Verführerisches Feuer
ich verspreche Ihnen, dass Sie nie Anlass haben werden, Ihren Entschluss zu bereuen.“
Annie sah ihm an, dass er es ernst meinte.
„Das ist ein großer Vertrauensvorschuss, den Sie mir da abverlangen“, wandte sie dennoch ein. „Dabei habe ich nicht den geringsten Grund, Ihrer Familie zu trauen, im Gegenteil.“
„Antonio war nie ein echter Leopardi. Durch seine Schandtat hat er nicht nur das Andenken an sich selbst schwer beschädigt, sondern auch unsere Familienehre in den Schmutz gezogen, und ich betrachte es als meine Pflicht, unseren Namen reinzuwaschen. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass Sie von uns nichts zu befürchten haben, absolut nichts.“
Große Worte, die zu seinem seriösen Auftreten passen, dachte Annie, auch wenn sie sich davon mehr angezogen fühlte, als sie zugeben wollte. Er bot ihr etwas an, von dem sie bereits jetzt wusste, dass sie sich danach sehnte: eine Atempause und Sicherheit. Wie könnte sie so ein Angebot ablehnen?
Zur Beruhigung atmete sie tief durch, bevor sie fragte: „Wann würden wir denn fahren?“
Falcon war überrascht, wie schnell sie einwilligte. War das vielleicht ein Grund, ihr gegenüber argwöhnisch zu sein? Wohl kaum. Immerhin wusste er alles über sie, was es zu wissen gab. Aber neugierig machte es ihn trotzdem.
„So bald wie möglich“, antwortete er. „Je eher, desto besser. Mein Vater hat wahrscheinlich nicht mehr lange zu leben, und sein größter Wunsch ist es, sein Enkelkind zu sehen.“
„Ich habe vorher aber noch einiges erledigen“, wandte Annie ein.
Im Moment kam ihr alles immer noch vor wie ein Traum. Es würde wohl noch eine ganze Weile dauern, bis sie ermessen konnte, worauf sie sich da eingelassen hatte. Aber sie glaubte Falcon Leopardi ansehen zu können, dass er wild entschlossen war, alle ihre Zweifel zu beseitigen.
„Was denn erledigen?“, erkundigte er sich.
„Ich muss die Kinderkrippe und meine Wohnung kündigen, unsere Sachen packen. Außerdem weiß ich nicht, ob Ollie für Sizilien irgendwelche Schutzimpfungen braucht.“
„Impfungen sind nicht nötig, das können Sie vergessen. Und alle weiteren organisatorischen Fragen nehme ich Ihnen gern ab, falls Sie nichts dagegen haben. Sie müssen sich nur für sich selbst und für Oliver dem subtropischen Klima angemessene Kleidung besorgen, das ist alles.“
Neue Kleider? Annie bekam einen Schreck. Und wovon um alles in der Welt sollte sie die bezahlen?
„Die Kosten dafür übernehme selbstverständlich ich“, fuhr er fort, als ob er ihre Gedanken gelesen hätte.
„Ich bin kein Sozialfall“, gab Annie verletzt zurück. „Ich lasse mir doch nicht von Ihnen unsere Kleidung bezahlen.“
„Ich schlage vor, Sie gehen erst mal einkaufen, dann sehen wir weiter.“ Um der Situation die Peinlichkeit zu nehmen, versuchte er Annie abzulenken, indem er fortfuhr: „Habe ich Ihnen eigentlich schon erzählt, dass meine Schwägerinnen beide Engländerinnen sind? Mein kleiner Bruder Rocco und seine Frau haben ein Kind adoptiert – einen Jungen im selben Alter wie Oliver.“
Seine Brüder waren mit Engländerinnen verheiratet? Das hieß zumindest, dass Annie sich vielleicht nicht ganz so fremd fühlen würde. Ihre Angst ließ etwas nach – jedenfalls bis ihr Bedenken kamen, wie seine Schwägerinnen wohl auf sie reagieren mochten.
„Wohnen Sie alle zusammen?“, erkundigte sie sich, jetzt wieder verunsichert. Sie hatte nur höchst verschwommene Vorstellungen vom Zusammenleben italienischer Familien ganz allgemein, und vom Leben der italienischen Oberschicht hatte sie keinen blassen Schimmer.
„Ja und nein. Rocco hat ein eigenes Haus auf der Insel, während Alessandro und ich im Castello Leopardi jeweils abgeschlossene Apartments bewohnen. Dort lebt auch unser Vater. Und Sie bekommen selbstverständlich ebenfalls Ihre eigenen vier Wände.“
„Mit Olli?“, vergewisserte sich Annie.
„Ja, sicher, Olivers Platz ist bei Ihnen und sonst nirgends, das sagte ich bereits. So.“ Falcon schob seinen Ärmel zurück und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „Ich schlage vor, dass wir morgen früh alles Erforderliche in die Wege leiten. Ich hole Sie beide um neun Uhr ab, und wenn wir Glück haben, können wir vielleicht morgen Abend schon fliegen. Sobald sich abzeichnet, wann wir so weit sind, werde ich Alessandro bitten, eins seiner Flugzeuge für uns bereitzustellen. Und wie schon gesagt, um die organisatorischen Dinge brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen, die übernehme
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