Verführerische Maskerade
nach einer Weile und schaute zu, wie Livia in ihrem Glas herumspielte und immer nur kleine Häppchen auf die Spitze ihres Löffels häufte.
»Vielleicht war die Idee doch nicht so gut«, meinte Livia, »wie schmeckt das Parmesaneis?«
»Köstlich«, gestand Aurelia lachend, »aber zum Dinner würde es besser passen. Es ist eine Mischung aus Käse und Zucker.«
»Du hättest beim Gewohnten bleiben sollen«, erklärte Cornelia und kratzte den Rest Eiskaffee aus ihrem Glas. »Es wird langsam kalt, drinnen wie draußen. Wir sollten mit den Kindern bald nach Hause fahren.«
»Ja. Ich muss zurück zum Cavendish Square«, erklärte Livia, lehnte sich aus der Kalesche und stellte das leere Glas mit dem Löffel auf das Tablett, das der Kellner ihnen entgegenstreckte. Ihr Kopf war klar, und sie war bereit. Bereit, ihre Forderungen zu artikulieren, bereit für Kompromisse. Hatte ihr Vater nicht angekündigt, dass Kompromisse unvermeidlich waren, wenn sie eines Tages mit ihrem Ehemann aneinandergeraten würde? Auch Alex würde jetzt bereit sein.
»Möchtest du mit der Kalesche nach Hause fahren?«, bot Cornelia an. »Dein Bursche könnte mit Daphne zurückreiten.«
»Nein«, lehnte Livia ab, »ich werde den Ritt genießen … außerdem dauert es höchstens eine Viertelstunde, bis ich am Cavendish Square bin.«
»Liv, hast du dir genau überlegt, was du tust?«, fragte Aurelia gedämpft, während die Kinder zurück in die Kutsche kletterten.
Livia lächelte zaghaft. »Ja. Soweit es mich betrifft, habe ich gründlich nachgedacht. Ich weiß allerdings nicht, wie Alex antworten wird.«
»Vergiss nicht, dass wir immer für dich da sind«, meinte Cornelia und wischte Susannahs klebrige Hände mit dem Taschentuch ab, bevor das kleine Mädchen das Erdbeereis an den Umhang schmieren konnte. »Jederzeit, Livia. Du kannst uns rufen lassen.«
»Ja, ich weiß«, erwiderte Livia, »und ich danke euch beiden.«
Die Abenddämmerung brach herein, als Livia an den Cavendish Square zurückkehrte. Die Straßenlaternen waren noch nicht angezündet, aber im Haus brannte das Licht, als sie die Stufen zur Eingangstür hinaufeilte.
Überraschenderweise öffnete Morecombe. Um diese Tageszeit hatte er sich gewöhnlich in seine eigene Wohnung zurückgezogen, und Boris wachte über die Ordnung im Haus.
»Guten Abend, Morecombe.« Livia trat ein. »Wo steckt Boris?«
»Er ist heute Abend nicht da«, behauptete Morecombe. »Muss trotzdem jemand an der Tür sein.«
»Ja, natürlich«, bestätigte Livia. »Ist Prinz Prokov im Haus?«
Morecombe schüttelte den Kopf.
»Oh«, stammelte Livia erstaunt. »Haben Sie ihn heute Nachmittag gesehen?«
»Oh, aye«, antwortete Morecombe, schloss die Tür und schob den Riegel vor.
»Und dann ist er wieder ausgegangen?«, fragte sie geduldig, weil sie wusste, dass sie noch langsamer ans Ziel gelangen würde, wenn sie voller Ungeduld reagierte.
»Ein paar Männer haben nach ihm gefragt«, berichtete Morecombe, »soll ich Ihr Dinner im Salon servieren, Ma’am? Unsere liebe Ada macht gebratenen Lammrücken mit Grütze aus roten Johannisbeeren. Wie Sie es am liebsten mögen.«
»Köstlich«, lobte Livia wie abwesend, während sie das Gefühl beschlich, dass irgendetwas nicht stimmte. »Hatte der Prinz angekündigt, dass er zum Dinner nicht zu Hause sein wird, als er mit seinen Freunden das Haus verließ?«
»So ungefähr, Mylady«, behauptete Morecombe, »soll ich das Dinner im Salon servieren?«
Außer dem Dinner gibt es wohl nichts, was diesen einfältigen Menschen interessiert, dachte Livia grimmig, und er wird nicht nachgeben, bis ich ihm seine Frage beantwortet habe. »Äh, ja, vielen Dank«, meinte sie und ging zur Treppe. »Sind Sie sicher, dass mein Mann keine Nachricht hinterlassen hat?«
»Nein, nein, keine Nachricht«, meinte Morecombe und eilte in Richtung Küche. »Das Dinner wird in einer Stunde fertig sein.«
»Danke«, meinte Livia. Unwillkürlich drehte sie sich von der Treppe weg und ging in das Empfangszimmer. Heiter und klar schaute Sophia Lacey von ihrem Porträt über dem Kamin auf sie hinunter.
Aber wie heiter war ihr Blick wirklich? Livia trat näher heran und schaute auf zu den strahlend blauen Augen. Ich hätte es wissen müssen, dachte sie. Die Ähnlichkeit mit Alex’ Augen ist verblüffend. Wie ein Zwilling. Und das strahlende Blau ist so ungewöhnlich, dass man schon ziemlich blind sein muss, wenn man es nicht bemerkt.
Andererseits, wie hätte sie auf eine Tatsache
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