Verführung auf Burg Kells (German Edition)
genau hingehört hättet, würdet Ihr das wissen.“
Damit brachte sie ihn endlich zum Schweigen, und er saß da, als habe er einen Schlag auf den Kopf bekommen, blinzelte und schüttelte benommen den Kopf. „Tatsächlich?“ meinte er kläglich. „Und was habt Ihr gesagt?“
„Ich sagte, Ihr solltet in der Lage sein, die Zügel in die Hand zu nehmen, und meinte damit, Ihr sollt Megs Besorgnisse im Hinblick auf die Anschuldigungen gegen ihren Vater aus der Welt schaffen. Sie ist Eure Cousine, und es ist lächerlich, mir zu erzählen, welchen Nutzen mir eine Ehe mit Euch bringen würde, da die Verantwortung bei Euch liegt, Master Davy. Erst wenn Ihr Sir Josephs Unschuld beweist, habt Ihr Anspruch auf Belohnung. Kein Mensch bekommt seinen Lohn, bevor er seine Aufgabe erfüllt hat. Ein Umstand, der Euch entgangen zu sein scheint.“
Seine Blicke flogen lüstern über ihre Gestalt, und er schluckte schwer. „Ihr denkt an einen anderen“, sagte er.
Ihre Antwort kam ohne Zögern. „Nein. Auch wenn Ihr anderer Meinung seid, Sam und ich, wir kommen gut zurecht. Es geht um Meg, die Hilfe und Rückhalt braucht, und Ihr redet von Heiratsplänen, während sie bis zum Hals in Schwierigkeiten steckt. Es überrascht mich, wie wenig Rücksicht Ihr auf ihre Situation nehmt. Schämt Euch, Master Davy.“
Ihre Worte trafen offenbar ins Schwarze. „Wollt Ihr damit sagen“, erwiderte er geknickt, aber nicht völlig besiegt, „dass Ihr meinen Antrag noch einmal überdenkt, sobald diese leidige Affäre ausgestanden ist? Darf ich darauf hoffen?“
„Wenn Eure Bemühungen das gewünschte Ergebnis bringen, werde ich ihn überdenken. Aber bitte nehmt dies nicht als Zusage.“
„Es gibt doch einen anderen, habe ich Recht?“ wiederholte er beharrlich.
Diesmal zögerte sie, während ihre Erinnerung sich an einen kostbaren Traum klammerte, der ihre einsamen Nächte versüßte und sich im Morgengrauen in Nichts auflöste. Sie war versucht zu lügen und von Robbie zu sprechen, aber es gab einen besseren Grund, die Wahrheit zu verschweigen. „Ich denke an jemand anderen, und zwar an meine Mutter. Nun, da Sir Joseph mir nicht mehr verbieten kann, nach Carlisle zu reisen, habe ich die Absicht herauszufinden, was aus ihr geworden ist. Erst wenn ich mir Gewissheit über ihr Schicksal verschafft habe, kann ich mich mit der Frage einer Wiederverheiratung befassen. Ich vermisse meine Mutter sehr und muss sie finden.“
„Wenn Ihr gestattet, werde ich Euch bei Eurer Suche helfen“, sagte Master Davy, stand auf, ordnete sein farbenprächtiges Gewand und trat aus Versehen mit dem Absatz seines Schnabelschuhes auf einen seiner bodenlangen Ärmel. „Ich kann Erkundigungen einziehen, da ich Geschäftsbeziehungen auf der anderen Seite der Grenze unterhalte.“ Seine selbstgefällige Haltung litt beträchtlich, als er den Ärmel frei zerrte und den Staub davon klopfte.
Ebony hätte ihn fragen können, wieso er ihr seine Unterstützung nicht schon früher angeboten hatte, unterstellte aber, dass er unter dem Einfluss von Sir Joseph gestanden hatte, wie alle anderen auch. „Vielen Dank“, sagte sie stattdessen. „Ich bin um jede Hilfe dankbar. Nun muss ich aber zu unseren Gästen zurück.“
„Und der Siegelring? Die Kassette? Könnt Ihr …“
Plötzlich flog die Tür auf, und das Stimmengewirr und die laute Musik von der Halle drangen herein, begleitet von Hundegebell und Kinderlachen. Zwei riesige graue Wolfshunde stürmten in die Schreibstube, in ihrer Mitte Sam, von dem nur Kopf und Schultern zu sehen waren. Der begeistert quietschende Knirps klammerte sich mit beiden Fäusten in die eisenbeschlagenen Lederhalsbänder der Jagdhunde, die ihn hechelnd und schwanzwedelnd, so schnell seine kleinen Füße ihn tragen konnten, mit sich schleiften, dahinter die atemlose Biddie und die lamentierende Jungfer Janet.
Ebony, im Begriff, den Siegelring aus dem Beutel an ihrem Gürtel zu holen, vergaß alles beim Anblick ihres Kindes, das von zwei Riesenhunden herumgeschleift wurde, die das schrille Gezeter der Frauen offenbar als Ansporn nahmen, da sie gewohnt waren, Befehlen von barschen dunklen Männerstimmen zu gehorchen. Ebony versuchte, einen der Hunde am Lederhalsband festzuhalten, was ihr nicht gelang, und Master Davys Befehl, Sam solle loslassen, ging in seinem quietschenden Lachen unter. Erst ein knapper Befehl von der Tür her brachte alle drei zu einem jähen Stillstand. Die Hunde legten sich flach auf den Boden, zogen Sam mit sich,
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