Verfuehrerisches Geheimnis
Annes geräumiger Suite angekommen, wurde Hepburn sofort von ihren Damen unter Entzückensrufen in Beschlag genommen. »Patrick, es ist schon zwei Wochen her!« Eine andere fragte kokett: »Bleibt Ihr bis morgen?« Eine dritte schmeichelte ihm mit einem doppelbödigen Kompliment: »Ich schwöre, Ihr seid um einen Zoll gewachsen.«
Die Königin bedachte ihn mit einem strahlenden Lächeln und winkte sie zu sich. »Wie schön, Euch zu sehen, Lady Catherine. Gebt Euren Mantel Margretha, und setzt Euch zu mir. Ihr bleibt doch hoffentlich zum Lunch?«
Cat versank in einem anmutigen Knicks. »Was für eine Ehre, Euer Majestät.«
Patrick küsste die Finger der Königin und flüsterte ihr etwas ins Ohr.
»Lasst Euch ruhig Zeit, Mylord, damit mir Zeit für diesen Besuch bleibt.«
Hepburn warf Catherine einen warnenden Blick zu, ehe er ging, und sie reckte ihr Kinn in eisigem Trotz.
Auch auf dem Weg zu James' Privatkabinett wurde Patrick das Gefühl wachsender Bedrohung nicht los. Er hoffte nur, dass es nicht irgendwie mit dem König oder Robert Carey zusammenhing. Als er den Vorraum betrat, saß der Mann, dem seine Gedanken gegolten hatten, da und wartete auf eine zweite Audienz. »Schön, Euch zu sehen, Robert. Eure Familie hat sich hoffentlich gefasst und die Beerdigung Eures Vaters, an der sicher viele teilnahmen, gut hinter sich gebracht?«
»Ja, ganz London war zugegen, obwohl Elizabeth zu knausrig war, um einen offiziellen Trauertag anzuordnen.«
»Cecil hat Euch sofort zurückgeschickt, was ich als günstiges Zeichen für unser künftiges Schicksal ansehe. Robert, ich muss Euch um einen Gefallen bitten, doch hat dies Zeit bis nach unserem Gespräch mit James.«
In diesem Moment wurde die innere Tür geöffnet, und Hepburn erfuhr, dass der König ihn allein zu sehen wünsche. Achselzuckend warf er Robert einen Blick zu und betrat James' Allerheiligstes.
»Wo zum Teufel hast du gesteckt, Patrick, mein Junge?«, fragte James schmollend. »Nicht sehr höflich, den alten Dad warten zu lassen.«
Da der König sich im Gespräch mit jüngeren Höflingen oft alter Dad zu nennen pflegte, zuckte Patrick mit keiner Wimper: »Verzeiht, Sire. Ich will Euch nicht mit einer Entschuldigung beleidigen.«
»Cecils Brief ist ja sehr ermutigend. Er schlägt vor, wir sollten einen Mann unseres Vertrauens als Gesandten nach England schicken. Sofort fiel mir mein alter Jugendfreund Johnny Erskine ein. Nun wüsste ich gern Eure Meinung.«
»Der Earl of Mar ist eine ausgezeichnete Wahl, Sire. Doch wo ein einziger Gesandter gut ist, sind zwei vielleicht besser. Ich fühle mich berufen, einen zweiten, äußerst vertrauenswürdigen Mann vorzuschlagen. Edward Bruce, Abt von Kinross, Richter am Court of Sessions, hat Euch schon in der Vergangenheit in erfolgreichen Missionen gedient und wird von unschätzbarem Wert für Euch sein, wenn Ihr König von England werdet.«
»Gewiss! Bruce machte einen guten Eindruck. Er liebt den Süden und beneidet die englischen Richter um ihre Honorare und Nebeneinküfte.«
Patrick verkniff sich ein Lächeln. Monarchen dachten immer nur ans Geld. Eine innere Stimme spottete: Wie du auch, Hepburn. Eine andere antwortete: Bin ich nicht königlichen Blutes?
»Ich werde Cecil die beiden Männer empfehlen. Carey soll hereinkommen.«
Patrick öffnete die Tür und winkte Robert herein.
»Ich wollte Euch schon früher kondolieren, Carey. Lord Hunsdon war ein wackerer Mann, der zehn Sprösslinge in die Welt gesetzt hat, soviel ich weiß«, empfing ihn der König.
»Zehn legitime, Euer Majestät«, erwiderte Carey trocken. Als James schallend auflachte und dabei Speichel in alle Richtungen versprühte, nahm Robert sich vor, James nie wieder Grund zur Belustigung zu liefern.
»In einer Stunde habe ich für Cecil eine Antwort bereit. Seid Ihr willens, noch heute wieder nach England aufzubrechen, Carey?«
»Vollkommen, Euer Majestät.«
»Dann nichts wie weg. Patrick wird Euch eine Stunde lang unterhalten.«
Als sie das Privatkabinett verließen, scherzte Patrick: »Ich werde Euch unterhalten, wenn Ihr mich nicht anspuckt, Robert.«
»James fasziniert mich. Ich muss mich zwingen, ihn nicht anzustarren!«, gestand Robert. »Und welchen Gefallen wollt Ihr von mir?«
Patrick wurde ernst. »Ich möchte, dass Catherine mit Euch nach England fährt. Obwohl ich keine Beweise dafür habe, bin ich überzeugt, dass ihr auf Seton Gefahr droht. Ich vermute, dass Geordies Neffe danach giert, Erbe des Earl of Winton zu
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