigstens wüsstest, weshalb du dir die Finger verbrennst.« Sie verschränkte die Hände. »Bitte verzeih mir, meine Liebe, wenn ich ein ernstes Wort mit dir rede. Aber du hast dir die Suppe selbst eingebrockt. Und jetzt müssen wir uns darüber klar werden, ob du sie auch auslöffeln willst … oder nicht.«
Genau das ist es, dachte Livia. Ein ernstes Wort und eine klare Entscheidung. Ihre Freundinnen mussten gar nicht erfahren, dass Alex heimlich spionierte. Denn das Problem lag woanders. »Ist es wirklich falsch, wenn ich mich betrogen fühle? Weil er mich getäuscht hat?«
»Glaubst du, dass er dich liebt?« Cornelia ging zur Anrichte und goss drei Gläser Sherry ein.
Vor ihrem geistigen Auge erschien Alex, der neben ihrem Bett stand und ihr eine Liebeserklärung machte. »Ja«, meinte sie leise, »das hat er jedenfalls behauptet. Und ich glaube ihm.« Dankend nahm sie Cornelia ein Glas Sherry ab.
»Und wie steht es mit dir, Liv?« Aurelia nahm sich ebenfalls ein Glas.
»Oh, ja«, erwiderte Livia schlicht. »Von ganzem Herzen …« Sie lachte traurig. »Trotz all der Schmerzen.«
»Dann musst du klären, ob er dich vielleicht unabsichtlich getäuscht hat. Weil er dir etwas verschwiegen hat. Oder weil er dir Schmerz ersparen wollte. Oder hat er dich absichtlich verletzt? Weil er ein grauenhafter Lügner ist?«, hakte Cornelia nach.
»Ja, das muss ich wohl klären«, überlegte Livia laut und nippte an ihrem Sherry. Und irgendwie musste sie eine Entscheidung treffen. Insgeheim war sie mit jeder Faser ihres Wesens überzeugt, dass Alex’ Gefühle für sie nicht geheuchelt waren. Das hieß, dass sie einen Weg finden musste, sich mit ihm zu arrangieren, so wie er war. Irgendwie und irgendwann würde sie ihm seine Lügen vergeben können.
»Lasst uns mit den Kindern zum Eisessen gehen«, schlug sie plötzlich vor. »Bei Gunters. Es ist ein wunderbar sonniger Tag. Vielleicht noch ein bisschen kühl für ein Eis, aber den Kindern wird es nichts ausmachen.«
Die beiden Frauen schauten sie verwirrt an. »Ist das Gespräch damit beendet, Livia?«, fragte Cornelia.
»Ich habe keine Lust mehr, mich wieder und wieder im Kreis zu drehen«, behauptete Livia. »Mein Hirn fühlt sich an wie ein dicker Knoten. Ich brauche Ablenkung. Also lasst uns zu Gunters gehen. Ich habe eine Schwäche für ihr Zitroneneis.«
»Die Kinder dürften mit ihrem Mittagessen im Kinderzimmer schon fertig sein«, erklärte Aurelia, »trotzdem wird Linton sich beklagen, dass wir ihnen das Dinner verderben.« Sie lachte. »Aber warum nicht, Nell? Wir haben uns schon seit Wochen nicht mehr mit Linton gestritten.«
Cornelia zerrte schon an der Klingel. »Wir werden die Kalesche nehmen.«
Stevie, Franny und Susannah plapperten aufgeregt und freuten sich auf den Ausflug mit ihren Müttern, aber ohne das wachsame Auge ihrer Kinderschwester Linton. Das Eis bei Gunters schmeckte immer köstlich, und es kam nur selten vor, dass es im Februar Eis zu essen gab. Die Kalesche hielt draußen vor dem Laden in der Berkeley Street. Ein Kellner eilte durch den Verkehr am Square und fragte sie nach ihren Wünschen.
Die Kinder kreischten wild durcheinander, Cornelia merkte sich das Wichtigste und gab die Bestellung in verständlichen Worten beim Kellner auf. »Liv, wie wäre es mit Zitrone und Birne?«
Livia war sich nicht mehr sicher, dass der Vorschlag, den sie vor einer Stunde gemacht hatte, ihr jetzt immer noch gefiel. Aber sie riss sich zusammen.
»Ich hätte gern ein Parmesaneis«, bestellte Aurelia, »Eis aus Käse, das klingt wirklich interessant.«
»Ich nehme einen Eiskaffee«, fügte Cornelia hinzu.
Erleichtert eilte der Kellner die Straße zurück zum Laden. Ein paar Minuten später balancierte er die Bestellung auf dem Tablett zur Kalesche. Die Kinder wollten ihr Eis unbedingt unter den winterlich nackten Zweigen der Ahornbäume im Square Garden essen und verschwanden unter der Aufsicht des Burschen. Daisy begleitete die Gruppe, während die Freundinnen in der Kutsche blieben.
»Das Zitroneneis scheint dir nicht besonders gut zu schmecken«, meinte Aurelia
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