Verführerische Maskerade
Tadellose Manieren. Er kennt all die wichtigen Leute. Nur kampferprobt ist er nicht. Ist letzte Nacht verschwunden. Ich habe mit dem Schlimmsten gerechnet, erst recht, nachdem ich nichts über ihn in Erfahrung bringen konnte. Ihr Mann und ich hatten verabredet, dass wir uns heute spät am Nachmittag treffen und uns gegenseitig auf den neuesten Stand bringen. Leider ist er nicht erschienen.«
Konzentrier dich auf das Wichtigste. Livia mahnte sich stumm, ihre Fantasie zu zügeln. Du darfst es nicht zulassen, dass deine grausame Fantasie dir den Verstand vernebelt.
» Auf welchem Weg wollen sie ihn aus England herausschaffen?« Konzentrier dich auf das Praktische, überleg dir, womit du ihn retten kannst.
» Natürlich zu Schiff.« Tatarinov klang plötzlich ungeduldig. »Sie werden es eilig haben. Also werden sie wahrscheinlich in Greenwich an Bord gehen. Weil dort das nächste Dock liegt. Es gibt immer Matrosen, die ungewöhnliche Passagiere an Bord nehmen. Gegen eine kleine Aufmerksamkeit.«
Die Hunde knurrten, als er sich erhob. »Ich verschwende meine Zeit. Schließen Sie die verdammte Tür auf und lassen Sie mich meinen Geschäften nachgehen.«
»Ich werde Sie begleiten.« Livia schnipste mit den Fingern, und die Terrier kamen zögernd an ihre Seite.
»Unmöglich … das ist lächerlich. Das habe ich noch nie gehört … Sie werden mir nur im Weg sein«, polterte Tatarinov und versuchte, sich an ihr vorbei zur Tür zu drängen.
»Trotzdem können Sie es nicht verhindern«, verkündete Livia ruhig. »Ich werde Ihnen einfach nach Greenwich folgen, wenn Sie nicht wollen, dass ich Sie begleite. Ich kann Ihnen versichern, dass ich Sie nicht stören werde. Aber Sie sollten ein für alle Mal begreifen, dass mein Platz an der Seite meines Mannes ist. Wenn er in Gefahr schwebt, werde ich ihm helfen.«
Livia drehte sich zur Tür. »Werden Sie warten, bis ich mich umgezogen habe? Es dauert nicht lange. Oder muss ich Sie heimlich verfolgen?«
»Madame … Prinzessin …« Er registrierte ihre unnachgiebige Haltung und beschloss, dass es besser war, sie im Auge zu behalten. Sobald sie Greenwich erreicht hatten, würde er sie irgendwie aus dem Weg schaffen. »Ich warte.«
»Gut.« Sie drehte den Schlüssel in der Tür herum und öffnete. »Sind Sie mit einer Kutsche gekommen?«
»Ich reite.«
»Gut. Dann werde ich mich umziehen und Daphne aus dem Stall holen.« Die Hunde hatten sich an ihre Fersen geheftet, als sie die Treppe hinaufeilte und über die Schulter rief: »Zehn Minuten. Höchstens.«
Tatarinov schaute zum Eingang. Er hätte leicht aus dem Haus verschwinden können. In zwei Minuten wäre er mit seinem Pferd über alle Berge. Aber ihm war klar, dass die verdammte Frau ihm folgen würde. Nur der Himmel wusste, was ihr in den Kopf kommen würde, wenn man sie allein ließ. Auf dem Weg nach Greenwich musste er noch einen kleinen Umweg machen und ein paar Männer abholen, die ihn begleiten sollten. Er konnte nur beten, dass der Prinz und seine Entführer die abendliche Flut verpasst hatten und auf den nächsten Morgen warteten.
Und wenn sie sich gar nicht in Greenwich aufhielten?
Livia zog das Samtkleid aus und schlüpfte in ihr Reitkostüm. Die Pistole verstaute sie tief in der Jackentasche, setzte sich anschließend auf das Bett und zog sich die Stiefel an. Sie konnte an nichts anderes mehr denken als an die drängende Aufgabe, die ihr bevorstand. Entschlossen schob sie den Verdacht beiseite, dass das Schiff bereits abgelegt haben könnte, und sie wollte sich auch nicht damit beschäftigen, dass die Entführer ihren Mann nach Dover oder in einen anderen Hafen verschleppt haben könnten. Und mit aller Entschiedenheit verbot sie sich den Gedanken, dass Alex bereits tot sein könnte …
Sie sorgte dafür, dass die Hunde im Schlafzimmer eingeschlossen wurden, obwohl die Terrier jämmerlich jaulten, als sie die Treppe hinuntereilte. Tatarinov marschierte nervös in der Halle auf und ab. Klein, stämmig und kräftig, wie er war, flößte er ihr plötzlich Vertrauen ein. Livia mochte ihn zwar immer noch nicht, aber insgeheim war sie überzeugt, dass er ein verlässlicher Verbündeter war, wenn es hart auf hart kam.
»Ich bin bereit.« Livia eilte zum Eingang und öffnete.
Die Tür würde unabgeschlossen bleiben müssen. Daran war nichts zu ändern. Tatarinovs Pferd, es handelte sich um einen unansehnlichen, robusten Wallach, war an der Umzäunung des Squares angebunden.
»Mein Pferd steht im Stall auf der
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