Verfuehrt in Las Vegas
Schließlich hat Jake Ferien.”
„Gut, aber die Arbeit muss trotzdem getan werden, Graham.”
Er wusste, dass sie den Jungen vergötterte. Und aus eigener Erfahrung wusste er auch, dass sie Mühe hatte, es zu zeigen.
„Aber die Welt wird schon nicht untergehen, wenn die Betten nicht gemacht sind”, sagte er.
Graham wusste, wie seine Mutter darüber dachte. Diese sogenannten Kleinigkeiten bedeuteten ihr viel, denn in ihrer Philosophie ging es vor allem um Harmonie, die sich auch in den täglichen Dingen des Alltags äußerte.
„Ein kleines Kind, kleine Missetaten. Ein größeres Kind, größere …”
„Ja, ich verstehe dich, Ma”, unterbrach Graham sie. „Und ich bitte dich, sieh in dein Herz und folge seinem Rat. Bis heute abend!”
Damit legte er auf. Er freute sich schon auf den Abend mit Jake und seiner Mutter. Sie war ganz selbstverständlich eingezogen, als Celia ihn damals verlassen hatte. Sie ist immer für eine, Überraschung gut, dachte er. Er hätte sie nie darum gebeten, ihm den Haushalt zu führen. Aber für sie schien es eine Selbstverständlichkeit zu sein. Er hatte sie gebraucht, und sie war gekommen. Irgendwie hatte sie gespürt, dass sie ihm helfen musste, obwohl Graham von sich aus nie darüber gesprochen hätte. Dies vertiefte seinen Respekt für ihren Glauben und die traditionellen Werte seines Volkes.
Jetzt erst bemerkte er, dass Caitlin ihn die ganze Zeit über unverwandt angeschaut hatte. Sie schien verblüfft und etwas verwirrt zu sein. Warum eigentlich? Doch dann sagte er sich wieder, dass ihm dies ja eigentlich egal sein konnte.
Caitlin hatte nicht vorgehabt, zu lauschen. Aber ihre Neugier war stärker gewesen als ihre guten Manieren. Und durch das kurze Gespräch hatte sie wieder einen anderen Einblick in sein Wesen bekommen. Graham hatte viel weicher geklungen als vorher.
Sie fragte sich, wie seine Frau wohl aussehen mochte. Ob er glücklich war in der Ehe?
Vergiss es, Caitlin, schalt sie sich selbst. All dies gehört der Vergangenheit an. Es ist bedeutungslos für dich.
Sie schaute rasch auf ihre Uhr, um Graham nichts von ihren Gefühlen zu verraten.
Was für wunderschöne Augen sie hat, dachte er bewundernd. Türkisfarben, wie der Schmuck, den seine Mutter so sehr liebte.
„Also? Bist du bereit? Können wir fahren?”
Caitlin nickte und schlug den Weg zum Ausga ng ein. In dem großen Raum war es inzwischen unerträglich heiß.
Sie hielt kurz vor der Drehtür an und fragte Graham: „Wie alt ist dein Junge denn?”
„Sieben”, entgegnete er widerstrebend.
„Sieben Jahre”, wiederholte Caitlin erstaunt. Sie versuchte sich ihren ehemaligen Freund als Vater eines siebenjährigen Sohns vorzustellen, hatte damit aber Schwierigkeiten. „Wahrscheinlich ist er ein ganz schönes Kaliber, oder?”
„Na ja, es geht”, erwiderte Graham. „Eigentlich ist er ziemlich pflegeleicht.”
Jetzt hatten sie den Ausgang erreicht. Graham hielt die schwere Glastür für Caitlin auf.
Draußen war es wie in einem Brutofen, „Hier entlang!” Er fasste Caitlin beim Arm und führte sie zum Parkplatz. „Dort steht er!” sagte er und zeigte ihr mit Stolz sein Prachtstück.
„Das ist doch nicht dein Ernst!” Fassungslos stand Caitlin vor dem pinkfarbenen Straßenkreuzer, der aufgrund seiner Länge gleich zwei Parkplätze mit Beschlag belegte.
Es handelte sich um einen Eldorado Biarritz aus dem Jahre 59, der Grahams ganzer Stolz war. Eigentlich war es ein Kabrio, aber er hatte das Verdeck hochgezogen, um die Polster vor den glühenden Strahlen der Sonne zu schützen. Im Vergleich mit den anderen Autos sah es aus wie ein Riese unter Pygmäen.
Caitlin wusste immer noch nicht, was sie dazu sagen sollte. Die Überraschung hatte ihr den Atem verschlagen. Als sie sich endlich gefasst hatte, fragte sie nur: „Warum?”
Das ist wieder einmal typisch Frau, dachte Graham bei sich. Wie kann man nur eine solche Frage stellen? Liebevoll fuhr er mit der Hand über die chromblitzenden Zierleisten.
„Zum einen, weil es sich um eine Rarität handelt. Insgesamt sind von diesem Modell überhaupt nur eintausenddreihundertzwanzig Exemplare hergestellt worden. Und zum anderen natürlich, weil es ein wunderschönes Auto ist.”
Er spricht von diesem Wagen wie von seiner Geliebten, dachte Caitlin bei sich. So hatte er früher auch von ihr gesprochen, fiel ihr unwillkürlich ein. Nun ja, hoffentlich behandelt er das Auto besser als mich, dachte sie mit einem Anflug von Bitterkeit.
Graham
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