Verführt im Harem des Scheichs
Hoheit, befürchtet, Euch könne etwas zustoßen, ehe Ihr einen Sohn habt. Dann würde Euer Cousin …“ Akil zuckte die Schultern.
„Niemand wünscht sich einen schwachen, egoistischen Herrscher“, stimmte Ramiz zu. Und nach einer kurzen Pause setzte er hinzu: „Ich könnte auch mehrere Frauen heiraten, um unsere Verbündeten zu belohnen und unsere Feinde zu Freunden zu machen.“
Akil schluckte. Er wusste, dass Ramiz lieber mit Worten als mit dem Schwert kämpfte. Aber auch Worte konnten tiefe Wunden schlagen.
Ramiz musterte seinen langjährigen Vertrauten scharf. „Es hat mich von Anfang an misstrauisch gemacht, wie oft du mich heute mit Hoheit angesprochen hast, Akil. Denkst du, ich wüsste nicht, dass du das nur machst, wenn du etwas von mir willst?“
„Ich will nur, dass Ihr tut, was am besten für Euch und Euer Volk ist. Ich habe die Liste der Ehekandidatinnen, die der Ältestenrat vorgelegt hat, selbst überprüft. Es ist nichts an ihr auszusetzen. Ihr müsst Euch nur für eine der Frauen entscheiden. Und das bald! Es geht um das Wohl von A’Qadiz.“
„Es geht immer um das Wohl von A’Qadiz. Du weißt genau, dass ich meine Pflichten nie vernachlässigt habe.“
„Natürlich. Ich weiß auch, wie unangenehm manche dieser Pflichten waren. Zu heiraten hingegen ist etwas Angenehmes. Die meisten der vorgeschlagenen Prinzessinnen sind jung und hübsch.“
Schweigend streckte Ramiz die Hand nach der Liste aus. Er verstand selbst nicht, warum es ihm so widerstrebte, eine dieser ihm unbekannten Frauen zu heiraten. Akil und die Mitglieder des Ältestenrates hatten recht: Er musste eine Familie gründen. Doch für ihn war die Ehe mehr als ein Erfordernis vernünftiger Politik. Das mochte damit zusammenhängen, dass er so viele Jahre im Ausland gelebt hatte. Die Vorstellung, auf echte Liebe zu verzichten, um mit seiner Gattin – oder seinen Gattinnen – Söhne zu zeugen, die dem Wohl des Landes dienten, behagte ihm gar nicht.
Er legte die Liste fort und griff nach dem Vertragsentwurf. „Ich habe hier ein paar kleine Änderungen vorgenommen“, sagte er zu Akil. „Sorg dafür, dass der Ältestenrat sie akzeptiert. Wenn alle Stammesfürsten ihre Unterschrift gegeben haben und wenn auch die Verhandlungen mit den Briten abgeschlossen sind, werde ich meine Hochzeit planen.“
Akil verbeugte sich. „Eine weise Entscheidung, Hoheit. Eure Weisheit ist größer als …“
„Genug!“, unterbrach Ramiz ihn. „Nimm den Vertrag und geh. Und lass die Engländerin zu mir bringen.“
Celia folgte dem Diener durch lange Korridore, deren Türen von bewaffneten Männern bewacht wurden. Jeder von ihnen trug eine weiße Galabija, die mit dem Wappen des Herrscherhauses, dem Falken und dem Mond, bestickt war.
Man hatte ihr zu verstehen gegeben, dass sie sich nicht zu verschleiern brauchte. Doch die Blicke der Wachen zeigten ihr, wie ungewöhnlich das war. Also hielt sie den Kopf gesenkt und bemühte sich, nicht an die Ereignisse der vergangenen Nacht zu denken. Wie, um alles in der Welt, sollte sie Ramiz nach all dem gegenübertreten?
Der Diener öffnete eine letzte Tür und bedeutete Celia einzutreten.
Sie befand sich in einer Bibliothek, die zu ihrem Erstaunen auf westliche Art eingerichtet war. Es gab mehrere Sessel, und in der Nähe des Fensters stand ein schwerer Schreibtisch. In dem Lehnstuhl dahinter saß Ramiz.
„Saba alcher!“ Sie bemühte sich, den Gruß, den sie von Fatima und Adila gehört hatte, richtig auszusprechen.
„Guten Tag, Lady Celia“, gab Ramiz lächelnd zurück. „Ich hoffe, es geht Ihnen gut?“
Meinte er damit etwas Spezielles?
Sie brachte ein leises „Ja“ über die Lippen. „Wie geht es Ihnen, Hoheit?“ Himmel, es war absurd, ihn nach der letzten Nacht mit Hoheit anzusprechen! Sie biss sich auf die Lippe und starrte den Teppich an, ein wunderschönes, zweifellos sehr kostbares Stück.
„Haben Sie meinen Vornamen vergessen?“, neckte er sie. „Auch mir geht es gut. Möchten Sie nicht Platz nehmen? Wir haben etwas zu besprechen.“
Er erhob sich und rückte ihr einen Stuhl zurecht. „Bitte!“
Sie setzte sich. „Dies ist eine große Bibliothek.“
„Sie können sich gern etwas zu lesen aussuchen. Es gibt eine Reihe englischer und französischer Bücher.“
„Danke. Aber ich werde wohl kaum lange genug hier sein, um viel zu lesen.“
Stille senkte sich über den Raum.
Unter halb gesenkten Lidern hervor wagte Celia einen kurzen Blick auf Ramiz. Er machte
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