Verfuehrt zur Liebe
dem Falschen anvertraute. Vielleicht war das der Grund, weswegen sie so lange eine Ehe nicht in Erwägung gezogen hatte.
Ehe war für sie stets ein Risiko, daher war es so wichtig, den richtigen Ehemann zu wählen, der ihr all das bot, was sie verlangte, und ihr gestattete, ihn zu lenken, alles zu bestimmen, was ihr Zusammensein betraf, sie ansonsten aber ihre eigenen Wege gehen ließe. Ihrem Wesen würde es zutiefst zuwiderlaufen, in einer Beziehung zu leben, die sie einengte; sie würde sie eher beenden, als zuzulassen, dass sie daran zerbrach.
Und jetzt befand sie sich hier, vor der Entscheidung für oder gegen eine Ehe mit einem Mann, der stark genug war, sie seinem Willen zu beugen. Einem Mann, den sie niemals brechen könnte, der sie aber im Gegenzug, wenn sie ihm ihre Hand schenkte, zerstören könnte, wenn er wollte.
Sie hatte immer gewusst, wie Simon war; niemals, noch nicht einmal mit vierzehn Jahren, hatte sie ihn unterschätzt. Aber sie hätte sich nie träumen lassen, dass er es sich in den Kopf setzen könnte, sie heiraten zu wollen - und sicher nicht, bevor sie auf die Idee kam, ihn zu heiraten. Sie hatte ihm mit ihrer Neugier über die Ehe, geboren aus ihrem Wunsch nach einem Ehemann und Kindern - wovon er Gott sei Dank nichts wusste - geradewegs in die Hände gespielt.
Und er hatte es zugelassen.
Kaum überraschend; es passte zu ihm.
Sie schaute auf die im Dämmerlicht liegenden Gärten, dachte an alles, was sie geteilt hatten. Alles, was sie nicht wusste.
Alles, was sie wissen wollte.
War es Liebe, was zwischen ihnen aufkam? Oder etwas anderes, was er sich ausgedacht hatte, um sie an sich zu binden?
Abgesehen davon, war er wirklich imstande, ihr in vernünftigem Umfang Freiheiten einzuräumen, ihr zu erlauben, so zu bleiben, wie sie war? Oder war das einfach eine Taktik, um sie dazu zu bringen, der Ehe zuzustimmen?
Zwei Fragen - beide hatten sich klar herauskristallisiert.
Es gab nur einen Weg, die Antworten zu erfahren.
Stell mich auf die Probe.
Das würde sie tun müssen.
Sie saß am Fenster und schaute zu, wie die Schatten länger wurden, wie es dunkler wurde. Schaute zu, wie es Nacht wurde, sich Stille über den Garten legte.
Dachte wieder an Kitty, die tot im Eishaus lag.
Spürte das Blut durch ihre Adern fließen.
Sie hatte ihr Leben noch zu leben, und das hieß, das Beste daraus zu machen. An Mut hatte es ihr nie gefehlt, nie war sie einer Herausforderung ausgewichen.
Aber sie hatte auch noch nie vor einer Herausforderung wie dieser gestanden.
Die Situation so zu nehmen, wie er sie darstellte, und daraus das Leben zu schmieden, das sie für sich wollte, von ihm -ausgerechnet von ihm - die Antworten und die Garantien zu fordern, die sie brauchte, um sich sicher zu fühlen.
In Wahrheit gab es kein Zurück. Es war sinnlos, so zu tun, als wäre nichts geschehen, oder das zu leugnen, was zwischen ihnen entstanden war und immer noch wuchs.
Oder sich vorzumachen, dass sie all dem einfach den Rücken kehren und Weggehen könnte - dass er das erlauben würde.
In Weste und Hemdsärmeln stand Simon am Fenster in seinem Zimmer und schaute zu, wie das blaue Wasser des Sees allmählich schwarz wie Tinte wurde.
Und seine Stimmung war ähnlich düster.
Er wollte zu Portia - jetzt, in dieser Nacht. Wollte sie in seine Arme schließen und wissen, dass sie in Sicherheit war. Wollte mit einer Heftigkeit, die ihm neu war und die so gar nichts mit Leidenschaft zu tun hatte, dass sie sich sicher und geborgen fühlte.
Der Wunsch war beinahe übermächtig, dennoch war er unter diesen Umständen unerfüllbar.
Was seine Unruhe steigerte.
Sie war allein in ihrem Zimmer, dachte nach.
Es gab nichts, was er deswegen unternehmen konnte - nichts, womit er ihre Schlussfolgerungen beeinflussen konnte.
Er konnte sich nicht entsinnen, sich jemals einer anderen Frau so unsicher gewesen zu sein. Auf jeden Fall waren ihm noch nie so die Hände gebunden gewesen, eine Frau seinem Willen zu beugen.
Und er konnte nichts tun. Wenn sie zu ihm käme, war er machtlos, sie weiter zu überreden. Sie davon zu überzeugen, weiter zu gehen und zu sehen, wie eine Ehe zwischen ihnen gelingen könnte - wozu er fest entschlossen war. Es war sein Ernst gewesen, als er behauptet hatte, er wolle nach Wegen suchen, ihr so weit wie möglich entgegenzukommen.
Er würde tun, was immer nötig war, um sie dazu zu bringen, ihn zu heiraten. Die Alternative war etwas, worüber er noch nicht einmal nachdenken wollte.
Im
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