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Verführt: Roman (German Edition)

Verführt: Roman (German Edition)

Titel: Verführt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Haar zu ignorieren, und das argwöhnische Blitzen ihrer Augen.
    Feierlich präsentierte Smythe die Schatulle dem Admiral, der daraufhin einen Schlüssel hervorholte, den er an einem Band um den Hals trug. Er sperrte die Schatulle auf, und Gerard rechnete mit einem Paar Duellpistolen. Eventuell hatte der Admiral ja vor, ihn wegen seiner Unverschämtheit zu erschießen.
    »Staatsgeheimnisse der Admiralität«, flüsterte Lucy in Richtung seines Ellenbogens. »Noch nicht einmal Smythe hat einen Schlüssel.« Ihr ehrerbietiger Tonfall reizte Claremonts Jähzorn.
    Statt einer Pistole holte der Admiral eine alte, vergilbte Zeitung heraus. Ein wehmütiges Lächeln umspielte seine Lippen. »Das ist der Bericht, den Sie gemeint haben dürften. Ich fürchte, man hat meine Tapferkeit etwas übertrieben dargestellt. Ohne die standhafte Unterstützung meiner kommandierenden Offiziere hätte ich die Schlacht niemals lenken können.«
    Ohne Vorwarnung ließ der Admiral eine weitschweifige, detaillierte Schilderung jener Schlacht im Mittelmeer folgen, die seiner Karriere bei der Kriegsmarine ein Ende gesetzt hatte, und Lucy fing wieder wie eine Wahnsinnige zu schreiben an.
    Niemand hätte ahnen können, dass Gerard trotz seiner hingerissenen Miene und dem bewundernden Gemurmel kein einziges Wort mehr hörte. Seine ganze Aufmerksamkeit galt nur noch der glänzenden Schatulle, die offen auf dem Schreibtisch des Admirals stand.
     
    Spät am Abend saß Lucy am Frisiertisch und zog mit knisternden Strichen eine silberne Bürste, die einst ihrer Mutter gehört hatte, durchs Haar. Ihre Kopfhaut prickelte vor Vergnügen. Der Admiral war ausgegangen, um wieder einmal an einer der endlosen Strategiebesprechungen des Admiralsstabs teilzunehmen. Lucy sehnte jede Minute herbei, die sie allein für sich hatte. Aber ohne ihres Vaters strikte Zeitplanung kam sie sich auch ein wenig verloren vor. Und allein.
    Aber womöglich hatte sie auch die rastlose Energie ihres Leibwächters angesteckt. Die Angewohnheiten dieses Mannes hatten sie die ganze letzte Woche über amüsiert und irritiert. Er merkte niemals auf, wenn der Admiral zu sprechen anhob, sah niemals prüfend auf die Uhr und konsultierte niemals den Stundenplan, mit dem Smythe ihn Tag für Tag ausstattete.
    Er kam ständig zu spät, knotete sein Halstuch immer erst am Frühstückstisch und verlegte andauernd den Stundenplan. Lucy hatte die Liste schon an den unterschiedlichsten Stellen gefunden: im Salon unter dem Topf mit dem Farn; im Elchgeweih, das in der Bibliothek hing; und im Foyer, wo sie zum Dreispitz zusammengefaltet auf dem Kopf der Terrakotta-Büste thronte, die Vater kürzlich von sich selbst hatte anfertigen lassen. Das Einzige, was ihr Leibwächter wirklich effizient erledigte, war essen. Er schaufelte erstaunliche Mengen in sich hinein, als hätte er Angst, jemand nähme ihm den Teller weg, bevor er fertig war.
    Lucy hatte keinen blassen Schimmer, ob ihre süße Schreckensherrschaft von Erfolg gekrönt sein würde oder nicht. Mr. Claremont verkniff sich hinterhältig jede Andeutung von Protest, was Lucy jeglichen Triumphs beraubte. Seine Gleichgültigkeit ihr gegenüber wuchs, so dass ihr keine Wahl blieb, als immer irrwitzigere Forderungen an ihn zu stellen. Sie benahm sich vermutlich kindisch, aber so gewohnt, wie sie es war, bedingungslos zu gehorchen, konnte sie der kleinen, harmlosen Rebellion einfach nicht widerstehen.
    Als die Bürste sich in einer Strähne verhedderte, zuckte sie zusammen. Sie hatte ihr feines, blasses Haar immer gehasst. Es bedurfte der unbarmherzigsten Kämme, damit es nicht ständig entwischte, und verweigerte jede Andeutung einer Locke. Hätte sie einen modischen Bubikopf gewagt wie Sylvie, sie hätte wie eine knabenhafte Elfe ausgesehen.
    Sie schob die Kristallflaschen zur Seite und das Gewirr aus Haarbändern und betrachtete ihr Spiegelbild, als gehöre es einer Fremden. Der Admiral war schließlich nicht da, um sie für ihre Eitelkeit zu schelten, also nahm sie die glatten Haarfluten im Nacken zusammen und studierte ihre Gesichtszüge. Hohe Wangenknochen, eine scharf definierte Nase und ein Mund, der viel zu breit war für das zierliche Kinn. Und über allem ein Paar große Augen, die besser zu einem Schoßhündchen gepasst hätten. Oder zu einer Kurtisane.
    Seufzend ließ sie das Haar wieder um die Schultern fallen. Wie schade, so viele von Mutters Unarten geerbt zu haben, aber nichts von ihrer berühmt-berüchtigten Schönheit.
    Sie zog den

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