Verfuehrt von so viel Zaertlichkeit
die Wunde zusammenzudrücken. Er war völlig außer sich. “Wie haben Sie das nur gemacht? Der Finger muss sofort genäht werden. Ich rufe besser gleich den …”
“Gabriel”, beruhigte ihn Jane, “es ist doch nur ein kleiner Schnitt, So etwas lässt sich in meinem Beruf nun einmal nicht vermeiden.” Sie bemühte sich, das Problem herunterzuspielen und unbeschwert zu klingen, obwohl sie es nicht war. Mochte die Verletzung auch nicht weiter schlimm sein, so war sie doch lästig, da dauernd Wasser daran kam und deshalb weder ein Verband noch ein Pflaster lange hielten.
Das war ausgesprochen unangenehm, zumal die kommenden Wochen die arbeitsreichsten im ganzen Jahr waren. Jane konnte sich nicht erinnern, wann ihr eine derartige Ungeschicklichkeit das letzte Mal passiert war. Die Erklärung für ihre Unachtsamkeit war jedoch einfach: Gabriel hatte von seiner Frau gesprochen …
“In dem Hängeschrank über dem Geschirrspüler liegt Verbandzeug”, informierte sie ihn und ließ kaltes Wasser über den verletzten Finger laufen. Sobald sie ihn abgetrocknet hatte, klebte ihr Gabriel ein Pflaster auf den Schnitt.
“Ich habe keine Frau mehr, Jane”, sagte er leise und betrachtete sie aufmerksam.
Er glaubte also, das wäre es, was sie so erschreckt hatte: die Angst, sich mit einem möglicherweise verheirateten Mann einzulassen.
Vielleicht war es ganz gut so.
“Das freut mich zu hören. Denn sonst wäre es ein herber Schlag für die arme Evie. Man würde ihr ihre Illusionen nehmen.”
Gabriel drehte sich abrupt um und beschäftigte sich wieder mit der Sauce. “Meine Frau ist gestorben”, sagte er schließlich kurz angebunden.
Seinem Verhalten nach zu urteilen, musste ihn die Erinnerung an Jennifers Tod immer noch schmerzen, Jennifer schien ihn zwar nicht glücklich gemacht zu haben, aber aus eigener Erfahrung wusste Jane, dass man auch einen Menschen lieben konnte, der es eigentlich nicht verdient hatte.
Und Jennifer Vaughan war keine liebenswerte Frau gewesen -
schön und charmant, aber gefährlich, getrieben von dem zwanghaften Verlangen, jeden Mann, dem sie begegnete, in ihren Bann ziehen zu wollen. Sie dagegen hatte sich nicht festlegen wollen, hatte jede Art von Verpflichtung abgelehnt. Nur einem Mann war es gelungen, dauerhafte Gefühle in ihr zu wecken. Gabriel Vaughan.
Sie hatte schon immer gewusst, dass seine Beziehung zu Jennifer sehr problematisch gewesen war, und seine Äußerungen hatten dies mehr als bestätigt. Dennoch war Jane sich ganz sicher, dass Gabriel seine Frau trotz ihrer Fehler geliebt hatte.
“Jennifer war ein Biest!” Unvermittelt drehte sich Gabriel zu ihr um und sah ihr in die Augen. “Schön, unmoralisch und nur darauf aus, zu zerstören, was andere sich geschaffen hatten. Wie ein ungezogenes Kind, dem es eine diebische Freude bereitet, anderen die Bauklötze umzuwerfen.”
Jane musste schlucken. Sie wollte nichts davon hören. “Gabriel …”
“Keine Angst, Jane. Ich erzähle Ihnen das nur, damit Sie nicht befürchten müssen, dass ich Sie mit Geschichten über meine wunderbare Ehe nerve.”
“Aber Sie haben Ihre Frau doch geliebt!”
“Natürlich habe ich sie geliebt.” Gabriel umfasste ihre Arme so fest, dass es schmerzte, und blickte ihr in die Augen. “Ich habe sie schließlich geheiratet. Aber vielleicht war gerade das mein Fehler. Ich weiß es nicht.” Er zuckte hilflos die Schultern. “Jennifer fand es herrlich, sich erobern zu lassen, die Rolle der liebenden Ehefrau dagegen lag ihr nicht.”
“Gabriel, ich möchte nichts davon hören!”
“Ob Sie wollen oder nicht, ich werde es Ihnen trotzdem erzählen!”
“Aber warum?” Jane atmete mühsam. “Ich habe Sie nicht darum gebeten. Ich will nichts von Ihnen. Ich will nicht …”
“Sie wollen nicht, dass jemand an dem Elfenbeinturm rüttelt, in den Sie sich zurückgezogen haben!” Er blickte sich um. “Schön ist er ja.
Trotzdem sage ich Ihnen ganz offen, dass ich ihn erstürmen will.”
“Stellen Sie sich damit nicht mit Ihrer Frau auf eine Stufe? Handeln Sie nicht ebenso zerstörerisch?” Wenn sie sich seinem Griff schon nicht entziehen konnte, wollte sie sich ihm wenigstens durch ihre Worte widersetzen.
“Meine verstorbene Frau, Jane. Sie müssen die Tatsachen schon akzeptieren. Außerdem ist es falsch, was Sie da sagen. Ich bin nicht wie Jennifer. Ich bin nicht destruktiv, ganz im Gegenteil, ich möchte dafür sorgen, dass etwas Neues entstehen kann.”
“Für die zwei, drei
Weitere Kostenlose Bücher