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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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totalem Vergessen. „Der ist gut. Ich glaube, mein Onkel hat ihn aufgespart.“ Er schaute auf die Flasche und blinzelte. „Aber nicht für das hier, könnte ich mir vorstellen.“
    Am Fenster standen ein paar Kristallgläser, daher ging Thomas hinüber und holte sich eines. Irgendwie kam es ihm überhaupt nicht seltsam vor, dass er jetzt hier war und Brandy mit dem Mann trank, der ihm im Lauf der nächsten Stunden alles bis auf seine Seele nehmen würde.
    Er setzte sich Jack gegenüber und stellte das Glas auf ein niedriges Tischchen, das zwischen den beiden Ohrensesseln stand. Jack nahm das Glas und schenkte ihm großzügig ein.
    Thomas nahm den Brandy und trank. Er war gut. Warm und weich und dem, was er jetzt brauchte, so nah, wie es nur irgend ging. Er nahm noch einen Schluck, beugte sich vor, stützte die Unterarme auf den Oberschenkeln auf und sah aus dem Fenster. Dankbar stellte er fest, dass es nicht auf den Rasen hinausging, auf dem er Amelia geküsst hatte. „Die Morgendämmerung ist nicht mehr weit“, meinte er.
    Jack sah ebenfalls aus dem Fenster in die Nacht. „Ist denn schon irgendwer aufgewacht?“, fragte er.
    „Ich habe nichts gehört.“
    Eine Weile saßen sie schweigend da. Thomas ließ sich Zeit mit seinem Brandy. In letzter Zeit hatte er viel zu viel getrunken. Dafür hatte er zwar eine ganz gute Entschuldigung – besser als die meisten anderen. Aber ihm gefiel nicht, in was für einen Menschen er sich verwandelte. Grace … Nüchtern hätte er sie nie geküsst.
    Er würde seinen Namen verlieren, seine Stellung, all seine Besitztümer. Da brauchte er nicht auch noch seine Würde und sein Urteilsvermögen dranzugeben.
    In erstaunlich behaglichem Schweigen lehnte er sich zurück und beobachtete Jack. Allmählich kam er zu dem Schluss, dass sein neuer Vetter mehr zu bieten hatte, als er anfangs gedacht hatte. Jack würde seine Pflichten ernst nehmen. Natürlich würde er auch Fehler machen, das hatte er selbst auch. Möglich, dass der Besitz unter Jack nicht gerade blühte und gedieh, aber er würde ihn auch nicht völlig herunterwirtschaften.
    Das genügte. Es musste genügen.
    Thomas sah, wie Jack die Flasche Brandy hob, um sich nachzugießen. Doch als die ersten Tropfen ins Glas schwappten, hielt er abrupt inne und richtete die Flasche wieder auf. Er sah hoch und sah Thomas mit unerwarteter Klarheit in die Augen.
    „Haben Sie je das Gefühl, auf dem Präsentierteller zu sitzen?“
    Thomas hätte am liebsten gelacht. Stattdessen verzog er keine Miene. „Andauernd.“
    „Wie ertragen Sie das nur?“
    Er dachte kurz nach. „Ich kenne es nicht anders.“
    Jack schloss die Augen und rieb sich die Stirn. Für Thomas sah es fast so aus, als versuchte er, eine Erinnerung auszumerzen.
    „Heute wird es fürchterlich“, meinte Jack.
    Thomas nickte langsam. Es war eine treffende Beschreibung.
    „Das wird ein verdammtes Affentheater.“
    „Allerdings.“
    Untätig saßen sie da, und plötzlich schauten sie beide in genau demselben Moment auf. Ihre Blicke trafen sich, und dann blickte Thomas zur Seite, zum Fenster.
    Nach draußen.
    „Sollen wir?“, fragte Jack.
    „Bevor die anderen …“
    „Jetzt sofort.“
    Thomas setzte sein halb leeres Glas Brandy ab und stand auf. Er blickte zu Jack, und zum ersten Mal spürte er eine gewisse Verbundenheit. „Reiten Sie voran.“
    Es war merkwürdig, aber als sie aufs Pferd stiegen und davonritten, konnte Thomas das leichtherzige Gefühl in der Brust endlich benennen.
    Es war Freiheit.
    Er wollte Wyndham nicht unbedingt aufgeben. Es war …
    Wyndham war er. Er war Wyndham.
    Aber das hier war herrlich. Sich heimlich davonzumachen, durch den aufdämmernden Morgen zu reiten …
    Vielleicht bestand er ja nicht nur aus seinem Namen, seinem Titel. Vielleicht ging er am Ende doch noch als ganzer Mensch aus alledem hervor.

19. KAPITEL
    Thomas fand den Ritt nach Maguiresbridge überraschend angenehm. Nicht dass er erwartet hätte, dass die Landschaft anders als reizvoll sein könnte, aber die Umstände erlaubten eigentlich keinen positiven Ausblick. Und was Jack anging – er schien nicht sonderlich gesprächsbereit, versorgte ihn aber hin und wieder mit diversen heimatkundlichen Informationen.
    Jack war gern hier aufgewachsen, wurde Thomas klar. Nein, er hatte es geliebt. Seine Tante war eine großartige Frau, es gab kein anderes Wort, das sie beschreiben konnte. Bestimmt war sie Jack eine wunderbare Mutter gewesen. Für ein Kind war Cloverhill bestimmt ein

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