Verfuehrt von einem Highlander
Tristan MacGregor zu verschwenden. Nachdem sie eine Stunde lang Löcher gegraben und dabei unablässig an Gräber gedacht hatte, die sie ebenso gut für sich graben könnte, wenn sie nicht aufhörte, Tristan aus ihrem Bewusstsein zu verbannen, fühlte sie sich elend. Warum um alles in der Welt konnte sie nicht in seiner Nähe sein, ohne ständig festzustellen, wie attraktiv er war? Sie wünschte, er würde schnell ganz gesund werden und sich davonmachen.
»Warum hast du ihm angeboten, sich an unser Feuer zu setzen?«, fragte sie Patrick, als er zu ihr kam und ihr die Schaufel aus der Hand nahm. Es waren ihre Brüder, auf die sie ganz besonders aufpassen musste. Sie wären zu leichte Beute für Tristans Überredungskünste. Ihm zu vertrauen könnte sie das Leben kosten.
»Da er noch nicht ganz gesund ist, wird sein Körper anfällig für Kälte sein«, entgegnete Patrick. »Willst du, dass er krank wird und noch länger hierbleibt?«
Isobel konnte gegen diese Logik nichts einwenden. »Trotzdem – wir dürfen nicht vergessen, wer er ist und was ihn höchstwahrscheinlich hierhergeführt hat.«
»Er wird nicht bekommen, was er von mir will, Bel«, versicherte Patrick ihr.
»Und von mir auch nicht«, versprach sie.
Er lächelte und umarmte sie liebevoll. »Geh zurück zum Haus! Nimm John mit und …«
»Nein. Ich lasse dich mit der vielen Arbeit hier nicht allein.«
»Es ist nicht mehr viel zu tun«, beharrte Patrick. »Du siehst ein wenig blass aus, und ich möchte nicht, dass du dich überanstrengst. Geh jetzt! Wir anderen werden bald nachkommen.«
Mit John an ihrer Seite verließ Isobel das Feld und dachte dabei an Alex. Ihr Bruder sollte verflucht dafür sein, dass er in England geblieben war, obwohl er hier gebraucht wurde! Andererseits jedoch – wäre Alex derjenige gewesen, der Tristan verletzt und hilflos auf ihrem Land gefunden hätte, hätte er ihn vermutlich mit Freuden umgebracht.
Tristan. Sie schaute zum Haus. Er lebte und atmete und lag, so hoffte sie, in seinem Bett und schlief. Das Haus war still, und die Flure lagen verlassen da, als sie es betrat, aber sie konnte Tristans Anwesenheit spüren, sie überall um sich herum wahrnehmen, wie eine Löwin, die den Geruch ihres Gefährten aufnahm. Isobel spähte zur Treppe; John verschwand in der Küche.
Langsam ging sie den dämmrigen Korridor hinunter auf die Wohnstube zu. Das Knistern des Kaminfeuers wurde lauter, als sie näher kam. Isobel war sich nicht sicher, was sie zum Wohnzimmer trieb oder warum sie nicht hinauf in ihr Zimmer ging. Sie hatte nicht die Absicht, mit Tristan zu reden, falls er wach war. Sie war viel zu müde, um sich auf einen verbalen Schlagabtausch mit ihm einzulassen. Die Tür zur Wohnstube stand einen Spaltbreit offen, durch den Wärme und goldenes Licht auf den Korridor fielen. Sie schaute hinein. Er war dort, vor dem Feuer, ihren Augen teilweise durch die Tür und von der hohen Rückenlehne von Patricks Stuhl verborgen, in dem er saß.
Isobel wollte hineinstürmen und ihm befehlen, vom Stuhl des Chieftains aufzustehen. Doch etwas in ihr weigerte sich, auch nur einen Schritt zu tun oder zu blinzeln oder zu atmen. Verdammt, aber sein Profil, das sich scharf gegen den Feuerschein abhob, sah so unglaublich gut aus! Sie fragte sich, woran er dachte, während er in die Flammen starrte, als wäre die Antwort auf alle Geheimnisse des Lebens darin zu finden.
Ihre Geheimnisse.
»Was machst du da, Isobel?«
Sie wirbelte herum und starrte John vorwurfsvoll an.
»Was hab ich denn getan?«, fragte er und schaute an ihr vorbei in das Zimmer. Als er Tristan dort erblickte, zog er sich zurück, schaute zu ihr hoch und sah wieder zur Tür. »Nun«, meinte er, als er einen Schluss zog, von dem Isobel überzeugt war, es war der falsche, »wir sollten jetzt hineingehen.«
Sie konnte es nicht. Sie wollte nicht hineingehen und sehen, wie Tristan sich über ihre Verlegenheit amüsierte. Aber sie wollte John auch nicht allein dort hineinschicken, zu groß war ihre Angst, welche Fragen Tristan ihm stellen könnte. Ohne eine andere Wahl zu haben, als ihrem Bruder zu folgen, strich sie ihre Röcke glatt und straffte die Schultern. »Wir bleiben aber nur für einen Moment.«
John nickte und ging an ihr vorbei. Er verschwand im Zimmer, ehe Isobel Zeit hatte, sich zu sammeln.
Verdammt. Sie zwang sich vorwärts, setzte einen Fuß vor den anderen. Tristan erhob sich, als sie über die Schwelle trat. Er musste gewusst haben, dass sie vor der Tür
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