Verführt von einer Lady
habe Glück, dass wir so gutes Wetter haben. Die See soll sonst weitaus strenger sein, heißt es. Der Kapitän hat gesagt, die Überfahrt von Liverpool nach Dublin sei oft schwieriger als eine Reise in die Karibik.“
Ihre Augen leuchteten interessiert auf. „Das kann nicht sein.“
Thomas zuckte mit den Schultern. „Ich wiederhole nur, was er mir gesagt hat.“
Sie überlegte einen Moment und meinte dann: „Wissen Sie, dass das hier meine weiteste Reise bisher ist?“
Er rückte ein Stückchen näher. „Meine auch.“
„Wirklich?“ In ihrer Miene malte sich Überraschung.
„Wo hätte ich denn hinfahren sollen?“
Amüsiert beobachtete er, wie sie sich das durch den Kopf gehen ließ. In ihrem Gesicht zeigten sich die verschiedensten Empfindungen, und schließlich sagte sie: „Sie mögen Geografie doch so gerne. Ich hätte gedacht, dass Sie schon weite Reisen unternommen haben.“
„Das hätte ich gerne.“ Er sah zu, wie die Sonne im Meer versank. Für seinen Geschmack ging es viel zu schnell. „Ich hatte zu Hause wohl zu viele Pflichten.“
„Werden Sie reisen, wenn …“ Sie unterbrach sich, und er konnte sich ihre Miene auch vorstellen, ohne sie anzusehen.
„Wenn ich nicht der Herzog bin?“, beendete er den Satz für sie.
Sie nickte.
„Vermutlich.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wohin, das weiß ich noch nicht.“
Lebhaft wandte Amelia sich an ihn. „Ich wollte schon immer mal nach Amsterdam reisen.“
„Wirklich?“ Er schien überrascht. Vielleicht sogar interessiert. „Warum?“
„Wegen all der wunderbaren Gemälde. Und der Kanäle.“
„Die meisten Leute fahren nach Venedig, wenn sie Kanäle sehen wollen.“
Das wusste sie natürlich. Vielleicht war dies auch der Grund, warum es sie nicht dorthin zog. „Ich möchte Amsterdam sehen.“
„Dann hoffe ich, dass Ihnen dieser Wunsch erfüllt wird“, sagte er. Er legte eine kurze, bedeutungsvolle Pause ein. Leise fuhr er schließlich fort: „Jeder sollte wenigstens einen Traum im Leben verwirklichen dürfen.“
Amelia sah ihn an. Und begegnete einem sehr zärtlichen Blick. Er hätte ihr beinahe das Herz gebrochen. Was davon noch übrig war. Rasch sah sie wieder weg. Sie konnte es nicht ertragen. „Grace ist nach unten gegangen“, sagte sie.
„Ja, das haben Sie bereits erwähnt.“
„Oh.“ Wie peinlich. „Ja, natürlich. Der Fächer.“ Er antwortete nicht, und so fügte sie hinzu: „Es ging auch noch um Suppe.“
„Suppe“, wiederholte er kopfschüttelnd.
„Ich konnte die Botschaft nicht entschlüsseln“, räumte Amelia ein. Er lächelte ironisch. „Also, um diese Pflicht tut es mir wahrlich nicht leid.“
In Amelias Kehle stieg leises Lachen auf. „Oh, tut mir leid“, sagte sie rasch und versuchte es zu bezwingen. „Das war furchtbar unhöflich von mir.“
„Keineswegs“, versicherte er ihr. Er schob sein Gesicht ein Stückchen näher an ihres heran; seine Miene war schrecklich verschwörerisch. „Glauben Sie, Audley hat die Nerven, sie fortzuschicken?“
„Sie haben es nicht getan.“
Er hob die Hände. „Sie ist meine Großmutter.“
„Seine doch auch.“
„Ja, aber er kennt sie noch nicht, der Glückspilz.“ Er beugte sich vor. „Ich habe die Äußeren Hebriden vorgeschlagen.“
„Ach, hören Sie auf.“
„Doch!“, beharrte er. „Ich habe zu Audley gesagt, dass ich mit dem Gedanken spiele, dort ein Anwesen zu kaufen, damit ich sie dort aussetzen kann.“
Diesmal unterdrückte sie das Lachen nicht. „Wir sollten nicht so von ihr sprechen.“
„Warum nur“, überlegte er, „spricht jeder, den ich kenne, von mürrischen alten Damen, unter deren rauer Schale ein Herz aus Gold schlägt?“
Amüsiert sah sie ihn an.
„Bei meiner Großmutter ist das nicht so“, erklärte er, fast als könnte er nicht fassen, wie ungerecht das war.
Sie unterdrückte ein Lächeln. „Nein.“ Sie gab auf, schluckte und begann zu grinsen. „Wirklich nicht.“
Er sah sie an, ihre Blicke verfingen sich, und dann fingen sie beide an zu lachen.
„Sie ist jämmerlich“, sagte Thomas.
„Sie kann mich nicht leiden“, sagte Amelia.
„Sie kann überhaupt niemanden leiden.“
„Ich glaube, sie mag Grace.“
„Nein, sie verachtet sie nur eine Spur weniger, als sie alle anderen verachtet. Sie mag ja nicht mal Mr. Audley, auch wenn sie unermüdlich darum kämpft, ihm den Titel zuzuschanzen.“
„Sie mag Mr. Audley nicht?“
„Er jedenfalls verabscheut sie aus tiefstem Herzen.“
Sie
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