Verführerisches Feuer
Lippen wanderten von ihrem Ohr zu ihrer Schulter und über ihr Schlüsselbein wieder zurück. Sein dunkler Kopf schwebte über ihrem Gesicht, was sie ermunterte, ihre Finger in die dichten Haare in seinem Nacken zu schieben.
Sie fühlte sich wie auf einer Achterbahn.
Ihr Herz schlug wie ein Presslufthammer, fast als ob es sich außerhalb ihres Körpers befände. Erst nach einer ganzen Weile wurde ihr klar, dass der Herzschlag, den sie spürte, nicht ihr eigener, sondern Falcons war. Bei diesem Gedanken stieg ein Gefühl süßen Triumphes in ihr auf. Es erregte Falcon, sie zu küssen! Ausgerechnet sie , eine Frau, die bisher nicht einmal in ihren eigenen Augen eine richtige Frau gewesen war.
Sie fühlte Dankbarkeit in sich aufsteigen, in die sich leise Selbstironie mischte, aber das war sofort vergessen, als Falcon sie wieder küsste. Seine Zunge begann ihre zu umschmeicheln, während seine Hände die Konturen ihres Körpers nachzeichneten und dabei auch die Außenseiten ihrer Brüste streiften.
Annie spannte sich an.
Als Falcon es spürte, ließ er sofort von ihr ab und sagte heiser: „Bloß gut, dass dieses Kleid keinen Reißverschluss hat. Sonst könnte ich mich glatt vergessen, und das wäre unverzeihlich.“
Annie erschauerte heftig.
„Jetzt muss ich aber wirklich gehen.“
„Ja“, stimmte Falcon zu. „Es sei denn, Sie möchten, dass ich die Lektion des Abends um ein wesentliches Element erweitere, aber das würde Sie wahrscheinlich überfordern. Ein nackter, in Mondlicht gebadeter Frauenkörper hat für mich nämlich etwas absolut Unwiderstehliches.“
Er wollte sie doch bestimmt nicht provozieren, oder? Annie war ganz schwindlig. Unmöglich! Sie schwankte zwischen Furcht und Erregung. Von diesem Stadium sind wir noch meilenweit entfernt, versuchte sie sich zu beruhigen. Falls es überhaupt je so weit kommen würde.
Falcon starrte auf den Computermonitor vor sich, ohne etwas zu sehen. Nachdem er sich eine Weile schlaflos im Bett herumgewälzt hatte, war er wieder aufgestanden und hatte sich an seinen Schreibtisch gesetzt, um zu arbeiten. Zumindest war das der Plan gewesen.
Falcon liebte seine Arbeit, und er liebte die Schönheit der florentinischen Architektur. Letzteres sah er als ein Geschenk seiner Mutter an ihn. Annie würde Florenz mögen, und er selbst würde es mögen, dass sie die Heimatstadt seiner Mutter mochte. Genauso wie er es heute Abend gemocht hatte, dass …
Es war sinnlos, sich etwas vorzumachen. Die Wahrheit war, dass er von der Stärke seines eigenen Verlangens überrumpelt worden war, erregt von der Süße ihrer Reaktion. Ein Zweifel war ausgeschlossen.
Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück und atmete langsam aus. Es ging hier nicht um sein eigenes Vergnügen, sondern darum, Annie das Gefühl für ihre Sinnlichkeit zurückzugeben. Und wenn er heute Abend fast seine Kontrolle verloren hatte, dann musste er eben dafür sorgen, dass so etwas nicht noch einmal passierte. In Zukunft durfte er solche Erfahrungen nur noch genießen, wenn es ihrem Heilungsprozess förderlich war. Und solange er das nicht gewährleisten konnte, war er um keinen Deut besser als sein Stiefbruder.
Falcon stand auf und trat ans Fenster. Seine Privatwohnung befand sich im historischen Teil des Castellos , der aus dem zwölften Jahrhundert stammte. Hier hatte er sich sein eigenes kleines Reich geschaffen. Die Natursteinwände der zweigeschossigen Maisonettewohnung waren noch im Original erhalten, und im Erdgeschoss hatte er die alten Kalksteinböden freilegen lassen. Die Beschädigung einer Außenmauer hatte es ihm gestattet, die zerbröckelnde Wand mit modernster Bautechnik durch eine Glaswand zu ersetzen, die einen Ausblick auf einen mit Kalkstein gepflasterten Patio bot, mit einem Swimmingpool dahinter, der direkt ins Meer mündete.
Innerhalb der renovierten Zone war ein großer hoher Innenraum geschaffen worden, mit viel Glas, abgezogenen Wänden und einer kleinen supermodernen Küche, die ebenfalls eine Aussicht aufs Meer bot.
Eine Wendeltreppe aus gebürstetem Stahl führte auf eine Galerie mit drei Schlafzimmern, jeweils mit Bad und Ankleidezimmer. Das Apartment war mit teuren italienischen Möbeln aus hochwertigen Naturprodukten wie Holz und Leder ausgestattet, außerdem gab es Stahl, moderne Textilien und zahlreiche Kunstwerke.
Es war ein klarer offener Raum, der Licht und Weite atmete. Ein kühner Gegenentwurf zur düster verschlossenen geheimniskrämerischen Welt seines Vaters? Falcon
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