Verführerisches Feuer
hatte sie sich mit dem Gedanken getröstet, dass sie ja ohnehin die ganze Zeit am Tisch sitzen würde.
Doch als sie die Terrasse betreten hatte, war Falcon bereits da gewesen. Er hatte ihr Ollie abgenommen und sie dann unverhohlen gemustert. Sobald sie an sein anerkennendes Lächeln dachte, fing ihr Herz an zu rasen.
Das war vor ein paar Minuten gewesen. Sie sollte jetzt wirklich nicht mehr daran denken, sondern sich auf ihre Unterhaltung konzentrieren.
Sie nahm einen Schluck aus ihrem Glas. Normalerweise trank sie keinen Alkohol, aber der kühle leichte Roséwein, den Falcon ausgesucht hatte, schmeckte wirklich köstlich. Sie spürte, wie sie sich langsam entspannte, während sie sich bemühte, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Was ihr nicht ganz leichtfiel, weil sie immer noch aufgeregt war. Außerdem hatte sie eine fast schlaflose Nacht hinter sich, gepeinigt von ihren Gedanken, die sie nicht losließen. Aber wäre unter diesen Umständen etwas anderes überhaupt vorstellbar gewesen?
„In Florenz habe ich mit einem Verwandten mütterlicherseits gesprochen“, berichtete er. „Eine der alten Familienvillen wird gerade restauriert, und da wollte er wissen, ob es möglich ist, die Bibliothek vorübergehend hier im Schloss unterzubringen. Natürlich habe ich es ihm zugesagt.“
Nachdem er einen Schluck getrunken hatte, fuhr er fort: „Die Familie meiner Mutter hat eine ziemlich interessante Geschichte. Erfolgreiche Seidenhändler, die sich im fünfzehnten Jahrhundert einen Adelstitel kauften und anschließend sehr reich und einflussreich wurden. Die allermeisten Ehen waren damals ja – wie später allerdings auch – arrangiert, um Reichtum und Einfluss der jeweiligen Familien zu mehren. Von der Ehe meiner Eltern weiß ich mit Sicherheit, dass es eine arrangierte Ehe war. Und mein Vater konnte es natürlich nicht lassen, meine Mutter immer wieder daran zu erinnern, dass sich ihre Familie den Adelstitel nur gekauft hat, während seine Familie direkt aus dem Adel stammte.“
„Das muss sehr demütigend gewesen sein für Ihre Mutter“, bemerkte Annie mitfühlend.
„Ja, sie hat unter der Grausamkeit unseres Vaters schwer gelitten. Nach dem zweiten Kind haben die Ärzte von einer weiteren Schwangerschaft dringend abgeraten, aber mein Vater hat sich nicht darum geschert. Unsere Mutter wurde wieder schwanger und ist kurz nach Roccos Geburt gestorben.“
Bei dem Gedanken an die drei Kinder, die ihre Mutter verloren hatten, wurde Annie das Herz ganz schwer. „Ohne Mutter aufzuwachsen muss für Sie alle sehr traurig gewesen sein.“
„Genauso traurig wie für Sie, ohne Vater aufzuwachsen. Das ist etwas, was uns beide verbindet. Falls Sie sich eines Tages entschließen sollten, Italienisch zu lernen, und Sie sich für die Familiengeschichten meiner Eltern interessieren, können Sie alles selbst nachlesen. In der Bibliothek hier gibt es eine Menge persönlicher Aufzeichnungen.“
Annies Augen leuchteten auf. „Ja, das wäre wirklich schön.“ Durch Ollie war sie ja jetzt ebenfalls ein Teil der Familie geworden.
„Dann sollte ich wohl versuchen, einen Italienischlehrer für Sie zu finden. Oder vielleicht möchten Sie ja lieber in Florenz einen Italienischkurs besuchen. Auf jeden Fall können Sie mit Ollie jederzeit und solange Sie möchten in meinem Apartment in Florenz wohnen.“
Er war so freundlich. Annie hatte ihr Glas fast ausgetrunken, aber das wurde ihr erst bewusst, als Falcon die Hand nach der Weinflasche ausstreckte, um ihr nachzuschenken.
„Oh nein, vielen Dank, das reicht mir für heute. Normalerweise trinke ich überhaupt nichts …“ Falcon hatte ihr jedoch bereits nachgeschenkt.
„Eigentlich halte ich nicht viel von Leuten, die mehr trinken, als gut für sie ist. Trotzdem sollten Sie wenigstens zwei Gläser vertragen, ohne dass Sie gleich übermäßig beschwipst sind. In bestimmten Situationen werden Sie sich dann einfach sicherer fühlen.“ Nachdem er selbst getrunken hatte, fuhr er fort: „Aber während ich in Florenz war, habe ich mir auch über Sie und Oliver meine Gedanken gemacht.“
Wie der setzte Annies Herz einen Schlag lang aus. Zur Beruhigung flüchtete sie sich in einen Schluck Wein, und bald spürte sie, dass sie anfing, sich immer mehr zu entspannen.
„Wenn Sie mehr Lebensqualität für sich selbst möchten, sollten Sie sich nach einer Kinderfrau umsehen, der Sie Ollie hin und wieder anvertrauen können. Dann haben Sie etwas mehr Freiheit.“
„Ich möchte Ollie aber
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