Verführerischer Weihnachtstraum
Sarkasmus. „Ich halte mich nur an die Anweisungen.“ So wie du dich auch daran halten wirst. Er sprach es zwar nicht aus, aber Georgie hörte es dennoch laut und deutlich. „Du wirst dich bei diesem Wetter nicht in dieses lächerliche Auto setzen und nach Hause fahren.“
„Das hatte ich auch nicht vor“, schmollte sie trotzig. „Wenn du wirklich ein Gentleman wärst, würdest du mir anbieten, mich mit deinem Wagen zu fahren. Dein Auto schafft diese Wetterverhältnisse ohne Probleme.“
„Ich bin aber kein Gentleman.“ Pierre zuckte nicht einmal mit einer Wimper. Abrupt gab er sie frei und trat von ihr ab. Er stopfte die Hände in die Hosentaschen und betrachtete sie mit Interesse. „Wir stecken zusammen in dieser lächerlichen Situation fest“, es zuckte spöttisch um seinen Mund, „in guten wie in schlechten Zeiten, also kannst du es genauso gut akzeptieren. Wundert mich sowieso, dass du nicht ein wenig mehr Eifer zeigst“, fügte er murmelnd an. „Wenn man bedenkt, welchen Einsatz du gezeigt hast, mich an deine Angel zu bekommen.“ Er grinste, als wütendes Rot auf ihre Wangen zog. „Ich meine, du bist zufällig in London und rufst in meiner Firma an, kämpfst dich vor bis in die Chefetage, wartest zwei Stunden, bis mein Meeting zu Ende ist, nur damit du mit mir zum Dinner gehen kannst …“
Er hatte ja nie geahnt, dass er eine derart kreative Ader besaß. Aber er war ganz sicherlich mit der Aufgabe gewachsen und hatte sogar feststellen müssen, dass es ihm Spaß machte, Geschichten über die angebliche heiße Affäre mit Georgie zu erfinden. „Und was du alles angestellt hast, um diese Tickets für das Jazzkonzert zu ergattern, weil du genau wusstest, dass ich dann nicht würde widerstehen können. Aber es hat sich gelohnt, nicht wahr?“
„Wie konntest du dir nur all diese Dinge ausdenken?“
„Das fragt mich ausgerechnet die Königin der Märchengeschichten?“
Da sie nichts dagegen vorbringen konnte, blieb Georgie lieber stumm.
„Aber, aber, kein Grund, so betreten dreinzuschauen“, fuhr Pierre fort. „Wie Didi schon sagte: Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Da wird es doch praktisch schon erwartet, dass die Frauen die Initiative ergreifen. Und nun …“, er schaute auf seine Uhr und dann zurück zu ihr, „… werde ich noch eine Stunde arbeiten. Das lässt dir einen großzügigen Vorsprung. Falls du etwas brauchst, in dem du schlafen möchtest, kannst du dir gern ein T-Shirt von mir nehmen. Oben im Schrank liegen noch genug. Das hat doch was Nettes, meinst du nicht auch? Du trägst die Sachen deines Lovers, damit du seinen Duft immer riechen kannst.“
„Wirklich lustig. Ich wusste gar nicht, dass du so viel Humor besitzt.“ Georgie würde sich beeilen müssen. Sie musste die Küche aufräumen, dann nach oben hasten und sich fürs Bett fertig machen, bevor er nachkam. Ihr blieb nicht viel Zeit, aber es war machbar. Und mit etwas Glück wäre sie längst eingeschlafen, sodass sie gar nichts von ihm mitbekommen würde.
Georgie setzte sich in Bewegung, kaum dass die Küchentür hinter Pierre ins Schloss gefallen war. Sie packte die Essensreste ein und verstaute sie im Kühlschrank, spülte Geschirr und räumte es zurück in die Schränke. Nach zwanzig Minuten war sie mit allem fertig. Pierre würde also noch vierzig Minuten mit dem zubringen, was auch immer er hier unten tat. Sie hatte zwar nicht die geringste Ahnung, wie jemand sich um diese Uhrzeit noch an den Computer setzen konnte, aber sie würde sich ganz bestimmt nicht darüber beschweren.
Oben im Zimmer blieb sie noch einen Augenblick stehen und sah hinaus in die wirbelnden Schneeflocken, die vom Himmel fielen. Über den Feldern hinter dem Haus lag eine hohe, unberührte Schneedecke und glitzerte weiß in der Nacht. Dann zog Georgie die schweren Samtvorhänge zu. In diesem Zimmer hatte sie schon mehrere Male geschlafen, wenn Didi Freunde eingeladen und sie um Hilfe gebeten hatte. Es war ein kleiner Raum, in dem das Bett den meisten Platz einnahm. Zudem standen hier noch ein altmodischer Mahagoni-Schrank mit einer Spiegelfront, eine Kommode, eine Schale mit Potpourri obenauf, und ein zierlicher Tisch beim Fenster, an dem man sitzen und auf die Felder hinausschauen konnte. Leider kein praktisches Schlafsofa, nicht einmal ein Sessel.
Es wurmte Georgie ungemein, dass sie letztendlich tatsächlich in einem von Pierres T-Shirts endete und es tatsächlich nach ihm roch. Sein anziehender Geruch stieg ihr in die
Weitere Kostenlose Bücher