Verführerische Maskerade
ins Schloss fallen lassen würde.
Livia war finster entschlossen, als sie sich die Bluse wieder in den Bund ihres Rockes stopfte.
Alex nahm das Weinglas in die Hand und reichte es ihr über ihre Schulter. »Trink«, befahl er. Und sie trank, genoss den blumigen Geschmack auf ihrer Zunge weit mehr, als sie ihn noch vor ein paar Minuten genossen hatte. Plötzlich kam es ihr vor, als ob sie jedes Gefühl viel deutlicher empfand als je zuvor.
»Möchtest du gleich essen? Oder sollen wir uns vorher lieber ein wenig unterhalten?«, fragte Alex, lehnte sich gegen die niedrige Brüstung des Pavillons und drehte den Rücken zur Aussicht. Er nippte an seinem Wein und beobachtete sie über den Rand des Glases hinweg.
»Worüber sollten wir uns unterhalten?« Kaum waren ihr die Worte über die Lippen gekommen, als sie merkte, wie dumm sie klingen mussten. Ungeduldig schüttelte sie den Kopf. »Ich habe nichts gesagt.«
»Verstehe.« Alex stellte das Glas auf der Brüstung ab und hob ihre Jacke vom Boden auf. »Zieh das an, bevor du dich erkältest.« Er hielt die Jacke, während sie ungeschickt und hastig mit den Armen hineinschlüpfte. Geduldig wartete er, bis sie sie zugeknöpft hatte. Eigentlich hatte er ihr helfen wollen. Aber er wusste, dass es kein Zurück mehr geben würde, wenn er sie wieder berührte. Die Zeit war noch nicht gekommen, um dem schmerzhaften Verlangen nachzugeben, das ihn quälte.
Entschlossen stieß er sich von der Brüstung ab. »Höchste Zeit für ein Mittagessen«, verkündete er, »was darf ich servieren?« Alex ließ den Blick über den Tisch schweifen. »Schinken aus Yorkshire, wundervolle Wildpastete, geräucherten Lachs und zum Schluss ein paar köstliche Törtchen … oh, nicht zu vergessen der Salat aus Kresse und Löwenzahn.«
»Alles.« Livia war aus ihrer Trance erwacht und zwang sich, so zu tun, als wäre gerade eben nichts geschehen. »Von allem ein bisschen, wenn Sie erlauben.« Sie trank ihr Glas leer, kam zum Tisch und schenkte sich selbst nach, während er die Häppchen auf dem blau geränderten Teller für sie arrangierte. Livia wollte den wunderbaren Wein trinken, die köstlichen Speisen genießen und die Zukunft getrost sich selbst überlassen.
»Setzen Sie sich.« Alex deutete auf einen faltbaren Stuhl aus Segeltuch auf einer Seite des Tisches, bevor er den Teller abstellte.
Livia setzte sich, breitete die schneeweiße Serviette über ihren Schoß und griff nach der Gabel. Sie fühlte sich höchst seltsam. So als hätte sie zu viel Champagner getrunken. Nicht, dass sie jemals in ihrem Leben betrunken gewesen war, aber Männer aus ihrer Bekanntschaft hatten ihr berichtet, dass sich zumindest zu Anfang ein leicht euphorisches Gefühl einstellte. In diesem Zustand schien es keine Grenzen mehr zu geben, und die ganze Welt wirkte wie in ein rosa Dampfbad getaucht - genau wie das Gefühl, das ihr in diesem Augenblick zu Kopf gestiegen war.
Alex bediente sich selbst und nahm ihr gegenüber Platz. Irgendwie war er zu der Überzeugung gelangt, dass er taktisch am besten fuhr, wenn er direkt zur Sache kam. »Wir müssen miteinander reden«, begann er, nippte an seinem Wein und platzte dann unvermittelt heraus: »Wollen Sie mich heiraten, Livia?«
Livia starrte ihn an. Gerade hatte sie die Gabel zum Mund führen wollen, aber ihre Bewegung fror auf halbem Wege zwischen Teller und Mund ein. »Wie bitte?«
»Ich sagte: Wollen Sie mich heiraten, Livia?« Er lächelte verlegen. »Es ist ein Heiratsantrag. Ich bin es nicht gewohnt, Anträge zu machen. Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich es an Glanz vermissen lasse.«
Aber Sie lassen es überhaupt nicht an Glanz vermissen. Das ist Ihnen noch nie passiert, und es wird Ihnen auch nie passieren, flüsterte die innere Stimme lautlos in ihrem Kopf. Sie legte die Gabel nieder, stützte den Ellbogen auf den Tisch und das Kinn in die Handfläche, während sie ihn unablässig anstarrte. »Warum wünschen Sie mich zu heiraten, Prinz Prokov? Und jetzt kommen Sie mir nicht mit irgendwelchen hergesuchten Argumenten.«
Er schüttelte den Kopf. »Glauben Sie mir, ich habe noch nie einen Heiratsantrag gemacht.«
»Das glaube ich gern«, erwiderte Livia. Es lag auf der Hand, dass der russische Prinz längst verheiratet wäre, wenn er jemals einer Frau einen Antrag gemacht hätte. Die Frau, die ihn ablehnte, musste den Verstand verloren haben.
»Aber warum ich? Wir kennen einander doch kaum.« Livia beschlich der Verdacht, dass die Unterhaltung ihr
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