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Verführt von einer Lady

Verführt von einer Lady

Titel: Verführt von einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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zu hören“, erklärte Thomas. „Wollen Sie jetzt mit uns allen zu Abend essen?“
    Grace wandte sich zur Herzoginwitwe, die vor Zorn feuerrot geworden war.
    „Sie habgierige kleine Hure!“, zischte sie. „Glauben Sie etwa, ich wüsste nicht, was Sie sind? Glauben Sie, ich würde Sie je wieder in meinem Haus dulden?“
    Thomas wollte schon eingreifen, als er merkte, dass Grace die Situation weitaus souveräner bewältigte, als er je gekonnt hätte.
    Mit ruhiger, ungerührter Miene sagte sie: „Eben wollte ich Ihnen für den Rest der Reise meine Dienste anbieten, da ich nicht im Traum daran denken würde, meinen Posten ohne rechtzeitige und ordentliche Kündigung zu verlassen, aber ich glaube, ich habe es mir anders überlegt.“ Dann wandte sie sich an Amelia. „Darf ich heute Nacht das Zimmer mit dir teilen?“
    „Natürlich“, erwiderte Amelia sofort. Sie hängte sich bei Grace ein. „Komm, gehen wir zum Abendessen.“
    Es war ein großartiger Abgang, befand Thomas und folgte den beiden, selbst wenn er das Gesicht seiner Großmutter dabei nicht sehen konnte. Aber er konnte es sich gut vorstellen, feuerrot und nach Luft schnappend. Ein kühleres Klima würde ihr guttun. Wirklich. Er würde dem neuen Herzog einen Tipp geben müssen.
    „Das war großartig!“, sagte Amelia begeistert, sobald sie das Speisezimmer erreicht hatten. „Ach, du liebe Güte, Grace, bestimmt bist du vor Freude außer dir.“
    Grace wirkte eher benommen. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“
    „Sie brauchen gar nichts zu sagen“, versicherte ihr Thomas. „Lassen Sie sich einfach das Essen schmecken.“
    „Oh, das werde ich.“ Zu Amelia gewandt, sagte sie, und sie sah dabei aus, als könnte sie jeden Augenblick in Gelächter ausbrechen: „Wahrscheinlich wird das die beste Hammelpastete sein, die ich je gekostet habe.“
    Und dann begann sie tatsächlich zu lachen. Sie lachten alle. Sie speisten zu dritt zu Abend, und dabei hörten sie nicht auf zu lachen.
    Als Thomas an diesem Abend einschlief, taten ihm vor Lachen immer noch die Seiten weh. Er konnte sich nicht entsinnen, jemals einen schöneren Abend erlebt zu haben.
    Auch Amelia hatte das Abendessen genossen. So sehr, dass sie die Spannungen am nächsten Morgen wie einen kalten Guss empfand. Sie hatte gedacht, sie sei früh aufgestanden; Grace schlief immer noch tief und fest, als sie aus dem Zimmer schlüpfte, um zum Frühstücken zu gehen. Aber als sie den Speiseraum des Gasthofs betrat, saß ihr Vater schon dort, ebenso die Herzoginwitwe. Sie konnte sich nicht mehr davonschleichen, die beiden hatten sie bereits gesehen, und außerdem hatte sie einen Bärenhunger.
    Sie würde die Vorträge ihres Vaters (die in letzter Zeit an Häufigkeit und Länge zunahmen) wohl ertragen können, ebenso das Gift der Herzoginwitwe (das schon immer reichlich vorhanden gewesen war), wenn das bedeutete, dass sie sich auf den Teller häufen durfte, was immer da so herrlich von der Anrichte herüberduftete.
    Eier vermutlich.
    Sie lächelte. Zumindest fand sie immer noch etwas, worüber sie sich freuen konnte. Das zählte doch auch etwas.
    „Guten Morgen, Amelia“, sagte ihr Vater, als sie sich mit ihrem Teller zu ihnen setzte.
    Sie nickte ihm höflich zu. „Vater.“ Dann sah sie zur Herzoginwitwe. „Euer Gnaden.“
    Die Herzoginwitwe spitzte die Lippen und stieß ein Geräusch aus, begrüßte sie aber sonst nicht weiter.
    „Hast du gut geschlafen?“, erkundigte sich ihr Vater.
    „Sehr gut, danke“, erwiderte sie, obwohl das nicht ganz stimmte. Sie und Grace hatten sich ein Bett geteilt, und Grace hatte sich ziemlich herumgewälzt.
    „In einer halben Stunde reisen wir ab“, sagte die Herzoginwitwe energisch.
    Amelia hatte sich gerade eine Gabel Eier in den Mund geschoben und blickte kauend zur Tür, wo sich jedoch niemand zeigte. „Ich glaube nicht, dass die anderen schon so weit sind. Grace liegt noch …“
    „Sie geht uns nichts an.“
    „Ohne die beiden Herzöge können Sie nicht aufbrechen“, erklärte Lord Crowland.
    „Soll das etwa witzig sein?“, herrschte die Herzoginwitwe ihn an.
    Lord Crowland zuckte mit den Schultern. „Als was soll ich sie denn sonst bezeichnen?“
    Amelia wusste, dass sie sich darüber eigentlich hätte empören müssen. Alles in allem betrachtet, war das eine ziemlich herzlose Bemerkung. Aber ihr Vater hatte das so beiläufig gesagt, und die Herzoginwitwe ärgerte sich so sehr, dass sie beschloss, sich lieber darüber zu

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