Verführung auf Burg Kells (German Edition)
tun?“
„Mit hoher Wahrscheinlichkeit. Das behaltet bitte für Euch. Verstanden?“
„Ja, schön und gut. Aber er versprach, mir bei der Suche nach meiner Mutter zu helfen, und wenn ich ihm keine Belohnung in Aussicht stelle, wird er sich nicht sonderlich dabei anstrengen.“
„Bietet ihm meinetwegen an, was Ihr wollt, solange es sich nicht um das handelt, was Ihr mir bereits angeboten habt. Das gehört mir, bis ich mich dazu entschließe, es wieder abzutreten, Mylady.“
Sie entzog ihm ihre Hand. „Dann schlage ich vor, Ihr nehmt Mistress Cairns’ Angebot an, Sir. Wir alle wissen, dass
ihre
Interessen sich vorwiegend auf den Hosenlatz eines Mannes konzentrieren.“
„Ruhig Blut, meine Schöne.“ Er lachte dunkel. „Ihr haltet Master Moffat auf Distanz, und ich tue das Gleiche mit seiner Schwester. Was haltet Ihr davon?“
„Macht mit ihr, was Ihr wollt!“ zischte sie entrüstet und ließ ihn stehen. Sein Lachen folgte ihr wie ein Schatten.
6. KAPITEL
Der Tag des feierlichen Begräbnisses war am besten als Ereignis abzutun, das man mit größtmöglicher Fassung zu ertragen hatte, wobei diese Bemühungen Ebony und Meg bis an den Rand ihrer Geduld brachten. Nicht nur der schicksalsträchtige Moment, in dem der in weiße Tücher gehüllte Leichnam des übermächtigen Vaters und Burgherrn in die Familiengruft der Dorfkirche gesenkt wurde, zerrte an ihren Nerven. Die respektvolle Anteilnahme der Trauergäste, die den Leichenzug von der Burg zur Dorfkirche begleitet hatten, war auf dem Rückweg bereits vergessen, und Ebony und Meg fragten sich betroffen, ob es überhaupt etwas gab, was die Herzen und Gefühle ihrer Gäste länger als zwei Stunden berühren könnte. Andererseits hätte Sir Joseph sich gewiss mit der gleichen Ungeduld und Gier über Speisen und Wein hergemacht, mit der Betonung auf Letzterem, doch diese Überlegung war nur ein geringer Trost. Der Tod war ein häufiger Besucher in diesen Krisenzeiten, und dem Verstorbenen sollte ein fröhlicher Abschied beschieden sein, mit dem er sich vor seinen Ahnen im Jenseits brüsten konnte, wobei Sir Josephs Freunde dem Begriff Fröhlichkeit eine neue Bedeutung gaben.
Ein stiller Gottesdienst in der Burgkapelle hatte die Feierlichkeiten eingeleitet, das Mittagsmahl war ohne besondere Vorfälle verlaufen, und die Ankunft weiterer Gäste von nah und fern schien Megs Vorhersagen zu bestätigen, dass kein Bewohner in der Provinz Galloway sich die Chance entgehen lassen wollte, sich an der Tafel des alten Lord satt zu essen. Die Gastgeberinnen hießen alle Gäste willkommen. Beim Festmahl nach dem Begräbnis benahmen einige von Sir Josephs engsten Freunden sich allerdings so, als seien
sie
die Gastgeber, scheuchten die Serviermägde herum, verlangten das Auftragen weiterer Speisen, forderten den Mundschenk auf, noch mehr Weinfässer zu öffnen, zogen den Pagen die Ohren lang, wenn sie ihrer Meinung nach trödelten oder Wein verschütteten. In der Befürchtung, die Feierlichkeit könnte ausarten, schickte Ebony das Kindermädchen und Sam zeitig zu Bett.
Das Stimmengewirr schwoll zu lärmendem Grölen an. Master Davys Bemühungen, für Ruhe zu sorgen, wurden entweder missachtet oder verlacht, und er sah sich nicht in der Lage, seinen Willen durchzusetzen, ohne einen ernsten Zwischenfall zu riskieren. Während Geschichten über Sir Josephs Raubzüge erzählt wurden, brachen alte Rivalitäten auf, es kam zu Streitereien und Beschimpfungen, Gegenbeschimpfungen und bald drohten die Beleidigungen in körperliche Gewalt auszuarten, eine Form der Unterhaltung, die einige Gäste mit Sticheleien noch ermutigten. Ebony stellte fest, dass die hitzigen gegenseitigen Beschuldigungen genau das waren, was Sir Alex und Master Leyland höchst aufschlussreich fanden, und während sie scheinbar ihre Freude daran hatten, zu beobachten, wie erwachsene Männer ihre Manieren vergaßen und außer Rand und Band gerieten, registrierten die Gesandten des Königs genau, wer wem welche Beschuldigungen an den Kopf warf, und stellten gezielte Fragen, die von den angetrunkenen Gästen offenherzig beantwortet wurden. Mit wachsendem Entsetzen beobachtete sie, dass die beiden Männer ihre Unschuldsmienen beibehielten, auch nachdem Master Davy sich verzweifelt bemühte, die Prahlereien über Sir Josephs Untaten zum Schweigen zu bringen. Für die Soldaten des Königs war dies mit Sicherheit das müheloseste und erfolgreichste Verhör, das sie je durchgeführt hatten, und vermutlich auch das
Weitere Kostenlose Bücher