Verführerisches Feuer
runzelte die Stirn. Jetzt schürfte er aber wirklich zu tief, obwohl dafür nicht die geringste Notwendigkeit bestand. Lieber an Annie als an seine eigene Kindheit denken.
Dass Annie sich hier bei ihm wirklich wohlfühlen könnte, war nicht recht vorstellbar, weil es für ihren Geschmack wahrscheinlich nicht kindgerecht genug zuging. Sie würde sich wohl eher etwas Ähnliches wünschen wie das Haus, das Alessandro für seine Familie gebaut hatte – ein elegantes Anwesen am Stadtrand von Florenz, das einer ganzen Kinderschar ausreichend Platz bot.
Doch von ihm als Nachfolger seines Vaters wurde natürlich erwartet, dass er hier seinen Hauptwohnsitz behielt, das war Falcon klar. Obwohl diese Frage gegenwärtig ohnehin keine Rolle spielte. Im Moment war er viel mehr mit Annie und Oliver und deren Bedürfnissen beschäftigt als mit Erwartungen, die von außen an ihn herangetragen wurden.
Annie. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund konnte er nicht aufhören, an sie zu denken. Aber das war nicht ihre Schuld.
Offenbar war ihr entgangen, wie sehr ihn ihre leidenschaftliche Reaktion auf seine Zärtlichkeiten erregt hatte. So etwas konnte einem Mann leicht zu Kopf steigen, während es die Frau verletzlich machte.
Sein ganzer Körper schmerzte, was angesichts der Tatsache, dass er schon viel zu lange enthaltsam lebte, allerdings kein Wunder war. In seinen Zwanzigern hatten sich ihm so viele Frauen an den Hals geworfen, dass er im Lauf der Zeit einen regelrechten Frauenüberdruss entwickelt hatte. Und was die Wahrscheinlichkeit anbelangte, die große Liebe zu finden, war er richtig zynisch geworden. Leidenschaft und Vernunft. Ging das überhaupt jemals zusammen? Oder musste nicht immer das eine dem anderen geopfert werden?
Falls das stimmte, blieb ihm keine andere Wahl, als die Vernunft über die Leidenschaft zu stellen.
Sein Körper schmerzte immer noch vor unerfülltem Begehren.
Schlösse er jetzt die Augen, wäre es ganz leicht, sich Annie auszumalen – nicht die Annie von vorhin im Garten, sondern eine viel intimere Annie. Annie hier bei ihm, gebadet in Mondlicht, das ihre Brüste in Silber tauchte und das Tal dazwischen in geheimnisvolle dunkle Schatten hüllte, Mondlicht, das ihre Knospen so dunkel aussehen ließ wie Oliven und glitzernde Pfade über ihren Körper zog, die seine Finger entlangwandern konnten. Sie würde nach milder Nachtluft und warmer Haut schmecken und zittern vor Begierde. Sie würde stöhnen vor Verlangen, während er sie küsste und hielt. Und er würde …
Falcon rief sich rigoros zur Ordnung. Er würde gar nichts, sondern sich strikt an die Rolle halten, die er in ihrem Leben spielte.
„Ich schlage vor, wir konzentrieren uns heute Abend auf die kleinen Dinge, mit denen ein Mann eine Frau spüren lässt, wie sehr er sich von ihr angezogen fühlt.“
Sie hatten ihr Abendessen eben beendet. Ollie schlief tief und fest, davon hatte Annie sich soeben überzeugt. Sie war so nervös, dass es Falcon unmöglich entgehen konnte. Fünf Tage war es inzwischen her, seit er sie geküsst hatte. Volle fünf Tage . Und da war kein einziger Tag gewesen, an dem sie sich diesen Kuss nicht immer wieder in allen Einzelheiten ausgemalt hätte. Kein einziger.
„Die kleinen Dinge?“, wiederholte Annie. Sie durfte nicht enttäuscht sein. Sie durfte sich nicht wünschen, dass er sie wieder küsste. Ich darf es nicht !
„Ja.“ Falcon nickte. „Zum Beispiel, wenn ein Mann eine Frau, die er begehrt, ein wenig länger ansieht als normal … etwa so.“
Seine Hand, die unter ihrem Kinn lag, drehte ihren Kopf zu sich herum, dann begann sein Blick langsam und konzentriert ihr Gesicht abzutasten.
Es fühlte sich fast an wie eine Liebkosung.
Annie spannte sich an, ihre Haut begann zu prickeln, und sie bekam Herzklopfen. Sie meinte es fast körperlich zu spüren, wie er sich auf ihren Mund konzentrierte. Und ebenso spürte sie, wie sich ihre Lippen aus eigenem Antrieb öffneten, vergeblich der Versuch, es zu verhindern. Sie musste ihm in die Augen schauen, egal ob sie wollte oder nicht. Die Art, wie er sie anblickte, bewirkte, dass ihr der Atem stockte. Das Blut rauschte ihr in den Ohren, und ihre Knie begannen zu zittern, während sie gleichzeitig von Erregung überschwemmt wurde.
Falcon wusste, dass er den Bann brechen musste, bevor es zu spät war. Weil er ihm auf eine geheimnisvolle Wei se selbst erlegen war. Allein auf Annies Mund zu schauen weckte in ihm das wilde Verlangen, sie wieder zu küssen und die
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