Verfuehrerisches Geheimnis
versprochen, am nächsten Tag in Edinburgh zu sein. Im Lichte dessen, was Jock Elliot berichtet hatte, hätte er mehr Zeit zu Hause verbringen müssen. Wenn Wünsche wie Pferde wären ...
Normalerweise hätte ihn ein nächtlichen Raubzug nicht weiter beunruhigt. Vorfälle dieser Art gab es im Laufe des Jahres immer wieder. Da man aber seine Heuschober in Brand gesetzt hatte und George Carey ihn gewarnt hatte, dass Armstrong auf Rache sann, musste er auf der Hut sein. Auf dem Ritt nach Edinburgh wollte er zur Sicherheit ein halbes Dutzend Moss-Trooper mitnehmen.
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11
Hepburn und Robert Carey ritten am hellen Nachmittag auf dem Hof vor den Stallungen von Holyrood ein. Patrick hatte einen Kundschafter ins Schloss vorausgeschickt und erfahren, dass König James auf der Jagd war, einer Leidenschaft, der er frönte, wann immer das Wetter es zuließ. Kaum hatten sie ihre Pferde den königlichen Stallburschen übergeben, vernahmen sie auch schon die Hornsignale der heimkehrenden Jagdgesellschaft und das Kläffen der Jagdhunde.
Hoch zu Ross wirkte James noch am besten, da er im Sattel einen imposanten Eindruck machte. Erst wenn er absaß und sich auf spindeldürren Beinen schwankend und im Watschelgang fortbewegte, büßte er jeden Anschein königlicher Würde ein.
Patrick sah die zwei erlegten Hirschkühe und wusste, dass James guter Dinge sein würde. Er wollte ihm seine gute Laune erhalten.
Beim Anblick des hochgewachsenen Hepburn erhellte sich die Miene des Königs erwartungsvoll. »Mann, du warst · fast einen Monat fort!«
»Geduld ist eine Tugend, Sire«, zitierte Patrick auf Lateinisch.
»Und verlangt nach Belohnung«, erwiderte James plump. »Carey, wir hoffen, dass Ihr nicht mit leeren Händen kommt.«
Robert ließ sich sein Unbehagen nicht anmerken. »Nein, Sire, natürlich nicht.«
Mit einem Blick auf seine Jagdkleidung sagte der König: »Nichts als Blut und Eingeweide. Begleitet mich, während ich mich umkleide.«
Die Diener des Königs folgten dem Trio, als es die Korridore von Holyrood durchschritt und den königlichen Gemächern zustrebte. An der Tür entließ er sie. »Ich brauche euch nicht. Lord Stewart wird mich bedienen.« Hepburn und Carey folgten ihm in sein Schlafgem a ch, wo er auch seinen Leibdiener hinausschickte. James entkleidete sich, und Patrick ging an den Schrank, wählte jenen Hausmantel, der die wenigsten Flecken aufwies, und half ihm, hineinzuschlüpfen. Patrick, der wusste, dass der König gar nicht auf den Gedanken gekommen wäre, ein Bad zu nehmen, goss Wasser aus einem Krug in eine Schale, damit James sich wenigstens die Hände waschen konnte. »Also, ich nehme an, Ihr hattet Erfolg?«, fragte der König Robert.
»Uns war mehr Erfolg beschieden, als wir uns erhofft hatten«, erwiderte Patrick.
»Ihr habt Elizabeth meinen Brief übergeben?«
»Besser noch, wir haben ihn der Macht hinter dem Thron übergeben. Cecil wird ihn der Königin präsentieren, wenn er sie dazu bewegen kann, Euch in günstigerem Licht zu sehen.«
»Cecil war einverstanden, mit mir zu verhandeln?«, fragte James hoffnungsvoll.
»Ganz im Geheimen, natürlich«, bestätigte Patrick.
Robert zog den Brief mit den dicken Siegeln hervor. »Der Staatssekretär bat mich, Euch dies auszuhändigen, Euer Majestät.«
James griff begierig nach dem Brief und strich voll lüsterner Vorfreude mit den Daumen über die roten Wachssiegel. »Ich habe es lieber mit einem Mann zu tun. Eure Kusine Elizabeth behandelt mich wie einen Lakaien«, vertraute er Carey an.
Robert räusperte sich. »Ich lasse Euch allein, damit Ihr ungestört lesen könnt, Euer Majestät.«
»Ja«, stimmte James zu. »Macht einen Spaziergang um den Palast, und kommt in einer Stunde wieder.« Er sah Patrick an. »Du kannst bleiben.«
Kaum waren sie allein, als der König den Brief aufriss und begierig die drei Seiten las. »Er unterzeichnet mit einer Zahl!«
»Cecil verfügt über einen Verstand, der sich mit Eurem messen kann, Sire; und wie Ihr ist er übervorsichtig. Die Briefe, die Ihr wechselt, müssen verschlüsselt sein.«
»Ja, das deutet er an.« James tippte auf den Brief und las ihn noch einmal.
Patrick konzentrierte sein Bewusstsein gezielt auf die Briefseiten. Die erste war ein Brief Cecils an James, die zweite enthielt Anweisungen für den König, falls dieser an Elizabeth schreiben sollte, und auf der dritten wurde der Code erklärt. In einer Liste von Namen und Orten trug jeder eine eigene Ziffer, und
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