Verführerischer Weihnachtstraum
Sessel am Fenster fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar. Er setzte sich und sah unentwegt zu ihr hin.
„Er hat mir auch gesagt, das beste Lebenselixier für sie sei etwas, worauf sie sich freuen könne. Etwas, das ihrem Leben wieder Sinn geben würde …“
„Sie kann alles haben, was sie sich wünscht“, fiel Pierre ihr schroff ins Wort. „Ich habe ihr immer wieder gesagt, dass Geld keine Rolle spielt! Sie braucht nur ein Wort zu sagen. Eine Kreuzfahrt, zum Beispiel. Das wäre doch eine nette Abwechslung.“
„Didi? Auf einer Kreuzfahrt?“
„Nun, vielleicht keine Kreuzfahrt“, berichtigte Pierre sich schnell. Für seine unorthodoxe Mutter wäre so etwas wohl eher eine Strafe.
„Was Didi sich wünscht, kann nicht mit Geld gekauft werden. Ich habe es ihr nur Stückchen für Stückchen entlocken können. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als dass du glücklich bist und dass ihr beide euch irgendwie wieder näherkommt …“
„An unserer Beziehung ist nichts falsch.“ Er erhob sich abrupt und ging zum Schrank, riss die Tür auf. Die Aussicht auf ein exquisites französisches Dinner mit Jennifer hatte seinen Reiz verloren. Vor knapp drei Stunden war sein Leben noch ruhig und wohlgeordnet gewesen. Inzwischen sah das schon ganz anders aus.
„Das habe ich auch nicht behauptet“, beeilte sich Georgie zu sagen. „Ich versuche nur, dir zu erklären, warum ich gekommen bin. Deine Mutter wünscht sich, dass du zur Ruhe kommst und eine Familie gründest. Irgendwie fühlt sie sich verantwortlich dafür, dass du nie geheiratet hast. Sie hat das Gefühl, sie hat dir nie genug Stabilität gegeben.“
„Das ist doch alles vollkommener Blödsinn.“ Er zog Boxershorts und eine schwarze Hose aus dem Schrank und stieg hinein. „Ich glaube nicht an dieses ganze Psycho-Geschwätz. Wahrscheinlich hast du sie dazu gebracht, sich zu öffnen und sich mitzuteilen, was?“ Er bedachte sie mit einem eisigen Blick. „Du kannst vielleicht kleinen Kindern beibringen, wie man mit Fingerfarben herumschmiert und Zahlen addiert, aber das qualifiziert dich nicht dafür, das Leben anderer Menschen zu analysieren!“
„Das weiß ich.“
„Wie konntest du meine Mutter dann dazu animieren, sich selbst zu analysieren? Als ich letzte Woche mit ihr telefoniert habe, war noch alles in Ordnung mit ihr.“
„Das war es nicht. Mit ihr ist schon eine ganze Weile nichts mehr in Ordnung.“
„Und du hattest natürlich nichts Besseres zu tun, als sie mit deinen küchenpsychologischen Erkenntnissen zu ‚retten‘? Und ihr weiszumachen, dass sie sich keine Sorgen mehr um ihren verlorenen Sohn machen muss, weil er ja jetzt mit dir zusammen ist? Dass ich bereits ein sehr ausgewogenes Gefühlsleben besitze, war dabei natürlich ohne Belang für dich. Falls du es vergessen haben solltest … Didi hat einige von meinen Freundinnen kennengelernt.“
„Hmm.“
„ Hmm? Was genau heißt ‚hmm‘?“ Er nahm ein Hemd vom Bügel und zog es über.
„Nichts.“
„Komm schon, Georgie. Bisher hast du auch alles gesagt, was dir in den Sinn kam. Klebt dir die Zunge plötzlich am Gaumen fest?“
Sie hatte tatsächlich das Gefühl, als wäre ihr Mund voller Watte. Ihr Verstand weigerte sich ebenfalls, einen klaren Gedanken zu formulieren.
Er sah einfach verboten gut aus. Er hatte sich nicht gekämmt, war nur mit den Fingern durchs Haar gefahren. Dieser wilde Piratenlook stand in krassem Gegensatz zu seiner formellen Garderobe.
Als Teenager hatte Georgie Pierre angehimmelt, aber so etwas machte doch eigentlich jedes junge Mädchen durch, nicht wahr? Mit zunehmendem Alter war sie diesen Hirngespinsten glücklicherweise entwachsen.
Im Moment jedoch erinnerte das Prickeln, das sie durchlief, auf beunruhigende Art und Weise an ihre Schwärmerei von damals. Georgie riss sich zusammen und rief sich in Erinnerung, wer er war und wie unsympathisch sie ihn fand. Von ganzem Herzen.
„Also gut. Mit ‚hmm‘ sind deine Freundinnen gemeint. Sie sind nicht gerade … gesellig.“
„Ich hatte damit noch nie ein Problem.“
„Weil du gern über Welt- und Finanzpolitik diskutierst.“
„Oh, du meinst das langweilige Zeug, das die ganze Welt in Bewegung hält?“
Georgie holte tief Luft und preschte voran. „Ich meine, dass deine Mutter es immer schwer gefunden hat, mit deinen Freundinnen warm zu werden.“
„Mir scheint es doch etwas weit hergeholt, dass Didi depressiv geworden ist, weil sie mit meinen Freundinnen nicht warm wurde. Apropos
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