Verfuehrt zur Liebe
sie vor den Blicken der anderen geschützt war. »Geht es dir gut?«
Einen Augenblick antwortete sie nicht, war zu sehr damit beschäftigt, den Ausdruck in seinen Augen zu lesen - sich darin zu sonnen. Nicht seine Miene, die gewohnt streng und arrogant war, sondern seine Augen - die waren irgendwie weicher, seine Sorge um sie anders - von anderer Art - als in früheren Jahren.
Der Anblick wärmte sie. Freude stieg in ihrem Herzen auf.
Sie lächelte, neigte den Kopf. »Ja, vollkommen.«
Ein Schrei erreichte sie - sie schaute dorthin, wo Oswald und Swanston sich zur Belustigung der Hammond-Schwestern ein gespieltes Gefecht lieferten. Ihr Lächeln vertiefte sich, und sie legte Simon eine Hand auf den Arm. »Komm, geh ein Stück mit mir.«
Das tat er, blieb an ihrer Seite. Worte waren überflüssig. Noch nicht einmal Blicke waren nötig, um die Verbindung zwischen ihnen aufrechtzuerhalten.
Ihr wurde das Herz weit, fast meinte sie zu spüren, wie es anschwoll. War es das, was geschah? Dass irgendwie eine Verbindung zwischen zwei Menschen wuchs - eine Art Kanal des gegenseitigen Verstehens, ganz ohne körperlichen Kontakt?
Was auch immer es war, es fühlte sich gut an, kostbar. Sie sah flüchtig zu ihm, wusste, dass er es auch spürte. Er schien sich nicht dagegen zu wehren oder es zu leugnen; sie fragte sich, wie er darüber dachte.
Nach einer vergnüglichen Stunde in unbekümmerter Heiterkeit gingen sie zögernd wieder zu den Pferden und der Kutsche zurück, um nach Glossup Hall heimzukehren.
Sie kamen gerade rechtzeitig an, um einen weiteren Auftritt einer eingeschnappten Kitty zu erleben. Die heitere Stimmung, die gerade noch geherrscht hatte, war rasch verflogen.
Zum Lunch gab es keine Sitzordnung; Simon wählte den Platz neben Portia, setzte sich, aß und beobachtete. Die meisten anderen Gäste taten dasselbe; wenn Kitty auch nur einen Funken Feingefühl besessen hätte, wäre ihr aufgefallen, dass man Distanz zu ihr hielt, sie argwöhnisch betrachtete, und hätte sich zurücknehmen können.
Stattdessen schien sie sich in der merkwürdigsten Stimmung zu befinden, auf der einen Seite schmollte sie, drohte, ihnen den Ausflug ohne sie übel zu nehmen, auf der anderen Seite war sie aufgeregt und unruhig, wie in Vorfreude auf ein lange ersehntes Ereignis. Etwas, was ihr offensichtlich unglaublich wichtig war, das aber sonst niemand ahnte.
»Aber Liebes, wir sind doch schon so oft bei den Ringwällen gewesen«, erinnerte Mrs. Archer Kitty. »Ich denke, es wäre eher ermüdend, sie sich noch einmal ansehen zu müssen.«
»Allerdings«, räumte Kitty ein, »aber ich ...«
»Natürlich«, schaltete sich Mrs. Buckstead mit einem wohlwollenden Lächeln zu ihrer Tochter und den Hammond-Mädchen weiter unten am Tisch ein, »brauchen die Jüngeren die frische Luft.«
Kitty starrte sie böse an. »Winifred ...«
»Und wenn man erst einmal verheiratet ist, verlieren morgendliche Ausflüge einiges von ihrem Reiz.« Ungerührt bediente sich Mrs. Buckstead mit einer weiteren Portion von dem geeisten Spargel.
Für den Moment war Kitty sprachlos, dann drehte sie den Kopf und schaute sich um, suchte ein neues Opfer. Ihr Blick blieb an Portia hängen.
Ohne etwas zu ahnen, aß Portia weiter, die Augen auf ihren Teller gerichtet, ein schwaches, aber unübersehbares Lächeln -ein sanftes, geistesabwesendes, in vielerlei Hinsicht verräterisches Lächeln - spielte um ihre Lippen.
Kitty schaute sie aus schmalen Augen an.
Simon beugte sich vor und griff nach seinem Glas. Kitty schaute ihn an - er fing ihren Blick auf, hielt ihn fest, auch als er trank und dann sein Glas wieder absetzte und auf den Tisch stellte.
Ließ Kitty in seinen Augen lesen, was er tun würde, wenn sie es wagte, ihre Eifersucht an Portia auszulassen - wenn sie auch nur die leiseste Andeutung machte, was er und Portia ihrer Ansicht nach heute Morgen getan hatten.
Einen Moment schwankte Kitty am Rande des Abgrundes, dann schien Vernunft die Oberhand zu gewinnen; sie atmete tief ein und schaute auf ihren Teller.
Mr. Archer, der von den Unzulänglichkeiten seiner jüngeren Tochter allem Anschein nach nichts bemerkt zu haben schien, setzte an anderer Stelle am Tisch seine Unterhaltung mit Mr. Buckstead fort; Lord Glossup sprach mit Ambrose, während Lady O. sich mit Lady Glossup unterhielt und ihrer Umgebung dabei keinerlei Beachtung schenkte.
Nach und nach, solange Kitty in Schweigen versunken war, wurden auch andere Unterhaltungen begonnen, Lady Calvin
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