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Verführerische Maskerade

Verführerische Maskerade

Titel: Verführerische Maskerade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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oft zog er es vor, jene Ratschläge zu missachten, die seinen eigenen Überzeugungen widersprachen. Überzeugungen, die wie in Stein gemeißelt schienen, wenn sie einmal gefasst waren.
    Alex seufzte leise und wandte sich wieder der Botschaft zu. Auf der ganzen Seite ließ der Zar seinem Enthusiasmus über das neue Bündnis mit Napoleon freien Lauf und begeisterte sich in den höchsten Tönen. Sein Vertrauen in diese Allianz war schier grenzenlos, und er hoffte, Russland in den Rang einer Großmacht erheben zu können, deren Einfluss sich über die ganze Welt erstreckte - Seite an Seite mit seinem lieben Freund Frankreich. Gemeinsam würden sie Europa unterwerfen und sogar die Engländer in die Knie zwingen. Dann wollten sie die bekannten Länder der Welt zwischen sich aufteilen. Und Prinz Prokov, der engste und treueste Freund des Zaren, sollte ihm auf dem Weg zu diesem erstrebenswerten Ziel eine Stütze sein. Wenn es so weit war, würde er einen Lohn über ihm ausschütten, den er sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen könne.
    Schreiben Sie uns bald, mein lieber Alex, welche Stimmung am englischen Hofe herrscht. Zerreißt es den Engländern das Herz, wenn sie an unsere neue Allianz denken? Wie werden sie reagieren, wenn Russland sich der Kontinentalsperre Napoleons anschließt? Was werden sie unternehmen, wenn ihnen der Handel mit Russland versperrt ist?
    Und was wird Russland unternehmen, wenn England unsere Exportgüter nicht mehr einführen kann?, widersprach Alex schweigend und schürzte die Lippen. England war der größte Exportmarkt für Russlands Rohwaren. Der Handel in St. Petersburg und Moskau würde auf die Barrikaden gehen, wenn die englischen Schiffe nicht mehr in ihren Häfen vor Anker gehen durften. Die Lagerhäuser würden aus allen Nähten platzen, wenn die Waren nicht mehr verkauft werden konnten. Und all das nur wegen dieses korsischen Emporkömmlings, wie die Kaiserinwitwe den französischen Kaiser tituliert hatte.
    Er richtete den Blick wieder auf die flüssige Handschrift des Zaren. Welche Pläne verfolgen die Engländer mit Österreich? Sie, mein Freund, werden es auf Ihre unnachahmlich kluge Art herausfinden. Und falls Sie sich vor der Abneigung der Emigranten in London fürchten, seien Sie unbesorgt, ich habe alles unter Kontrolle. Nehmen Sie sich in Acht, mein Freund. Sie dürfen niemandem trauen.
    Alex legte die Stirn in tiefe Falten, während er die letzten Sätze sorgfältig las. Sie klangen nach einer Warnung. Aber warum sollte der Zar ausgerechnet ihn warnen wollen? Hatte er Angst, dass Alex den Zorn der Emigranten auf sich zog? Oder galt die Warnung einer ganz anderen Sache?
    Plötzlich erinnerte er sich an den Besuch von Prinz Michael Michaelowitsch. Der alte Mann war seinem Zaren treu ergeben; aber er war sicher nicht das hellste Köpfchen. Wenn die Geheimpolizei tatsächlich Michael auf Alex angesetzt hatte, dann hatten sie den Bock zum Gärtner gemacht.
    »Wollen Eure Hoheit heute Abend zu Hause speisen?«, fragte Boris, der wie üblich lautlos in die Tür getreten war.
    Alex schüttelte den Kopf. »Nein. Ich gehe mit ein paar Freunden in die Oper.« Er warf einen Blick auf die vergoldete Uhr auf dem Kaminsims. »Leider bin ich schon zu spät dran. Bitte bringen Sie mir ein Glas Sherry in mein Zimmer, während ich mich umziehe.« Er eilte in sein kleines Heiligtum und von dort aus weiter in sein Schlafzimmer. Noch unterwegs schälte er sich bereits aus seinem Reitanzug.
    Ein paar Minuten später trug Boris die Sherry-Karaffe und einen Teller mit süßen Biskuits herein. Der Diener stellte das Tablett auf die Kommode. Alex schenkte sich ein, während Boris im Schrank nach dem schwarzen Mantel griff, nach der weißen Weste und den Kniehosen, die für die Oper genau richtig waren.
    Just in dem Moment, als er seinem Herrn in den Mantel half, klopfte es an der Eingangstür. »Wer kann das sein?«, murmelte er. »Boris, ich bin nicht aufgelegt für Besuch.«
    »Nein, Sir.« Der Kammerdiener glitt zur Tür, die zur Halle führte, öffnete und nickte kurz. »Es ist nur ein Bote, Eure Hoheit. Leo hat sich bereits darum gekümmert.« Boris trat in die Halle und rief den Burschen zu sich, der gerade die Tür geschlossen hatte. »Komm schon her, Junge.«
    »Sofort, Mr. Boris, Sir.« Der Junge, kaum älter als vierzehn Jahre alt, hastete so rasch über den gewachsten Boden, dass er beinahe ausrutschte. Respektvoll reichte er Boris das versiegelte Pergament. »Für Seine Hoheit,

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