Verfuehrt zur Liebe
Einzelheiten ihrer schrecklichen Entdeckung.
Lord Willoughby, einen Kneifer auf der Nase, machte sich Notizen . »Sie waren also nicht länger als - sagen wir - fünf Minuten in der Bibliothek, ehe Sie Mrs. Glossup fanden?«
Portia überlegte, dann nickte sie.
»Und Sie haben auch niemanden den Raum verlassen sehen oder hören, weder als Sie in der Halle standen, noch als Sie die Bibliothek betraten - stimmt das?«
Sie nickte wieder.
»Überhaupt niemanden?«
Simon wollte protestieren, aber Willoughby tat schließlich nur seine Arbeit und bemühte sich, dabei so behutsam wie nur möglich vorzugehen. Er war älter, ein väterlicher Gentleman, aber sein Blick war scharf. Er schien zu erkennen, dass Portias Einsilbigkeit nicht daher rührte, dass sie etwas zu verbergen suchte.
Sie räusperte sich. »Nein, niemanden.«
»Soweit ich es verstanden habe, waren die Terrassentüren offen. Haben Sie hinausgeschaut?«
»Nein, ich bin gar nicht zu den Türen gegangen - ich bin nur an ihnen vorbeigekommen.«
Willoughby lächelte ermutigend. »Und dann haben Sie sie gesehen und nach Mr. Cynster gerufen. Haben Sie irgendetwas angefasst?«
Portia schüttelte den Kopf. Willoughby drehte sich zu Simon um.
»Ich habe nichts gesehen - ich habe mich umgeschaut, aber es schien nichts ungewöhnlich zu sein.«
Willoughby nickte und machte sich eine weitere Notiz. »Gut. Ich glaube, ich muss Sie nicht weiter bemühen.« Er lächelte gütig und erhob sich.
Portia, deren Hand immer noch in Simons lag, erhob sich ebenfalls. »Was wird nun geschehen?«
Willoughby blickte zu Simon und dann wieder zurück zu ihr. »Ich fürchte, ich muss einen der Herren aus der Bow Street kommen lassen. Ich werde meinen Bericht heute Nacht abschicken. Mit ein wenig Glück wird ein Ermittler morgen Nachmittag hier eintreffen.« Er lächelte erneut, diesmal begütigend. »Sie sind inzwischen um einiges besser als früher, meine Liebe, und in einem solchen Fall ...« Er zuckte die Achseln.
»Was meinen Sie damit - in einem solchen Fall?«
Wieder schaute Willoughby zu Simon, dann verzog er das Gesicht. »Unglückseligerweise scheint es, dass mit Ausnahme von Mr. Cynster hier und Mr. Hastings keiner der Herren belegen kann, wo er sich zu der Zeit aufgehalten hat, in der Mrs. Glossup ermordet wurde. Natürlich sind da noch die Zigeuner in der Gegend, aber in diesen Tagen ist es besser, man hält sich an die korrekte Vorgehensweise.«
Portia starrte ihn an. Simon konnte ihre Gedanken mühelos lesen. Sie wollte, dass der Mörder gefasst wurde.
Simon drehte sich zu Willoughby um, nickte kurz und geleitete Portia aus dem Zimmer.
Willoughby sprach noch mit Lord Glossup, dann ging er.
Das Dinner, ein kalter Imbiss, wurde früh serviert. Alle zogen sich in ihre Zimmer zurück, ehe die Sonne untergegangen war.
Portia saß auf der gepolsterten Fensterbank ihres Zimmers, die Arme auf dem Fensterbrett verschränkt, das Kinn darauf gestützt, und beobachtete, wie das goldene Licht der Sonne allmählich verblasste.
Und dachte an Kitty. Die Kitty - die vielen Kittys -, die sie in den vergangenen Tagen kennen gelernt hatte. Sie war schön gewesen, lebhaft, freundlich und charmant - aber auf der anderen Seite war sie auch gehässig gewesen, oberflächlich und hatte andere absichtlich verletzt. Fordernd - das war vermutlich ihr größtes Vergehen gewesen, vielleicht ihre ultimative Dummheit. Sie hatte verlangt, dass das Leben - und zwar das Leben aller um sie herum - sich einzig um sie selbst drehte.
In der ganzen Zeit hatte Portia nie gesehen, dass Kitty an einen anderen als sich selbst gedacht hätte.
Ein Schauer durchlief sie. Eine Sache konnte sie sich einfach nicht aus dem Kopf schlagen. Kitty hatte jemandem vertraut - sie war in die Bibliothek gegangen, um sich dort mit ihm - oder ihr? - zu treffen; den Raum hätte sie nie aus einem anderen Grund betreten. Sie hatte sich umgezogen; Portia fiel wieder die freudige Erwartung ein, die Kitty beim Lunch gezeigt hatte.
Kitty hatte jemandem vertraut. Und damit einen tödlichen Fehler begangen.
Aber es gab mehr als einen Weg, sein Leben zu verlieren.
Sie verweilte bei dem Gedanken, dann überlegte sie, ob sie Kittys gewaltsamen Tod beiseiteschieben konnte und sich ihren eigenen Fragen zuwenden. Die Fragen, die sich um ihre Zukunft drehten, ihr Leben und Simons. Denn trotz Kittys Ermordung mussten sie ja ihr Leben weiterleben.
Sie hatte immer gewusst, dass eine Frau, wenn sie nicht vorsichtig war, ihr Leben
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