Verfuehrt von einem Highlander
Cams Stimme von der Tür her lenkte ihn ab.
»Du bist wach!« Cameron kam eilig ans Bett, Tamas folgte ihm auf den Fersen. »Ich war sehr besorgt, als du nicht gleich wieder zu Bewusstsein gekommen bist.«
»Hast du nicht gesehen, wie groß dieser Ochse war, der mich niedergeschlagen hat?«, fragte Tristan ungläubig.
»Er war gar nicht so schwer umzuhauen.« Sie alle schauten in einer Mischung aus Bewunderung und Sorge auf Tamas.
»Kommt!« Isobel winkte ihre Brüder zur Tür. »Lasst ihn schlafen! Wenn wir morgen Vormittag mit den Kaufleuten verhandeln wollen, wird er seinen Verstand brauchen.« Sie beugte sich noch einmal über Tristan, um ihm einen Gutenachtkuss zu geben. »Ich hätte diesem Kerl mit Tamas’ Stuhlbein eins über den Schädel gegeben, wenn er es gewagt hätte, mit irgendetwas anderem als seiner Faust auf dich loszugehen.«
Tristan grinste sie an, als sie vom Bett wegtrat, und er ignorierte den Schmerz, der von seiner aufgeplatzten Lippe ausging.
»Ich komme gleich nach«, sagte Cam zu ihr. »Ich möchte noch kurz mit Tristan reden.«
Isobel nickte und nahm Tamas an die Hand, um zu gehen.
Tristan hielt sie zurück. »Tamas, ich bin dankbar, dass du heute Abend auf meiner Seite gewesen bist.«
Wunder über Wunder, Tamas lächelte ihn an und schaute dann hoch zu seiner Schwester. »Ich habe Durst«, beklagte er sich, bevor sie die Tür hinter sich schloss.
Als sie allein waren, blieb Cameron eine Weile schweigsam und nachdenklich, während Tristan sich aufrichtete und auf die Bettkante setzte.
»Hölle, ich hasse das Trinken!«
»Tristan? Wirst du dein Wort halten und sie heiraten?«
»Natürlich. Ich halte immer mein Wort.«
Als Cameron vor ihm auf und ab zu gehen begann, musste Tristan den Blick abwenden, damit das Zimmer sich nicht um ihn drehte. »Wenn es meine Familie ist, um die du dir Sorgen machst, dann sei versichert, dass ich mit meinen Leuten zurechtkommen werde. Mein Vater ist nicht so gnadenlos, wie ihr alle glaubt. Ihr wärt erstaunt zu erfahren, wen mein Bruder Rob vor Kurzem heim nach Camlochlin gebracht und zu seiner Frau gemacht hat. Zerbrich dir nicht den Kopf über diese Dinge, ich werde alle Hindernisse aus der Welt schaffen!«
Tristan war dankbar, als Cam aufhörte, hin und her zu gehen – und das Zimmer mit ihm stehen blieb. Doch jetzt, da er so still wie ein Pfahl dastand und Tristan ansah, zeigte sich so etwas wie Furcht in Camerons Augen.
»Tristan – es gibt etwas, das ich dir sagen muss. Bevor du meine Schwester heiratest, musst du die Wahrheit kennen.«
Tristan stand mühsam auf und ging zu ihm. »Um was geht es?«
»Ich kann es nicht länger für mich behalten. Wann immer du von ihm sprichst, ist die Last schwerer für mich zu ertragen, und jetzt ist es nicht nur wegen meines Vaters, sondern auch seinetwegen.«
»Von wem sprichst du?«
»Von deinem Onkel, dem Earl. Ich war es, der ihn getötet hat. Mein Vater hat das Schwert für etwas empfangen, das ich getan habe.«
Tristan blieb stehen. Er hielt den Atem an. Binnen eines Augenblicks drangen die Bilder wieder auf ihn ein: sein Onkel, der reglos auf dem mit Binsen bestreuten Boden der Burg Campbell lag, seine Mutter und seine Tante, die vor Kummer weinten, sein Vater, der schwor, jeden Fergusson bis zum letzten Mann zu töten. Tristan schüttelte den Kopf. Nein, dafür konnte doch Cameron nicht verantwortlich sein! »Das Leben, das ich hatte, endete an jenem Tag.«
Cam schloss die Augen, er war unfähig, ihn anzusehen. »So wie meines.«
Tristans gefror das Blut in den Adern. Er wollte dieses schreckliche Geständnis nicht hören, nicht von einem Jungen, den er wie einen Bruder zu lieben begonnen hatte. Er wollte nicht an die Schuld denken, die Cameron seit über einem Jahrzehnt mit sich herumschleppte. Tristan fühlte seinen eigenen Schmerz wieder an die Oberfläche emporsteigen, von dem Ort, an dem er ihn seit jener schicksalhaften Nacht verwahrt hatte. Er hatte so viel verloren, und der Mann, der es ihm genommen hatte, stand jetzt vor ihm.
Tristan packte Cameron mit beiden Händen am Hemd und zerrte ihn näher.
»Ich …« Isobels Bruder versuchte nicht, der Wut zu entkommen, die er in Tristans Augen sah. Stattdessen wandte er den Blick ab, bereit, seine Strafe entgegenzunehmen.
Sie kam nicht. Denn Tristan hatte angefangen zu überlegen, wie alt Cameron damals gewesen war. Ein Kind noch! Zu jung, um überhaupt zu wissen … »Ach zur Hölle, Cam!« Tristan ließ Camerons Hemdbrust los und
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