Verführerischer Dämon: Roman (German Edition)
Und wenn nicht alles okay ist?«
Er blickte sie über die Schulter hinweg an. Auf seinem Gesicht lag kein Lächeln. » Dann lässt du die Taschen stehen und rennst davon.«
» Okay.« Aber sie musste sich keine Sorgen machen, oder? Sie fühlte sich vollkommen normal. Keine Magie, keine Vorahnungen. Sie war das, was Xia » taub« nannte.
Und das, erkannte Alexandrine, war durchaus ein Grund zur Sorge. Noch nie in ihrem Leben, nicht eine einzige Sekunde, hatte sie sich vollkommen normal gefühlt. Sie legte eine Hand auf seinen Arm.
» Xia, warte. Irgendwas ist doch nicht in Ordnung.«
Während er sie anschaute, blickte sie an ihm vorbei in ihr Wohnzimmer. Vermutlich spielte das Licht ihr einen Streich, denn alles wirkte so merkwürdig grau und leer.
» Rühr dich nicht von der Stelle«, sagte er.
Das Messer in der Hand, betrat er ihre Wohnung. Komisch. Es war, als würde er in dem Grau verschwinden. Einen Moment später konnte sie ihn wieder sehen. Er bewegte sich leichtfüßig und leise, trotz seiner schweren schwarzen Stiefel.
Während sie ihm hinterherschaute, verschwand jeder Anschein von Normalität. Alexandrines Kehle wurde eng, sie begann zu zittern und wusste plötzlich mit untrüglicher Sicherheit, dass Xia und sie ihre Wohnung nicht hätten betreten dürfen. Eiseskälte lief über ihren Rücken. Irgendetwas befand sich in ihrem Apartment. Etwas Gefährliches.
» Xia, pass auf!«, rief sie.
Er wandte den Kopf und sah sie an. Seine Augen brannten eisblau, und als ihre Blicke miteinander verschmolzen, fühlte sie sich wieder so orientierungslos wie in der vergangenen Nacht.
» Lauf!«, befahl er.
12 n
Gerade als Alexandrine die letzten Tüten abstellte, sah sie, wie eine missgestaltete, quasi-menschliche Gestalt Xia von hinten ansprang.
Blitzschnell drehte Xia sich um, bewegte sich mit der Grazie eines Tänzers, als sein Arm nach oben schoss. Das Wesen– Ein Tier? Ein Ding?–, das Xia attackiert hatte, schrie und sank zu einem formlosen Haufen zusammen.
Alexandrine wurde von Panik erfasst, und sie verspürte Übelkeit, als sie begriff, dass Xia seinen Angreifer getötet hatte und sich nun mit der gleichen Grazie einem zweiten Eindringling zuwandte. Mehr wollte sie gar nicht sehen. Sie wandte sich um und rannte davon.
Doch sie kam nicht weit. Am Treppenabsatz prallte sie mit einem harten Körper zusammen. So heftig, dass sie nach hinten taumelte, doch der Mann packte sie an den Schultern und hielt sie fest.
» Hoppla«, sagte er. » So stürmisch?«
Sie blickte in ein lächelndes männliches Gesicht, und ihr drehte sich der Magen um. Nichts. Verdammt. Sie hatte nicht die geringste Warnung verspürt.
» Alles in Ordnung?« Sein Griff wurde fester. Um seine Lippen spielte ein freundliches, harmloses Lächeln. » Brennt es irgendwo?«
» Lass mich los!« Sie versuchte, sich von ihm loszureißen, ihren Rucksack nach vorn zu drehen, damit sie an ihr Handy gelangen konnte. Doch er gab sie nicht frei. » Loslassen, verdammt!«
» Rasmus möchte nicht, dass dir etwas passiert«, sagte der Mann. Er lächelte erneut, doch dieses Lächeln hatte etwas Merkwürdiges. Unwirkliches. Beängstigendes. » Vielleicht kann ich ja helfen, falls es ein Problem gibt«, fuhr er fort. » Ich kann dich vor Xia beschützen.«
Alexandrine mochte es nicht, dass er sie berührte. Kälte legte sich auf ihre Haut, und, so unwahrscheinlich es auch war, sie spürte, dass sich ihr Talisman bewegte. Die Haut an ihrem Bauch prickelte.
Unvermittelt setzte Alexandrine ihren Rucksack als Waffe ein.
Ihr Gegner stöhnte nicht einmal auf, als ihn der schwere, mit Konservendosen vollgepackte Rucksack traf. Er packte einen der Riemen und riss ihr den Rucksack aus der Hand.
Und so schnell, dass sie die Bewegung nicht einmal wahrnahm, schloss sich seine Hand um ihren Hals. Seine Finger gruben sich in ihren Nacken, der Daumen lag auf ihrem Kehlkopf und drückte dagegen.
» Es wäre ganz einfach für mich, dich umzubringen«, meinte er. Diesmal versuchte er gar nicht erst, die Bosheit in seinen Augen zu verbergen. » Und glaub ja nicht, dass ich es nicht täte, Hexe. Ich kenne hundert verschiedene Arten, wie ich dich mit einer einzigen Handbewegung töten könnte. Rasmus wünscht, dass du nicht verletzt wirst, aber er versteht auch, dass die Realität manchmal seinen Wünschen entgegensteht. Ich habe seine Erlaubnis zu töten, speziell in solchen Situationen, kleine Hexe.«
Alexandrine erstarrte.
» Schon besser.« Er schob sie auf
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