Verfuehrt von einem Highlander
zog Isobels Bruder stattdessen in seine Arme. »Vergib mir!«
»Nein, Bruder, ich bin es, der Vergebung braucht. Ich bin es, der dir … deiner Familie einen so guten Menschen geraubt hat.«
Tristan ließ ihn los und setzte sich auf das Bett. Du lieber Gott, wenn sein Vater das je erfuhr … »Wie ist es passiert?«
»Es war dunkel.« Camerons Stimme bebte vor Qual, als er die schreckliche Wahrheit über seine Lippen brachte und sie sich vom Herzen redete. »Mein Vater schrie irgendetwas. Ich hatte Angst, dass die Männer, die aus dem Turm gelaufen kamen, ihn umbringen würden. Ich wollte niemanden töten.«
Tristan wusste in diesem Augenblick, dass die edlen Überzeugungen, die sein Onkel ihn gelehrt hatte, die richtigen waren. Er hatte recht gehabt, was diese Fehde betraf, er hatte recht gehabt mit seiner Ablehnung, Rache zu nehmen. »Du warst ein kleiner Junge«, erwiderte er ruhig. »Es war nicht deine Schuld.«
»Ich verstehe es, wenn du es deinem Vater sagen musst. Aber Isobel … sie hat Angst.«
Tristan schaute zur Tür. Sie hatte Angst gehabt, dass er es herausfinden und sofort zu seinem Vater gehen und es ihm sagen würde. Ihre Vorsicht in Bezug auf ihn, ihr Misstrauen … all das machte jetzt Sinn. Isobel hatte geglaubt, er wäre hinter dieser Wahrheit her. Sie hatte recht daran getan, sie vor ihm zu verbergen. Er, Tristan, hätte noch stärker versucht, sie nicht zu lieben, hätte er gewusst, dass die Wut seines Vaters auf ihre Familie durch dieses Geheimnis neu entfacht werden könnte. Callum MacGregor hatte die sieben Männer der Fergussons getötet, die er in jener Nacht auf der Burg Campbell gesehen hatte. Er hatte sie allein dafür getötet, dass sie dabei gewesen waren. Was würde er unternehmen, wenn er herausfand, dass derjenige noch lebte, dessen Pfeil das Herz seines Schwagers durchbohrt hatte und das von dessen Frau gleich mit? Und hatte nicht auch Tristans Mutter das Recht zu erfahren, wer ihren Bruder getötet hatte?
Tristan hatte diese Aufgabe in Angriff genommen, um seine Ehre zu finden und den Schmerz zu beenden, den beide Familien erlitten hatten. Er hatte so viel mehr gefunden. Und er wollte wegen dieses tragischen Ereignisses niemals wieder jemanden verlieren, den er liebte. Seine Reise war noch nicht zu Ende, sie war, im Gegenteil, noch schwieriger geworden.
Wenn wahre Ehre so leicht zu erreichen wäre, Tristan , dann hätten die meisten Männer sie schon längst erworben, wisperte die geduldige Stimme seines Onkels durch seine Gedanken.
Tristan wollte sich eben wieder Cameron zuwenden, als die Tür zu seinem Zimmer aufgestoßen wurde. Tamas stand auf der Schwelle, er hielt seine Schleuder in der Hand. Seine Augen waren weit aufgerissen und zeigten einen Ausdruck von Angst und Aufregung zugleich.
»Ihr kommt besser ganz schnell mit. Euer Vater ist eben hier eingetroffen.«
Kapitel 34
I ch frage Euch noch einmal, Miss Fergusson. Wo ist mein Sohn?«
Isobel schaute hoch, entlang an der breiten, von einem Highland-Plaid bedeckten Brust, entlang eines Kinns, das wie aus Granit gemeißelt und ebenso unbeugsam war, hin zu harten, blaugoldenen Augen, die ihre Seele verbrannten. Augen, die die Träume ihrer Kindheit mit Entsetzen erfüllt hatten.
»Ist er …« Der mächtige Chief der MacGregors schwieg einen Moment und sprach die Worte aus, die ihm offensichtlich so schwer fielen. »Ist er noch am Leben?«
Isobel stolperte fast über ihre Füße, als sie versuchte, vor ihm zurückzuweichen. Das Getränk, das sie für Tamas geholt hatte, spritzte auf ihr Kleid. Eine große Hand aus dem Nirgendwo zu ihrer Rechten stützte sie, bevor sie fiel.
»Vorsicht, Mädchen!«
Die Stimme ihres Retters klang wie die Tristans. Es waren dieselben ersten Worte, die Tristan an jenem allerersten Morgen im Garten des Königs zu ihr gesagt hatte, aber dieser Mann war größer und breiter, und er war weniger entzückt, sie zu sehen, als Tristan es gewesen war.
»Wir wollten Euch nicht so überfallen.« Obwohl seine Worte recht freundlich klangen, waren seine tiefdunkelblauen Augen so hart wie die des Teufels Callum MacGregor und blitzten sie an.
Sein Bruder. Dies musste Rob MacGregor sein, der älteste der Söhne des Teufels. Aber wer waren die beiden anderen Highlander, die sich jetzt von ihren Stühlen erhoben? Und wo waren die übrigen Gäste? Vermutlich waren sie beim Anblick des furchterregenden Chiefs um ihr Leben gerannt.
»Miss Fergusson …« Seine tiefe Stimme drang wie grollender
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