Verführerischer Weihnachtstraum
weiblich sogar.
„Ich fahre dich“, verkündete er brüsk.
Ihr Protest kam sofort, wie erwartet. Sie sei durchaus in der Lage, selbst zu fahren, vielen Dank auch! Überhaupt habe sie bisher jeden Winter ohne ihn überlebt. Und sollte ihr Wagen sich auf halbem Weg verabschieden, so habe sie ja ihr Handy dabei und könne ihn anrufen, damit er sie retten kommen konnte.
Pierre zuckte mit einer Schulter. „Wie du willst. Morgen werde ich nach London fahren, aber am Mittwoch komme ich zurück. Wann soll ich in der Schule auftauchen?“
„Zwei Uhr wäre gut. Ich bringe das Kostüm morgen mit in die Schule. Der Sack mit den Geschenken steht bereits im Lehrerzimmer. Da kannst du dich auch umziehen. Ist das in Ordnung?“ Sie wandte sich zur Tür. Jetzt, da Didi nicht mehr anwesend war, schwand auch alle vorgegebene Höflichkeit. Seine Gleichgültigkeit setzte ihr zu. Eine Hand am Türknauf, drehte sie sich noch einmal um. „Was Didi da über dein Engagement für die Teenager erwähnte … Ich hatte ja keine Ahnung, und ich möchte dir sagen, wie toll ich das finde. Einfach großartig.“ Sie sah ihm direkt in die Augen, und Pierre verspürte den lächerlichen Drang, sich selbst auf die Schulter zu klopfen.
„Man sollte nie nur nach dem äußeren Schein urteilen. Ich sehe dich dann übermorgen.“ Er zog die Tür für sie auf. Der Schwall kalte Luft erinnerte Georgie daran, dass er sie aus dem Haus haben wollte. Es bestand keine Notwendigkeit mehr für galante Floskeln und freundliche Worte – jetzt, da sie ihn genauestens darüber informiert hatte, wie sie zu einem sexuellen Abenteuer mit ihm stand.
Obwohl Georgie inzwischen davon überzeugt war, dass man sich generell auf Pierre verlassen konnte, war sie nicht sicher, ob er von London nach Devonshire zurückkehren würde. Er könnte genauso gut versuchen, seine Mutter zu überreden, ein paar Tage bei ihm zu verbringen. Es war ihm inzwischen durchaus gelungen, Didi davon zu überzeugen, dass London nicht nur aus Betonfluchten, Menschenmassen und Luftverschmutzung bestand.
Vielleicht würde Didi ja nach London fahren. Dann wäre Georgie in Sicherheit. Weit weg von Pierre und beschäftigt mit ihrer Arbeit und den Vorbereitungen für die Weihnachtsfeier.
Doch ein Anruf von Didi raubte ihr sofort jede Hoffnung. Pierre komme auf jeden Fall zurück, und sie solle ihre schicksten Sachen aus dem Schrank holen, weil er sie am Abend ausführen wollte.
„Keine Angst, Liebes, dieses Mal werde ich nicht das fünfte Rad am Wagen spielen.“ Didi wollte den Abend beim Bridgespiel verbringen; sie hatte ihre Freunde während ihrer depressiven Phase sträflich vernachlässigt. Georgie und Pierre sollten sich nur ohne sie amüsieren, sie hatten es sich wahrlich verdient.
In Anbetracht der Umstände hatten sie das unschuldige Vergnügen, das Didi sich für die beiden vorstellte, ganz sicher nicht verdient. Das war alles, war Georgie denken konnte.
Bis zum Nachmittag waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt. Dass die Kinder vor lauter Aufregung kaum noch zu bändigen waren, half auch nicht. Das Weihnachtssingen war vor allem eine Veranstaltung für die Eltern. Hinter dem Bühnenvorhang konnte Georgie mitverfolgen, wie sie alle in den kleinen Saal der Schule strömten, und hörte das Scharren von Stühlen. Bequem würde es sicher nicht für die Erwachsenen werden, doch das Singen dauerte ja nicht viel länger als eine halbe Stunde. Danach würde der Weihnachtsmann – wo immer er im Moment stecken mochte – die Geschenke verteilen.
Georgie lauschte dem Gesang der Kinder hinter der Bühne. Ihre Nervosität wegen des Abendessens mit Pierre wurde übertrumpft von der Unruhe, dass er noch nicht aufgetaucht war.
Sie hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Als sie nach der Vorführung und den Weihnachtsliedern mit zwei Kollegen den Saal umräumte, sah sie ihn. Er stand in der Tür. Für einen Moment verharrte Georgie reglos, bevor sie gefasst auf ihn zuging. Was den Weihnachtsmann als solchen anbelangte, gab Pierre einen ausgesprochen attraktiven ab.
„Überrascht, mich zu sehen?“, fragte er kühl; ihre Miene schien Bände zu sprechen. Sein verhalten feindseliger Ton passte jedoch so gar nicht zu dem roten Anzug und dem langen weißen Bart, den er noch in der Hand hielt. Es kostete Georgie Mühe, nicht breit zu grinsen, und so senkte sie lieber den Kopf, bis sie sich daran erinnerte, dass sie Pierre wohl mit ihren Kollegen bekannt machen sollte.
„Du siehst nicht gerade
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