Verfuehrung
waren in der Tat weich und nachgiebig genug, um in ihr den Wunsch zu erwecken, barfuß über sie zu gehen.
»Ich muss Ihnen gestehen, dass ich hier bin, um ein Geschenk für eine Frau zu kaufen«, sagte Casanova. »Leider fürchte ich, dass ein Teppich da nicht das richtige wäre.«
»Frauen verstehen nicht viel von Teppichen«, stimmte der Kapitän zu. »Aber ich habe Schmuck! Schmuck und Öle, Düfte …«
»… von denen wir Männer wiederum nicht so viel verstehen«, unterbrach ihn Casanova. »Wie wäre es, wenn wir Ihre Gattin fragen, welche von Ihren zweifellos wunderbaren Waren ihr denn zusagen würden?«
Gattin?, dachte Bellino. Sie hatte geglaubt, dass es sich um eine Sklavin handelte. Doch vielleicht war Casanova einfach nur höflich, genau, wie man einem Mann auch nie unterstellte, seine Geliebte auszuführen, wenn man ihn in weiblicher Gesellschaft traf, ganz gleich, wie offensichtlich das war.
Der Kapitän sagte etwas zu der Griechin, die lächelte und in der gleichen Sprache antwortete. Daraufhin nickte er und meinte, er sei gleich wieder mit den bezeichneten Juwelen zurück, die einer Königin würdig wären. Zum ersten Mal kamen Bellino Zweifel, und sie fragte sich, ob Casanova möglicherweise doch genau der war, als der er sich ausgab. Geld für Mahlzeiten und einen Diener war eine Sache, genügend Geld, um teuren Schmuck zu kaufen, eine andere. Es hatte immer gute pekunäre Gründe, warum Bellino genau wie die meisten Sänger, bis auf die großen, gefeierten Berühmtheiten wie Appianino, zu ihren Kostümen nur Ketten aus Glasperlen getragen hatte.
Es gab jedoch keine Zeit, um herauszufinden, ob es für sie einen Unterschied machte, ob Giacomo Casanova ein begabter Lügner oder ein echter Kardinalssekretär und Senatorenvertrauter mit unerschöpflichen finanziellen Mitteln war. Sowie die Schritte des Türken verklungen waren, stürzte sich die Griechin auf Casanova und rief auf Italienisch: »Der Augenblick des Glücks ist da!«
Bellino blieb der Mund offen, während Casanova, der gegen die Wand der Kajüte lehnte, an seiner Hose nestelte und die Griechin ihr Kleid hochzog, ohne sich im Geringsten an Bellinos Gegenwart zu stören. Es erinnerte sie an die Contessa, die sich auch nicht um ihre Zofe gekümmert hatte, aber die Zofe hatte während der ganzen Zeit dankenswerterweise in die andere Richtung geschaut. Casanova dagegen blickte direkt zu Bellino, während die Griechin ihre Arme um seinen Hals und die Beine um seine Hüften schlang, mit einer Gelenkigkeit, die eine geübte Tänzerin verriet. Er schaute zu ihr, während seine Hände zum Hintern der Frau glitten, ihn anhoben und ihre rhythmischen Bewegungen unterstützten. Er schaute zu Bellino, während er den Hals der Griechin küsste und sie ihren Kopf auf und nieder warf.
Ihre Haut zog sich zusammen. Sie spürte ihren Mund trocken werden. In ihrem Inneren brannte es. Warum tat er das? Um eine Wette zu gewinnen? Um ihr zu zeigen, dass er jede Frau haben konnte und was sie verpasste? Um im Gegenteil zu zeigen, dass er ihr mittlerweile glaubte, ein Mann zu sein, und sich bei einer anderen Frau schadlos hielt? Und was musste sich diese andere Frau dabei denken? Die Griechin war in einer ganz anderen Lage als die Contessa. Eine Giulia de Monti aus Pesaro konnte in ihrer Kutsche tun, was sie wollte, weil sie von Adel war, mit einem Adligen verheiratet, der sein Erbe bei aller Anstrengung nicht verprassen konnte, wie sich die Leute erzählten. Die Contessa war umgeben von Menschen, die von ihr abhängig und nicht in der Lage waren, ihr zu schaden. Ob aber die Griechin nun die Ehefrau oder die Sklavin des türkischen Kapitäns war, sie riskierte doch gewiss im besten Fall Prügel und im schlimmsten Fall, wie ihr Appianino einmal über die Türken erzählt hatte, in einen Sack eingenäht und ertränkt zu werden. Wofür? Für ein kurzes Vergnügen, wortwörtlich zwischen Tür und Angel? Konnte ihr das so wichtig sein?
Bellino hatte Appianino geliebt. Sie wäre ihm überallhin gefolgt, wenn er sie nur mitgenommen hätte. Aber ihr Leben riskiert, nur für einen kurzen Moment der Ekstase mit ihm, das hätte sie gewiss nicht, obwohl sie damals jünger und kindischer gewesen war als jetzt und sich mit ihm für unsterblich gehalten hatte.
Ein Schauer glitt über ihre Haut, und erst jetzt bemerkte sie, dass sie zitterte.
Schritte näherten sich der Tür. Die Griechin löste sich schnell und mit einem tiefen Seufzer von Casanova. Sie glättete ihr
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