Verführerisches Feuer
Frau genug, diese auch anzunehmen? Ein Schauer, der sich bedenklich nach Erregung anfühlte, rieselte ihr über den Rücken.
Falcon. Sogar sein Name klang stark. Er war stark. Stark genug, um ihre schmerzhafte Vergangenheit zu besiegen? Konnte sie ihm nicht wenigstens erlauben, es zu versuchen?
Musste sie es nicht? Ollie zuliebe?
Sie war so nervös. So voller Hoffung einerseits … und gleichzeitig erfüllt von widerstreitenden Gefühlen.
Halb neun. Falcons Abend in Florenz beginnt jetzt erst, überlegte Annie, während sie sich ein heißes Bad einlaufen ließ, in der Hoffnung, dann besser zu schlafen.
Vielleicht duschte Falcon ja, ehe er zum Abendessen ausging. Vor ihrem geistigen Auge stiegen ganz und gar unerwünschte Bilder auf, Bilder von ihm unter der Dusche. Wasserkaskaden stürzten über seine breiten Schultern und pressten die schwarze Härchen an seine Brust, eine Behaarung, die sich, zu einem schmalen Streifen verjüngt, über seinen Bauch zog, bis hin zu …
Annie holte schockiert Luft. Was war los mit ihr? So hatte sie noch nie an einen Mann gedacht. Sie hatte sich noch nie einen ganz bestimmten Mann nackt ausgemalt. Oder sich gar vorgestellt, dass ihr dessen Nacktheit eine ganze Palette köstlichster Empfindungen verschaffen könnte. Dieser Gedanke wirkte sich jetzt auf eine ganz bestimmte, unübersehbare Art und Wei se auf ihren Körper aus. Zum Beispiel indem sich die Knospen ihrer Brüste verhärteten oder sich in ihrem Unterleib ein zermürbendes Sehnen breitmachte.
Wie würde Falcon ihren Körper wahrnehmen? Würde er ihn attraktiv finden? Würde er ihn erregen? Ihre Brüste waren fest und voll. Sie hatte sich so geschämt, weil sie als erstes Mädchen in ihrer Klasse einen BH benötigt hatte. Und noch schrecklicher hatte sie sich gefühlt, als Colin bei einem seiner üblichen Verhöre gefragt hatte, ob schon einmal irgendein Junge versucht hätte, ihre Brüste anzufassen. Seitdem hatte sie immer möglichst weite Oberteile getragen.
Wenn sie Falcons Angebot annahm, würde er erwarten, dass sie stolz war auf ihre Brüste. Er würde ihre Brüste ansehen und berühren wollen und vielleicht sogar … küssen. Was war bloß in sie gefahren, dass sie so etwas dachte? Wie konnte sie sich nur so gehen lassen? Wo sie doch bereits entschieden hatte, sein Angebot nicht anzunehmen … oder?
Sie versuchte an etwas anderes zu denken – an irgendetwas, ganz gleich was. Sie brauchte ihre verlorene Sexualität nicht wiederzuentdecken. Sie war zufrieden, so wie sie war. Sie hatte ihren geliebten Sohn, und es war sehr gut vorstellbar, dass sie und Julie Freundinnen wurden. Julie und Rocco waren unübersehbar glücklich, sie liebten einander sehr. Das sah man auf den ersten Blick. Und was war mit ihr? Sehnte sie sich nicht insgeheim auch nach so etwas? Nach einem Partner, der sie von ganzem Herzen liebte und dessen Liebe sie erwiderte?
Nein, nein, ganz bestimmt nicht.
Auch wenn Julie und Rocco das Glück hatten, sich gefunden zu haben, aber was hieß das heutzutage schon? Paare schworen sich lebenslange Treue, und nicht lange danach war der Schwur wieder vergessen. Annie brauchte keinen Mann in ihrem Leben. Sie brauchte auch Falcon nicht, um unter seiner Anleitung die Vergangenheit hinter sich zu lassen, und schon gar nicht brauchte sie ihn, damit ihre Sexualität erwachte. Weil diese nämlich bereits erwacht war. Und Annie befürchtete, dass sie Gefahr lief, die Lektionen, die Falcon ihr erteilte, viel zu sehr zu genießen.
Das war lächerlich.
Schön, aber was hatte es für einen Sinn, sich einzureden, dass sie gern allein war und es vorzog, ihr Leben allein zu verbringen? Jeder Mensch brauchte und sehnte sich nach Geborgenheit und Liebe.
Sie hatte Ollie.
Der eines Tages sein eigenes Leben leben und sein eigenes Glück finden musste. Wie würde sie sich fühlen, wenn er das ihretwegen nicht konnte?
Das Badewasser wurde langsam kalt, und ihr platzte fast der Kopf vom vielen Nachdenken.
Vergiss es einfach.
Sie stieg aus der Wanne und griff nach einem Badelaken.
Was wohl Falcon gerade machte? Ob er auch manchmal an sie dachte?
Aber warum sollte er an sie denken? Im Übrigen wollte sie ja gar nicht, dass er an sie dachte. Denn angenommen sie wollte es, hieße das …
Was? Es hieße was? Bestimmt nicht, dass sie seinen Vor schlag eigentlich doch aufgreifen wollte … ganz bestimmt nicht.
Annie schlüpfte in ihren Bademantel, um nach nebenan ins Kinderzimmer zu gehen, wo Ollie fest in seinem Bett
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