Verführt im Harem des Scheichs
Hoheit, die der getötete Engländer bei sich trug?“
„Ja. Der Tote hieß Clevenden. Aber seine Unterlagen haben mir nichts verraten, was ich nicht bereits wusste.“
„Was soll mit der Frau geschehen?“
Jeder, der in Balyrma lebte, wusste inzwischen von Celia. Doch bisher hatte Ramiz nicht einmal mit Akil, seinem engsten Vertrauten, darüber gesprochen, was er mit der Engländerin zu tun gedachte.
Er hob die Augenbrauen. Trotz seiner langjährigen Freundschaft mit Akil vertraute er sich ihm selten an. Zudem gefiel es ihm nicht, bedrängt zu werden.
„Sie ist doch noch hier?“, vergewisserte Akil sich. „Wie lange soll sie bleiben? Werdet Ihr sie nach Kairo schicken? Oder habt Ihr andere Pläne?“
Ramiz versuchte, sachlich zu bleiben. Aber ganz deutlich sah er plötzlich die nackt auf dem Diwan liegende Celia vor sich. Sein Puls beschleunigte sich, und sein Herz klopfte zum Zerspringen. Nachdem er den Harem verlassen hatte, war er viel zu aufgewühlt gewesen, um Schlaf zu finden. Stattdessen hatte er sich ausgemalt, wie es hätte sein können, wenn er sich genommen hätte, wonach er sich so sehr sehnte. Wenn er seinem Verlangen nachgegeben und seine eigene Befriedigung gesucht hätte … bei Allah, nie zuvor hatte er eine Frau so sehr begehrt! Er träumte noch immer davon, sie zu nehmen. Sein Plan war, sie zu erobern. Aber das ging Akil nichts an.
Nur zu gut wusste er, dass das, was er wollte, und das, was er sollte, oft ganz verschiedene Dinge waren. In diesem Fall war es besonders schwierig, das Richtige zu tun. Glücklicherweise hatte er sich entschieden, sich moralisch korrekt zu verhalten, ehe er Celia am Abend zuvor aufgesucht hatte. Wenn er zu ihr gegangen wäre, ohne sich zuvor Gedanken über sein Verhalten zu machen, dann … Nun, darüber, was dann alles möglich gewesen wäre, dachte er am besten gar nicht nach. Sonst würde er seine Entscheidung zweifellos bereuen.
Er zwang sich, seine Aufmerksamkeit auf Akil zu richten. „Ich habe schon vor Tagen an den britischen Generalkonsul in Kairo geschrieben, um ihn über die Geschehnisse zu informieren. Es wäre nicht gut gewesen, wenn Männer wie Malik die Gelegenheit bekommen hätten, den Tod des Gesandten gegen mich zu verwenden. Vermutlich wird der Generalkonsul jemanden herschicken, um die Frau abzuholen. Bis dahin ist sie hier sicher.“
„In Eurem Harem?“
Er nickte.
„Der viel zu lange unbewohnt war …“
„Was soll das heißen?“
„Das wisst Ihr sehr gut. Der Ältestenrat hat mich erneut aufgefordert, Euch eine Liste mit geeigneten Ehekandidatinnen vorzulegen. Die Trauerzeit für Asad ist seit Langem abgelaufen. Die Thronfolge muss gesichert werden. Die Menschen würden die Vermählung ihres Herrschers begrüßen. Ein großes Fest würde alle mit Freude und Zuversicht erfüllen.“
„Zuversicht? Ha! Es ist nicht mein Fehler, dass mein Bruder mir ein Land hinterlassen hat, dessen Bewohner in Angst vor kriegerischen Auseinandersetzungen lebten“, brauste Ramiz auf.
„Niemand weiß besser als ich, welche Mühen Ihr auf Euch genommen habt, damit Eure Untertanen in Sicherheit leben können. Doch leider verstehen viele einfache Leute Eure Taktik nicht. Die Weltsicht dieser Menschen ist simpel: Wer im Kampf gewinnt, bringt Beute heim. Sie würden bereitwillig mit der Angst leben, wenn sie deshalb auf Reichtum hoffen könnten. Dass auf lange Sicht der Gewinn größer ist, wenn man in Ruhe seinem Handwerk nachgehen oder Viehzucht, Ackerbau und Handel treiben kann, das begreifen sie nicht.“
Ramiz runzelte die Stirn. Er trat an den Schreibtisch und ließ den Blick über die darauf verstreuten Papiere wandern. Dann wandte er sich den Bücherregalen zu, in denen neben arabischen Klassikern auch Werke der alten Griechen und Römer standen. Kürzlich erst hatte er selbst einiges an englischer und französischer Literatur angeschafft. Denn – anders als seine Untertanen – fand er, dass es von Vorteil war, möglichst viel über andere Kulturen zu wissen.
„Man erwartet also von mir, dass ich bald heirate.“
„Ja. Wenn Ihr zum Beispiel Fürst Maliks Tochter zur Frau nähmet, würde das den Frieden sichern. A’Qadiz würde stärker werden, und seine Bewohner würden sich sicherer fühlen. Aber es wäre auch nicht falsch, eine der anderen Prinzessinnen zu wählen. Scheich Farid hat Euch immer unterstützt. Er und seine Leute haben eine Belohnung verdient. Das Wichtigste aber ist, dass die Thronfolge gesichert wird. Das Volk,
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