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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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sicherte routiniert die Waffe und steckte sie fort. »Es würde mir nicht behagen, zum Gärtner degradiert zu werden. Ihr ergebener Diener zu sein, ist viel befriedigender.«
    Er trug weder Halstuch noch Weste. Das zerknitterte Jackett hing offen über dem Hemd, eine skandalöse Missachtung jeder Schicklichkeit. Lucy war dankbar, dass ihr Vater noch nicht zurück war. Er hätte Claremont wegen des schlampigen Aufzugs zweifelsohne bis auf die Knochen heruntergeputzt. Und dann müsste Claremont am Ende noch nackt herumlaufen, dachte sie versonnen.
    Der ungezogene Gedanke schockierte sie, und sie beeilte sich, sich mit abweisender Gleichgültigkeit zu wappnen. Was ihr schwerer fiel, als sie sich eingestehen wollte, zumal die verwirrende Vorstellung noch so frisch war und das Mondlicht durchs eigensinnige kastanienbraune Haar ihres Leibwächters strich.
    Sie hielt sich den Halsausschnitt des Morgenmantels zu. Der Mantel, der ihr vor ein paar Minuten noch so züchtig erschienen war, schien sich unter Claremonts durchdringendem Blick in die verderbteste Verführung zu verwandeln. »Wenn ich fragen darf, Mr. Claremont, warum schleichen Sie in solch schändlicher Weise durchs Haus?«
    »Ich mache nur meine Arbeit«, erwiderte er kühl. »Ich prüfe jede Nacht, ob das Haus sicher ist. Die Türen. Die Fenster.«
    Lucy zog skeptisch eine Augenbraue hoch. »Und die Bibliothek.«
    »Sie haben mich ertappt, Miss Snow. Ich gebe es zu.« Sie lehnte sich zurück, als er sich nach vorne lehnte und ihr verschwörerisch zuflüsterte: »Ich lese nämlich gerne.«
    Lucy schniefte. » Romane werden Sie in Vaters Bibliothek jedenfalls nicht finden. Er sammelt nur Werke von Bedeutung.«
    »Dann entschuldigen Sie mich bitte, Miss. Ich muss noch das Grundstück inspizieren, bevor ich mich zurückziehe.«
    Er wandte sich schroff zum Gehen. Lucy hob den Kopf und war überrascht, welchen Stich ihr sein abrupter Abgang versetzte. Plötzlich wollte sie nicht länger allein sein im dunklen Foyer, wollte nicht allein die verlassenen Flure zu ihrem Zimmer zurücklaufen. Aus dem hohlen Gefühl in der Herzgegend war sehnsüchtiger Schmerz geworden.
    »Mr. Claremont?«
    Der zaghafte Tonfall ließ ihn innehalten. Er verbiss sich einen Fluch. War diese infernalische Kindfrau dazu auserkoren, all seine Pläne zu durchkreuzen? Er konnte immer noch die kalten, zarten Finger fühlen, die sich auf seine Hand legten. Als er sie ins Mondlicht geschoben und sie in dieser köstlichen Mischung aus Spitze und Seide gesehen hatte, war das Blut aus seinem dröhnenden Schädel in andere, noch irrationalere Körperteile gerauscht. Er rief sich ins Bewusstsein, wie lange er ohne Frau gewesen war und dass selbst ein Smythe in Frauenkleidern ihn vermutlich berührt hätte.
    Jeden Muskel unter Spannung, drehte er sich um. Er war überzeugt, sie herrisch das Kinn heben zu sehen, einen Befehl auf den Lippen: die Hausschuhe zwischen den Zähnen apportieren oder den Nachttopf leeren.
    Ihr Kinn war hochmütig erhoben, aber er hätte geschworen, dass es ein wenig zitterte. Sie öffnete die Tür der Bibliothek und winkte ihn herein. »Ich wollte meine Staffelei holen. Würden Sie sie bitte für mich nach oben tragen?« Ihrem Lächeln fehlte die gewohnte spröde Selbstsicherheit. »Immer, wenn ich Sie brauche, sind Sie da, Mr. Claremont.«
    Gerard kämpfte gegen einen gefährlichen Anflug von Mitgefühl. »Dazu hat Ihr Vater mich schließlich angestellt.«
    Die unterschwellige Botschaft blieb ihr nicht erspart: Kein Mann hätte ihre Gesellschaft ertragen, es sei denn, er wurde dafür bezahlt.
    Ihre jüngste künstlerische Anstrengung stand im hellen Mondlicht am Fenster. Während Lucy die Wasserfarben zusammenpackte, konnte Gerard nur einen hungrigen Blick auf den riesigen Aktenschrank hinter dem Schreibtisch ihres Vaters riskieren.
    Lucy war gerade dabei, die Pinsel einzusammeln, als Claremont sich hinter ihr aufbaute, wie üblich viel zu nahe. Seine bloße körperliche Präsenz war wie eine intime Berührung und brachte ihre Haut zum Prickeln.
    Sie versuchte, sich vom verwirrenden Lorbeerduft seiner Rasierseife abzulenken, und tauchte einen hart getrockneten Pinsel in einen Wasserbehälter. »Nicht so schüchtern, Mr. Claremont. Was halten Sie von meinem jüngsten Werk? Von den Bekannten meines Vaters haben mir schon einige gesagt, dass ich in der bildenden Kunst wohl Karriere gemacht hätte, wäre ich nicht als Frau zur Welt gekommen.« Sie wischte den Pinsel an einem Lumpen ab

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