Verfuehrt von einem Traumprinzen
eilte Erin zu ihm hinüber, um ihn zu trösten. „Bald, mein Schatz, bald“, beruhigte sie ihn und wickelte ihre Jacke um ihn.
„Zahir und ich werden mit der Eisenbahn spielen, wenn wir zurückkommen.“
„Das ist großartig.“ Sie schenkte dem kleinen Jungen ein Lächeln, krampfhaft bemüht, ihm ihre Angst nicht zu zeigen. Ganz sicher konnte sie ihm nicht verraten, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie zurückfinden sollten.
Schon bald war Kazim tief und fest eingeschlafen. Erin legte ihren Arm um ihn. Bis zum Morgengrauen konnte sie nichts anderes tun als warten. Doch während die Zeit quälend langsam verstrich, wurde ihr klar, dass Zahir ihr Verschwinden mittlerweile wohl bemerkt haben musste.
Vermutlich machte er sich bereits furchtbare Sorgen um seinen Neffen.
Plötzlich erregte etwas ihre Aufmerksamkeit. Sie riss die Augen auf und starrte in die Dunkelheit hinaus. Ihr Herz begann zu rasen, als sie in der Ferne Lichter entdeckte. Nein, das war keine Einbildung – die Lichter kamen näher! Schon bald erkannte sie, dass es sich um drei Fahrzeuge handelte. Erleichterung erfasste sie. Zahir musste einen Suchtrupp organisiert haben. Doch schon bald mischte sich in ihre Freude deutliche Beklommenheit. Wie er wohl reagieren würde? Zweifellos wäre er furchtbar wütend – was sie ihm nicht mal verdenken konnte.
Nur wenige Minuten später hielten drei schwere Geländewagen vor ihr, und Zahir sprang aus dem ersten Fahrzeug. Erin stieg rasch aus. Obwohl sie auf seinen Zorn gefasst war, schrak sie doch vor seinem mörderischen Blick zurück. Wortlos hob er den immer noch schlafenden Kazim aus dem Wagen. Mitglieder der Palastwache bauten sich um sie herum auf und blickten sie drohend an. Zahir richtete ein paar Worte auf Arabisch an sie, ehe er den Jungen auf den Rücksitz des Geländewagens platzierte, wo seine Nanny bereits auf ihn wartete.
Erin erhaschte einen kurzen Blick auf Bismas besorgtes Gesicht, doch die junge Frau schaute absichtlich in eine andere Richtung. Die Wachen stiegen in die beiden Wagen ein und brausten im nächsten Moment mit Kazim davon – jetzt war Erin ganz allein mit Zahir.
„Steig ein.“ Er öffnete die Tür seines Wagens, und sie gehorchte rasch. Es war sein gutes Recht, die Beherrschung zu verlieren, ja, sie anzuschreien, doch er blieb beängstigend ruhig, als er neben sie auf den Fahrersitz kletterte und den Motor startete.
Das Schweigen zehrte an ihren Nerven, die ohnehin schon zum Zerreißen gespannt waren. „Es tut mir leid, dass ich den Wagen beschädigt habe“, gab sie leise von sich, als klar wurde, dass er die Absicht hegte, sie während der gesamten Rückfahrt zum Palast zu ignorieren. „Mir war bewusst geworden, dass ich den falschen Weg nach Al Razir eingeschlagen hatte und wollte umkehren.“ Sie hielt inne, dann fügte sie leise hinzu: „Du wirst mir vermutlich nicht glauben, aber ich wollte Kazim wirklich zum Palast zurückbringen.“
Als Zahir nichts erwiderte, gab sie seufzend auf. In weiter Ferne sah sie die Lichter der anderen beiden Fahrzeuge, doch an der Weggabelung angekommen, bog Zahir in die entgegengesetzte Richtung ab.
Erin war verwirrt, und sie wurde misstrauisch. „Wohin fahren wir? Der Palast liegt doch linker Hand, oder?“
Endlich ließ sich Zahir dazu herab, ihre Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen, indem er ihr einen kurzen, harten Blick zuwarf. Genauso schnell schaute er wieder weg, ganz so als könne er ihren Anblick nicht ertragen. „Ich bringe dich nach Al Razir“, sagte er so kalt, dass Erin das Blut in den Adern gefror. „Von dort aus wird man dich zum Flughafen bringen. Es ist ein Platz in der nächsten Maschine nach England für dich gebucht.“
Reine Panik ergriff Erin. „Aber was ist mit Kazim?“, wisperte sie.
„Er wird zum Palast zurückgefahren“, versetzte Zahir immer noch im selben eisigen Ton. „Wie ich bereits mehrfach erklärte, ist sein Zuhause hier in Qubbah.“ Plötzlich war es mit seiner eisernen Beherrschung vorbei, und er explodierte. „Ich kann einfach nicht fassen, dass du einfach mit ihm in die Wüste hinausgefahren bist. Dein Verhalten war schlicht dumm und unverantwortlich. Gott sei Dank werde ich dich nie wieder sehen müssen, wenn du erst einmal in England bist!“
„Ich gehe nicht ohne Kazim!“, schrie Erin panisch. „Ich habe dir bereits mehrfach gesagt, dass ich ihn niemals hier zurücklassen werde.“ In ihrer Verzweiflung umklammerte sie Zahirs Arm. Das Auto geriet ins Schlingern, er
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