Verführerischer Weihnachtstraum
Fenster. Sie zog die Vorhänge, die die Winternacht ausgeschlossen hatten, beiseite und drehte sich mit gerunzelter Stirn zu Georgie um.
„Georgie, Liebes, wie bist du hergekommen?“
„Mit dem Auto. Warum fragst du?“ Georgie stand ebenfalls auf und stellte sich zu Didi ans Fenster. Ungläubig starrte sie nach draußen. Der Schnee, der sich schon seit Tagen angekündigt hatte, hatte sich endlich entschlossen zu fallen. Felder, Bäume, Wege, alles lag unter einer dichten Schneedecke. Ihr Wagen auch.
„Ich sollte wohl so schnell wie möglich los“, sagte sie mit leichter Panik.
„Bei dem Wetter kannst du nicht fahren, Liebes“, widersprach Didi entschieden. „Oder, Pierre?“ Sie sah zu ihm hin und erwartete offensichtlich Unterstützung von seiner Seite. Pflichtschuldig kam er zu ihnen ans Fenster und schwieg erst einmal, als er die Schneemassen sah. In London schneite es fast nie. Er hatte vergessen, wie wunderschön es aussah.
„Auf gar keinen Fall“, sagte er und meinte es auch so. Er sah zu Georgie. „Dein Auto ist nicht gerade bekannt für Zuverlässigkeit. Bei diesem Wetter will dein Mini doch nichts anderes, als sich in die warme Garage verkriechen und am besten noch eine Tasse heiße Schokolade serviert bekommen.“
Georgie musste lachen. Die Beschreibung war wirklich passend.
„Ich sage ihr ständig, sie soll ihn abstoßen. Aber sie mag diese alte Kiste“, lächelte Didi, während sie das Geschirr zusammenstellte. Doch Georgie bestand darauf, das Aufräumen übernehmen, und Didi nahm dankbar an. All die Aufregung und Vorbereitung war anstrengender gewesen, als sie zuzugeben bereit war.
„Und du wirst ganz sicher nicht versuchen, doch noch nach Hause zu fahren? Versprichst du mir das?“ Didi blieb in der Tür stehen und blickte besorgt zu Georgie, die lächelnd den Kopf schüttelte.
„Bestimmt nicht. Ich werde mir das Gästezimmer fertig machen. Ich weiß ja, wo alles liegt.“
„Sei nicht albern.“ Didi winkte ab. „Ich bin doch keine viktorianische Gouvernante, und du musst auch nicht rot werden. Ich weiß doch, was zwischen verliebten jungen Leuten passiert.“
Georgie, verzweifelt bemüht, nichts von ihrem Entsetzen über das, was nun kommen würde, zu zeigen, setzte ein hölzernes Lächeln auf.
„Du schläfst natürlich bei Pierre!“ Didi unterdrückte ein Gähnen. „Nimm dir frische Handtücher aus dem Wäscheschrank. Bis morgen.“
Sobald sich die Küchentür hinter Didi schloss, wirbelte Georgie zu Pierre herum. „Das ist alles deine Schuld!“, zischelte sie böse.
„Man hat mir in meinem Leben ja schon vieles vorgeworfen, aber dass ich für das Wetter verantwortlich sein soll … das ist neu.“
„Ich rede nicht vom Schnee, und das weißt du auch.“ Sie räumte den Tisch ab. Didi besaß keine Spülmaschine, denn sie war fest davon überzeugt, dass Geschirrspüler zur Umweltverschmutzung und Erderwärmung beitrugen. Glücklicherweise hatten sie jedoch nicht allzu viel Geschirr benutzt, sodass das Abwaschen nicht lange dauern würde. Georgie ließ heißes Wasser ins Spülbecken einlaufen. Sie wagte es nicht, Pierre anzusehen. Denn wenn sie das tat, dann würde sich ihr unweigerlich das Bild aufdrängen, wie sie in dem großen Bett in seinem Zimmer neben ihm lag.
Aber Pierre drehte sich mit stahlharter Miene zu ihr herum. „Vergiss deine jungfräuliche Empörung, Georgina“, erwiderte er. Er sprach leise, doch jede Silbe klang wie ein Peitschenknall.
„Ich weiß, ich habe uns das eingebrockt, Pierre. Das lässt du mich ja keine Minute vergessen. Aber …“
„Aber was? Sind dir die Konsequenzen deines Plans plötzlich ein wenig zu ungemütlich?“
Aufrührerisch starrte Georgie ihn an, musste aber feststellen, dass seine Augen sie ablenkten. Außergewöhnliche Augen. Mit außergewöhnlich langen, dichten Wimpern. Wimpern, für die jede Frau ihren rechten Arm hergeben würde. Kein Wunder, dass diese weiblichen Intelligenzbestien, mit denen er seine Zeit verbrachte, ebenfalls alle umwerfend aussahen. Intelligenz und Schönheit – er konnte eben alles haben … Georgie blinzelte und zwang sich zurück in die Realität. Die daraus bestand, dass er sie mit eisernem Griff an den Schultern festhielt, während von ihren gelben Gummihandschuhen Spülwasser auf den Küchenboden tropfte.
„Trotzdem musst du es mit dem Romeo-Spielchen nicht zu weit zu treiben.“
„Sind wir denn nicht angeblich wahnsinnig ineinander verliebt?“ Seine Stimme triefte vor
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