Verfuehrt von so viel Zaertlichkeit
verlobt. Mit einundzwanzig war sie verheiratet und mit fünfundzwanzig Witwe gewesen. Aber davon würde sie Gabriel nichts erzählen.
“Ich habe dieses und jenes getan”, antwortete sie und hielt dem durchdringenden Blick seiner aquamarinblauen Augen stand. “Aber ich wollte schon immer mein eigenes Unternehmen haben.”
“Und jetzt hast du es. Bereitet es dir die Freude, die du dir davon versprochen hast?”
Freude hatte sie sich nie davon versprochen. Sie hatte sich finanzielle Unabhängigkeit und private Freiheit gewünscht. Und das hatte sie erreicht. Sie verdiente ausgezeichnet und war niemandem Rechenschaft schuldig.
“Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Erfolg, Jane”, bemerkte Gabriel, als sie schwieg.
“Und welche?” Sie sah ihn herausfordernd an, denn gerade er war ein Erfolgsmensch, wie er im Buche stand.
“Liebe.”
Jane lachte verächtlich. “Und das sagst du? Nachdem du eine Ehe hinter dir hast, die mehr von Hass als von allem anderen geprägt war?”
Gabriel presste die Lippen zusammen. “Es stimmt, Jennifer hat mich nicht glücklich gemacht. Aber es gibt sie, meine Traumfrau. Ich weiß nur nicht, wo sie geblieben ist. Sie verschwand vor meinen Augen, sie löste sich in nichts auf.” Er sah sie gequält an. “Ich habe seitdem keine andere Frau ansehen können, ohne an sie zu denken -
jedenfalls nicht bis vor sechs Tagen.”
“Und was passierte da? O nein, Gabriel!” Sie schüttelte den Kopf, als ihr klar wurde, dass er auf die Begegnung mit ihr angespielt hatte.
“Ist das dein üblicher Trick?” ‘fragte sie dann und lächelte spöttisch.
“Es ist kein Trick, das weißt du genauso gut wie ich”, antwortete er und ließ sie dabei nicht aus den Augen.
Sein Blick ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass Gabriel es ehrlich meinte.
“Das ist lächerlich, Gabriel”, erwiderte sie aufgewühlt. “Du kannst dich doch unmöglich zu mir hingezogen fühlen!”
Er sah sie betroffen an. “Wie kommst du nur dazu, so etwas zu behaupten!”
Wieder erkannte Jane ihren Fehler zu spät. Was für sie eine logische Konsequenz war, konnte Gabriel natürlich nicht nachvollziehen, weil er ihre wahre Identität ja nicht kannte.
“Ich bin doch gar nicht dein Typ”, versuchte sie die Sache wieder in Ordnung zu bringen.
Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch. “Ich habe einen bestimmten Typ?”
Jane seufzte ungeduldig. “Natürlich. Groß, schlank und blond - wie Jennifer. Ich dagegen …” Erschrocken verstummte sie. Sein ungläubiger Blick zeigte ihr, dass sie sich erneut verraten hatte.
Sie war verzweifelt. Sie war einfach zu naiv für raffinierte Katz-und-Maus-Spiele, wie sie die Männer zu mögen schienen. Paul jedenfalls hatte diese Spiele geliebt. Das war auch ein Grund dafür, warum Paul ihrer so schnell überdrüssig geworden war. Er hatte gedacht, sie hätte die Rollen der treu sorgenden Tochter und der hingebungsvollen Verlobten nur gespielt. Er war völlig schockiert gewesen, als sich nach der Heirat herausstellte, dass sie wirklich so war. Er hatte ihre Schüchternheit langweilig gefunden und ihre kompromisslose Liebe nicht nachvollziehen können.
Und die “treu sorgende Tochter” hatte all ihren Kummer und ihr Leid für sich behalten, um ihre Eltern nicht mit der schrecklichen Tatsache zu belasten, dass die Ehe mit Paul ein schicksalsschwerer Fehler gewesen war.
“Du bist eine kleine Brünette”, stellte Gabriel sachlich fest. “Das widerlegt die Theorie mit den langbeinigen Blondinen.” Er kniff die Augen zusammen. “Woher weißt du überhaupt, dass meine Frau blond war? Ich habe es bestimmt nicht erwähnt.”
Gabriel machte aus seinem Misstrauen keinen Hehl, und Jane wusste, dass viel von ihrer Antwort abhing. “Celia Barnaby konnte es neulich nicht lassen, mit mir über dich zu klatschen”, gestand sie und stellte erfreut fest, dass sich seine angespannte Haltung lockerte.
“Wahrscheinlich wollte sie mir damit zu verstehen geben, dass sie die einzig richtige Frau für dich ist, groß und hellblond, wie sie nun einmal ist.”
Er zuckte nur die Schultern. “Anscheinend ist mir der Appetit auf große Blondinen gründlich vergangen. Wie alt bist du eigentlich, Jane?” wechselte er abrupt das Thema.
Jane schluckte. Sie war gerade haarscharf einer Katastrophe entgangen. Stand ihr die nächste bevor? “Achtundzwanzig”, antwortete sie langsam.
Er nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. “Ich bin neununddreißig.”
Sie schüttelte den Kopf,
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