Verfuehrerisches Geheimnis
noch nie so große Angst. Sie ging ans Fenster und riss es auf. Sie fühlte sich so allein und hilflos, dass ihr die Tränen kamen. Es gab nur einen Menschen, der ihre Ängste und ihre Einsamkeit lindern konnte, und Herz und Seele riefen nach ihm. »Patrick! Ich weiß nicht, was ich tun soll. Patrick, ich brauche dich. Du bist mein Zauberer.«
Hinter Hepburn und seiner Truppe lag ein erfolgreicher Monat. Tag für Tag hatten sie die Täler durchritten und für Ruhe gesorgt. Das zu kontrollierende Gebiet war viel größer als in den Jahren zuvor, als sie sich auf die mittlere schottische Grenzmark beschränkt hatten. Im Zuge ihrer Bemühungen, die unsichtbare Grenze zwischen den beiden Ländern zum Verschwinden zu bringen, waren sie auch in die nördlichen Grafschaften Englands vorgedrungen. Nun neigte der Juli sich dem Ende zu, und die Männer waren erschöpft. Sie waren es leid, auf blankem Boden zu schlafen, und sehnten die Heimkehr nach Crichton herbei.
Ehe Hepburn und seine Mannen sich auf den langen, achtzig Meilen langen Treck nach Hause machten, nutzte er die Gelegenheit und nahm die Gastfreundschaft auf Carlisle Castle in Cumberland in Anspruch, wo man mit anständiger Verköstigung und einem bequemen Nachtlager rechnen konnte, da Lord Thomas Scrope, Philadelphias Gemahl, die Festung befehligte. Weil Scrope König James nach England begleitet hatte, konnte Patrick mit einer freundlichen Aufnahme rechnen.
An jenem Abend widerhallte die Große Halle vom Lärm der Männer, die fest entschlossen waren, sich ordentlich zu amüsieren. Man hatte dem Essen reichlich zugesprochen und so viel getrunken, dass am nächsten Morgen mit schweren Köpfen zu rechnen war. Und nun war man beim Würfeln und überbot einander beim Mogeln. Während Hepburns Blick durch die Halle schweifte, empfand er Befriedigung ob des Erreichten und freute sich, dass er seine Leute zur einer wohl verdienten Rast nach Carlisle gebracht hatte.
Er leerte seinen Humpen, schwang die langen Beine unter dem Schragentisch hervor und verließ auf der Suche nach frischer Luft die verrauchte Halle. Auf dem Wehrgang genoss er einen ruhigen Moment, während die Dämmerung in totale Dunkelheit überging.
Fast sofort verlor sich seine innere Zufriedenheit, und ein Gefühl der Bedrohung erfasste ihn. Wachsam öffnete er sein Bewusstein und streckte Fühler aus, die nach der Quelle dieses Gefühls suchten und tasteten. Sein sechster Sinn sagte ihm, dass die Bedrohung nicht von dieser Festung ausging, sondern von weither kam.
Sofort musste Hepburn an Catherine denken, die seit einiger Zeit ständig seine Gedanken beherrschte. Trotz seiner großen Angst, ihr könnte ein Unglück zugestoßen sein, schreckte er nicht davor zurück, der Sache auf den Grund zu gehen und festzustellen, ob ihr tatsächlich Gefahr drohte. Patrick konzentrierte sich mit aller Kraft und beschwor eine Vision seiner Frau herauf. Er sah nur ihr schönes Gesicht und umklammerte unwillkürlich die zinnenbewehrte Mauerkrone fester, als er an ihren Wimpern Tränen glänzen sah.
Ihre überwältigende Traurigkeit erfasste nun auch ihn. Er spürte, dass ihr Herz zu brechen drohte, doch seine innere Sicht sagte ihm mehr als nur Traurigkeit voraus. Sie war von einer schwarzen, bösen Bedrohung umgeben, die ihm verriet, dass sie in Todesgefahr schwebte. Er beschloss, unverzüglich aufzubrechen, und dankte dem Schicksal, dass er sich bereits in England befand. Hepburn fragte sich, warum er Catherines Bedrohung jetzt spürte, wenn er sie zuvor nie gefühlt hatte. Die Antwort war einfach. Es rührt daher, weil ich endlich nicht mehr leugne, dass ich sie liebe.
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34
Catherine hatte keine Ahnung, wie sie gegen die Krankheit, die in Maggies Körper wütete, vorgehen sollte, doch wusste sie, dass das Delirium durch hohes Fieber verursacht wurde. Ganz instinktiv versuchte sie nun, der Kranken Kühlung zu verschaffen, und wusch sie stündlich mit kaltem Wasser. Da die schwarze Geschwulst in Maggies Leiste stark schmerzte, gab Cat sich große Mühe, ihre Glieder ganz sanft zu heben.
Und immer wieder versuchte sie, Maggie ein kaltes Getränk einzuflößen, doch lehnte die Kranke es ab oder erbrach es.
In den nächsten zwei Tagen tobte und schrie die Patientin und schlug wild um sich. Als schließlich ihre Worte immer wirrer wurden, erfassten Catherine Angst und Hoffnungslosigkeit.
Am dritten Tag gab es Perioden der Ruhe, und Maggie schien in ruhiges Dösen zu verfallen. Als
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