Verfuehrerisches Geheimnis
dann wie eine Puppe aufgestützt zu präsentieren, war Lug und Trug. Ihr Körper ist längst verfallen, jetzt geht es mit Gesundheit und Verstand hergab. Nur ihr Geist scheint noch willig, während das Fleisch schon sehr schwach ist. Catherine saß wie betäubt da. Wir leben eine Lüge. Das alles ist nur künstliches Machwerk. Königin Elizabeth ist dem Tod nahe.
Als Cat mit dem Gerstenschleim kam, trug Elizabth bereits das schwarze Gewand, das Cat für sie ausgesucht hatte. Perücke und Schminke schienen den Verstand der Königin etwas aufgehellt zu haben, da sie Lady Huntingdon und Lady Radcliffe krächzend Befehle erteilte.
Philadelphia atmete erleichtert auf. »Ein weiterer Tag ist geschafft ... eigentlich ein ganzer Monat. Morgen ist März.« Sie reichte Cat einen Handspiegel. »Tu dies fort.«
Wieder in ihren eigenen Räumlichkeiten, nahm Cat Maggie beiseite. »Du hattest Recht mit deiner Voraussage, dass der Tod dreifach kommt. Heute habe ich die Königin im Nachthemd gesehen.«
»Sag deiner Mutter nichts, sonst wird sie die Dritte.«
»Ich sage kein Wort. Allein der Gedanke an den Tod der Königin würde sie wahnsinnig machen. Sie hat kein anderes Leben als dieses hier am Hof.«
Staatssekretär Robert Cecil entschied, dass der Zeitpunkt gekommen war. Er wagte sich in die Höhle der Löwin, besser gesagt in ihr Schlafgemach, und brachte das heikle Thema in sachlichem Ton zur Sprache. »Euer Allergnädigste Majestät, es ist meine Pflicht, Euch dies zu fragen. Ist es Euer Wille, dass der König der Schotten Euch in Eurem Königreich nachfolgt?«
Schwarze Augen wurden schmal. »Wir wollen davon nicht sprechen, kleiner Mann!«
Cecil verbeugte sich, zog sich zurück und nahm Philadelphia beiseite. »Haltet mich über ihren Zustand auf dem Laufenden. Morgen komme ich wieder.«
»Sie schläft nicht mehr. Ihr Arzt kommt täglich, doch sie lehnt jede Behandlung ihrer geschwollenen Drüsen ab. Sie isst weniger als ein Vögelchen und leidet großen Durst.«
Cecil nickte. »Haltet sie sauber und macht es ihr bequem.«
Später am Tag kam Sir John Harrington, einer der Patensöhne der Königin, um ihr einige im Geschmack der Zeit gehaltenen Gedichte vorzutragen.
Elizabeth zeigte kein Interesse. »Wenn man spürt, dass die irdische Zeit sich dem Ende zuneigt, findet man an diesen Torheiten wenig Gefallen.«
Am nächsten Tag traf Robert Carey ein, und Philadelphia brachte ihn zu Elizabeth, um zu sehen, ob er sie aufzuheitern vermochte. Sie nahm außer schluckweise Rosenwasser nichts mehr zu sich.
»Robin, es geht mir gar nicht gut.«
Am Abend wollte Elizabeth sich nicht auskleiden lassen und auch nicht zu Bett gehen. Am Morgen darauf stellten ihre Damen fest, dass sie nicht mehr sprechen konnte. Als es dunkelte, lag die Königin auf dem Boden. Philadelphia entkleidete sie mit Hilfe Lady Huntingdons und Mary Radcliffes und hob sie in ihr königliches Bett. Catherine brachte die beschmutzten Kleider fort, die die Königin fünfzig Stunden lang getragen hatte.
Am nächsten Morgen erschien Cecil zu seinem üblichen Besuch und stellte mit Philadelphia an seiner Seite Elizabeth abermals die Frage: »Ist es Euer Wille, dass der König der Schotten Euch in Eurem Königreich nachfolgt?«
Nach einem Augenblick der Stille blickte er Philadelphia in die Augen. »Die Königin hat ihr Einverständnis mit einem Nicken zu erkennen gegeben.«
Phildelphia Scrope widersprach nicht, und Cecil zog sich zurück.
Von diesem Moment an hielten Cecil, Philadelphia und Robert Carey Totenwache. Die Mitglieder des Kronrates erschienen einer nach dem anderen, danach kamen nur mehr ihr Leibarzt und Erzbischof Whitgift. Ihre Kammerfrauen gestanden, dass es ihnen unerträglich war, sie in diesem elenden Zustand zu sehen. Philadelphia hielt als Einzige Wache.
Zwei Stunden nach Mitternacht, am vierundzwanzigsten März, einem Dienstag, tat Elizabeth Tudor ihren letzten Atemzug und verschied. Der lange Schlaf war endlich gekommen.
Phildelphia trat hinaus in den Vorraum und rüttelte ihren Bruder wach. Wortlos übergab sie ihm das kunstvolle Ringmedaillon, das Elizabeth stets an ihrem Herzen getragen hatte.
Fast ungläubig warf er einen Blick darauf, küsste seine Schwester und machte sich unverzüglich auf den Weg nach Schottland.
Binnen einer Stunde traf Cecil ein und ordnete an, dass niemand ohne schriftliche Erlaubnis Richmond Palace verlassen dürfe. Um sieben Uhr traten die Mitglieder des Kronrates in Whitehall zusammen, um eine
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