Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verführerische Maskerade

Verführerische Maskerade

Titel: Verführerische Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
Prellung über den Wangenknochen schwoll violett an. Seine Entführer hatten der Versuchung nicht widerstehen können, Alex tatkräftig zu demonstrieren, dass sie ihn in der Hand hatten … ausgerechnet ihn, der gewöhnlich die Fäden in der Hand hielt und niemals die Kontrolle verlor. Wenn man ein paar kleine Wunden nicht rechnete, hatte er die Entführung unverletzt überstanden.
    Der Zar würde auf unumstößlichen Beweisen bestehen, die Prinz Prokovs Beteiligung an der Verschwörung zweifelsfrei belegten. Vorher würde ihm nichts zustoßen, was ihm wirklich unangenehm werden könnte. Aber dieser Schutz währte nur so lange, bis er ein letztes Mal mit dem Zaren gesprochen hatte.
    Oh, Alex war überzeugt, dass er dem Unvermeidlichen mit einer gewissen Würde ins Auge schauen konnte. Sogar der Folter, obwohl der Schmerz schon schwerer auszuhalten war. Doch am schwersten fiel es ihm, dass er sich von Livia trennen musste, ohne sich vorher mit ihr versöhnt zu haben. Aus ihrer Sicht musste es noch immer so sein, dass er sie zutiefst betrogen hatte, wie er sich freimütig eingestehen musste. Erst wenn er sich sicher sein konnte, dass sie ihm seine Liebe glaubte, würde er seinen grausamen Tod ertragen können. Nur fünf Minuten, dachte er, mehr brauche ich nicht.
    Aber Livia hatte sich vorwurfsvoll und wütend in ihrem Haus am Cavendish Square verkrochen. Und er war hier. Hilflos wie ein neugeborenes Baby.
    Plötzlich hörte er Stimmen, die ihn aus seiner Grübelei rissen. Vertraute Stimmen. Es war der Kapitän des verwahrlosten Frachters, und der Mann klang, als hätte er sich die Rumflasche ein paar Mal zu oft an den Mund gesetzt. Dann hörte er eine zweite Stimme. Sein Herz hüpfte vor Freude, sein Trübsinn war wie fortgeblasen, und er konzentrierte sich mit aller Kraft auf das, was jetzt kommen würde.
    Tatarinov.
    Es war nicht die rechte Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie der Mann erfahren hatte, dass er entführt worden war. Alex dachte angestrengt nach, wie er Tatarinov signalisieren konnte, wo er sich befand … nämlich nur ein paar Schritte entfernt unter Deck. Er ließ den Blick durch die enge, dämmrige Kabine schweifen. Wie alle Möbel war der Stuhl, an den er gebunden war, fest mit dem Boden verschraubt. Die Lampe auf dem Tisch brannte auf kleiner Flamme. Es gab viele Möglichkeiten, die Lampe zu benutzen, um sich zu befreien. Nur musste er sie dazu in die Finger bekommen. Und das war ausgeschlossen.
    Mit dem Seil, das ihn an den Stuhl fesselte, waren seine Arme an seinen Körper gebunden, fachmännisch mit Seemannsknoten geknüpft. Die Beine waren an den Knöcheln aneinandergeknotet, aber er konnte sie noch gemeinsam bewegen. Alex holte aus den Knien Schwung und schleuderte die Füße unter die Tischplatte. Obwohl auch der Tisch fest mit dem Boden verschraubt war, wackelte er, und mit ihm die Lampe. Wieder trat Alex zu, war diesmal aber vorsichtiger, denn er musste unbedingt verhindern, dass die Lampe umstürzte. Der kleine Frachter war trocken wie Zunder und würde innerhalb weniger Sekunden lichterloh brennen.
    Alex versuchte, einen Mittelweg zu finden. Er musste so viel Lärm machen, dass Tatarinov aufmerksam wurde, während es gleichzeitig zu verhindern galt, dass die Laterne umstürzte. Also klopfte er mit den Füßen in einem Rhythmus gegen die Tischplatte, den Tatarinov ganz sicher erkennen würde, wenn er ihn hörte.

    Livia verbarg sich im Schatten auf dem Kai und beobachtete die Gruppe an Deck der Caspar . Tatarinov sprach mit zwei Männern. Ein furchterregendes Trio, dachte sie, bestimmt Matrosen, bullige Männer mit breiten Schultern und muskulöser Brust. Auch Tatarinov erinnerte sie manchmal an einen Bullen.
    Die Männer nahmen keinerlei Notiz von ihr, sodass Livia sich näher an den Frachter schleichen konnte. Das dunkle Wasser plätscherte sachte an die Bootswand. Zwischen dem Schiff und dem Kai klaffte ein beachtlicher Spalt. Sie versuchte, nicht in die bedrohliche dunkle Brühe zu schauen, als sie sich nach vorn lehnte und durch ein verschmiertes Bullauge ins Innere des Frachters lugen wollte. Gleichzeitig sperrte sie die Ohren auf, weil sie unbedingt wissen wollte, was die Männer sprachen. Immerhin unterhielten sie sich auf Englisch.
    »Wir werden morgen früh mit der Flut auslaufen«, meinte einer der beiden Männer zu Tatarinov, »und schon bei Sonnenuntergang werden wir in Calais einlaufen.«
    »Können Sie einen Passagier an Bord nehmen? Ich zahle gut.« Tatarinov

Weitere Kostenlose Bücher