Verführerische Maskerade
bemühen sollen. Es muss Gründe geben, warum eine attraktive junge Frau wie sie immer noch allein ist, grübelte er, irgendeinen Grund, der sie davon abhält, sich den Notwendigkeiten einer Frau in ihrer Lage zu ergeben. Selbstverständlich war sie finanziell unabhängig … oder glaubte es jedenfalls.
Natürlich wäre es leicht für ihn gewesen, ihren Irrglauben für sich zu nutzen und ihr zum Ausgleich ein Angebot zu machen. Eine Art Entschädigung ohne all die Unsicherheiten und Verstrickungen, die eine Brautwerbung bedeutete. Sie wäre verrückt, wenn sie sein Angebot ablehnte. Aber trotz allem begriff er nicht ganz, was seit ihrer ersten Begegnung geschehen war. Es kam ihm vor, als ob sie ihn wie eine Spinne in ein Netz einwab, sodass er sein ursprüngliches Ziel langsam aus den Augen verlor. Er begehrte sie, ganz schlicht und einfach, und das Begehren war so stark, dass es ihn verzehren würde, wenn er nicht aufpasste. Es war nicht nur das pure Verlangen, obwohl er auch das empfand, wenn er sie anschaute, auf ihren hohen, rundlichen Busen schaute, auf ihre schlanke Taille und den wundervollen Schwung ihrer Hüfte. Äußerlich wirkte Livia sehr beherrscht. Aber inzwischen war er mehr und mehr überzeugt, dass es unter ihrer Oberfläche brodelte. Sie war so impulsiv, dass es mit ihr im Bett wundervoll sein musste - genau wie außerhalb. Livia Lacey besaß ein Temperament, das ihn an Quecksilber erinnerte. Ihr Charakter hatte durchaus seine Ecken und Kanten, und sie würde sich nicht scheuen, die Ellbogen einzusetzen, wenn sie das Gefühl hatte, dass jemand ihre persönliche Integrität bedrohte.
Alex ließ seine Gedanken schweifen, ertappte sich bei einem Lächeln und riss sich zusammen. Er durfte nicht vergessen, dass Livia als seine Ehefrau ein nützliches Werkzeug in seinen Händen sein würde, wenn er sich an die Geschäfte machte, die ihn nach London geführt hatten. Und solange er sich daran erinnerte, würde er dem heißen Begehren in seinem Innern nicht die Zügel schießen lassen.
Wieder runzelte er die Stirn, als er am Haus hinaufschaute. Es gab ein Ziel, das er niemals aus den Augen verlieren würde. Seine Mutter - die Mutter, die er niemals kennen gelernt hatte. Wer war Sophia Lacey? Früher ganz bestimmt die Geliebte seines Vaters … eine Frau, die selbstlos genug war, ihr eigenes Kind fortzugeben, weil sie überzeugt war, zum Besten des Kindes zu handeln. Seit frühen Kindertagen schon verzehrte er sich vor Neugier, und er brannte vor Leidenschaft zu erfahren, wer die Frau war, die ihn geboren hatte. In irgendeinem verborgenen Winkel des Hauses würde er den Schlüssel zur wahren Natur seiner Mutter entdecken. Auch ihre treuherzigen Dienstboten würden ihm etwas zu erzählen haben. Sie mussten Sophia sehr lange gedient haben, wenn sie sich solche Sorgen um ihre Zukunft gemacht hatte. Aber er durfte sie erst befragen, wenn seine Gegenwart im Haus vollkommen selbstverständlich war.
Wieder einmal verscheuchte er seine träumerischen Gedanken und konzentrierte sich auf die schmutzigen Geschäfte, die ihn in die Stadt geführt hatten. Alex hatte keine Zeit zu verschwenden. Soll ich bei Livia eine andere Taktik anwenden?, fragte er sich insgeheim. Oder soll ich den Druck erhöhen, indem ich ihr ein Angebot mache, das sie unmöglich ablehnen kann?
Alex war bewusst, dass er die Entscheidung getroffen haben musste, bevor sie am nächsten Tag nach Richmond aufbrachen.
»Was ist passiert?«, fragte Aurelia, als Livia den Salon betrat. »Du bist im Reitkostüm … zum Spaziergang warst du anders gekleidet.«
»Nein, das täuscht«, widersprach Livia und ließ sich ins Sofa sinken. »Es hat sich herausgestellt, dass Alex ausreiten wollte und nicht spazieren gehen. Und er hat mir ein wundervolles Pferd für den Ausritt mitgebracht.« Sie überlegte kurz, ob sie Aurelia die Wahrheit über die Absichten des Prinzen beichten sollte, verzichtete aber im Moment darauf.
»Dann hast du dich also noch mal umgezogen?«, fragte Aurelia und kniff die Brauen zusammen. Irgendetwas stimmt hier nicht, dachte sie wieder.
»Genau«, bestätigte Livia unbekümmert, »und morgen Vormittag machen wir einen Ausritt in den Richmond Park. Ich möchte die Gangart der Stute ausprobieren.«
»Oh, verstehe«, meinte Aurelia, obwohl sie keinen Schimmer hatte, was ihre Freundin meinte.
»Wenn Nick auftaucht, würdest du mich bitte entschuldigen und ihm ausrichten, dass mir etwas dazwischengekommen ist?«
»Ja, natürlich.
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