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Verfuehrung

Verfuehrung

Titel: Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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zu lernen.«
    »Gesprochen«, sagte er hinterhältig, »wie eine in ihren Gefühlen verletzte Frau, wofür ich mich gern bei Ihnen entschuldige. Aber Sie hatten gefragt, Bellino.«
    Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg.
    »Gesprochen wie ein Mann, der selbst Erfahrungen mit Frauen hat. Nur, weil ich durch eine Operation anders gemacht wurde als Sie, heißt das noch lange nicht, dass ich eine Frau nicht glücklich machen kann.«
    »Wenn das wahr wäre«, entgegnete er langsam, »und ich sage nicht, dass ich Ihnen auch nur einen Moment lang glaube, dann könnten Sie unsere Erfahrungen dabei doch keineswegs miteinander vergleichen.«
    Wie es schien, hatte sie mit ihrer Bemerkung einen Treffer erzielt, auch wenn er es noch nicht zugab, und Bellino hakte nach.
    »Und warum nicht? Ich habe geliebt. Sie haben geliebt. Das behaupten Sie jedenfalls. Ich habe Frauen in Ekstase gebracht. Das beanspruchen Sie ebenfalls für sich. Was lässt sich daran nicht vergleichen?«
    Das Beste war, dass sie diesmal gar nicht lügen musste, denn an keiner Stelle gab sie an, die Frau geliebt zu haben, die sie zur Ekstase gebracht hatte. Anscheinend klang sie auch überzeugend genug, denn er runzelte die Stirn und hörte sich nicht ganz so selbstgewiss an wie sonst, als er erwiderte: »Ohne nackte Tatsachen, die Sie mir nicht gewähren wollen, steht hier Behauptung gegen Behauptung, fürchte ich. Aber wie wäre es mit einer Wette? Wir besichtigen jetzt die Schiffe, wie abgemacht, und machen beide der ersten Frau, die uns danach über den Weg läuft, den Hof. Sie werden erleben, dass diese Frau, ganz gleich, um wen es sich handelt, in Ihnen instinktiv das Weib erspüren wird und in mir den Mann, und mich daher Ihnen vorzieht.«
    Offensichtlich rechnete er nicht mit Frauen, die wie Petronio waren und ihr eigenes Geschlecht bevorzugten, aber leider konnte Bellino hier nicht wirklich mit mehreren Erfahrungen prahlen. Sie vermutete, dass die Contessa entsetzt wäre, wenn sie wüsste, dass ihr gestern kein Kastrat zu Diensten gewesen war. Der Gedanke verschaffte ihr eine leicht gehässige Befriedigung, weil die Frau so offen gefordert statt gebeten und sogar ihr Engagement zu einer Bedingung gemacht hatte. In jedem Fall jedoch bewies die Begegnung mit der Contessa, dass Bellino sehr wohl in der Lage war, von einer Frau als begehrenswerter Mann wahrgenommen zu werden, und sie erinnerte sich daran, wie in Bologna so manche Dame ihre Verehrer zugunsten von Appianino hatte stehenlassen.
    »Die Wette gilt«, sagte sie daher und bereute es bereits einen Moment später, denn seine vergnügte Miene glich eindeutig der von Petronio, als er ihr das Kartenspiel Pharo beigebracht und bei der Gelegenheit die Bedingungen zu seinen Gunsten verändert hatte, wie sie später herausfand, weil er so fast immer die Bank hielt, und die konnte nicht verlieren. Casanova schien sich seines Vorteils so sicher, dass am Ende mehr als sein gutes Aussehen und seine Redegewandtheit der Grund dafür sein mussten.
    Er schlug vor, zuerst das venezianische Schiff zu besuchen. »Haben Sie denn Bekannte dort?«, fragte Bellino misstrauisch.
    »Wer weiß? Venedig ist in manchen Dingen nur ein Dorf. Aber ich glaube nicht. Ich höre allerdings immer gerne Neuigkeiten von daheim.«
    Sie ließen sich zu dem Schiff rudern, was nicht lange dauerte. Es war ein eigenartiges Gefühl, endlich wieder in einem Boot zu sitzen, obwohl es doch ganz anders war als die Gondeln damals in Venedig, und Bellino versuchte vergeblich, ihre Aufregung zu verstecken.
    »Es wäre schön, wenn meine Gesellschaft Sie so zum Strahlen gebracht hätte, aber mir scheint doch, dass unser Ziel dafür verantwortlich sein könnte. Ist das etwa Ihre erste Bootsfahrt?«
    »Wenn es eine frühere gab, dann kann ich mich daran so wenig erinnern wie Sie sich an Ihre frühe Kindheit«, gab Bellino zurück, weil sie keinen Hinweis auf ihren Aufenthalt in Venedig geben wollte, und wünschte sich, keine Perücke zu tragen, um die leichte Brise, die trotz der schützenden Landzunge von Ancona bis zum Hafen wehte, in ihren Haaren zu spüren. Als sie am Schiff anlegten und an Bord kletterten, ließ Casanova sie zuerst gehen, und so war auch sie diejenige, die zuerst mit der Schiffswache sprach. Als der Mann ihre Stimme hörte, veränderte sich seine Miene. Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht zu ihren Hosen und zurück.
    »Ein Kapaun, wie?«, fragte er und spie zur Seite. »Armes Schwein.«
    »Ich bin Sänger«,

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