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Verführung auf Burg Kells (German Edition)

Verführung auf Burg Kells (German Edition)

Titel: Verführung auf Burg Kells (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Landon
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Händler mehr in die Stadt, um seine Waren anzubieten, weil es nichts mehr gab, womit man handeln konnte, und auf ihrem Ritt zur Stadt führte sie ihr Weg an verfallene Hütten vorbei in verwahrlosten, von Unkraut überwucherten Gärten, wo einst Familien zufrieden ihr bescheidenes Leben geführt hatten.
    Je näher sie der Stadt kamen, desto deutlicher wurde die erschreckende Armut, die auch die lebhafteste Schilderung nicht in ihrem furchtbaren Ausmaß erfassen konnte. Zu schwach, vielleicht auch zu stolz, um zu betteln, bedachten die ausgemergelten Gestalten am Wegrand den Reichtum der Edelfrau hoch zu Ross mit finsteren Blicken, während ihre unterernährten Kinder sie mit fiebrig glasigen Augen anstarrten. Nirgends ein Lächeln, nirgends ein Grußwort, nur bittere Verwünschungen und tiefe Verachtung und eine beängstigende Apathie. Das Elend war weitaus schlimmer, als sie es sich vorgestellt hatte. Diese Menschen verhungerten, während ihr Schwiegervater kaltblütig Vorräte in seinen Speichern gehortet hatte und darauf spekulierte, dass die Preise ins Unermessliche stiegen, die diese hungernden Menschen niemals bezahlen konnten. Und sie, Ebony, in ihrer selbstsüchtigen Trauer um ihren verstorbenen Ehemann, hatte kaum einen Gedanken daran verschwendet und sich nicht um die Leiden des Volkes gekümmert.
    „Hast du davon gewusst?“ fragte sie Perkin tief betroffen. „Hast du gewusst, wie schlimm die Lage ist?“
    „Ja, Mylady“, antwortete er. „So sieht es im ganzen Land aus. Tausende sind verhungert, die Viehherden verendet, der Handel ist zum Erliegen gekommen. Rinder und Schafe, die nicht gestohlen wurden, sind Seuchen zum Opfer gefallen. Irgendwie kann man verstehen, dass die Leute sich zu Banden zusammenrotten und auf Raubzug gehen, weil man in diesen Notzeiten nur auf diese Weise überleben kann. Das Gesetz gilt nicht mehr, wenn die Menschen verhungern.“
    Der einfältig wirkende Perkin drückte sich redegewandt aus, und Ebony hörte ihm still und ergriffen zu, während er ihr das Ausmaß des Elends der Bevölkerung schilderte. Als sie sich der Brücke über den Fluss Nith näherten und das hohe stattliche Herrenhaus aus Stein dahinter sichtbar wurde, war Ebony von nagenden Gewissensbissen erfüllt, und ihr Zorn auf die ganze Familie Moffat, insbesondere auf Davy Moffat, ließ ihr das Blut in den Ohren rauschen.
    In der schmutzigen, mit Unrat übersäten Hauptstraße, in der zu Skeletten abgemagerte Hunde und Ratten in den stinkenden Abfällen nach Nahrung suchten, stiegen sie vom Pferd. Das mächtige, eisenbeschlagene Portal öffnete sich auf Ebonys Klopfen, sie betrat einen schwach erleuchteten Vorraum, während Perkin draußen bei den Pferden wartete. Und dann hatte Ebony den Eindruck, sie betrete eine andere Welt beim Anblick des prachtvoll ausgestatteten Hauses von Richard Cairns, dem berühmtesten Rechtsgelehrten von Dumfries. Cousine Jennie, seine Gemahlin, war von Ebonys Besuch ebenso überrascht, wie Sir Alex vermutet hatte. Sie hatte erst in einem oder zwei Tagen mit ihrer Ankunft gerechnet und ließ ihre Bitte, Ebony möge sich noch ein wenig gedulden, zunächst plausibel klingen. Im Verlauf des Tages begann Ebonys Zuversicht, ihr würde nichts passieren, allerdings zu schwinden, zumal ein weiterer Verwandter aus der Stadt geholt wurde, um den Überredungsmethoden ihrer Gastgeber Nachdruck zu verleihen.
    Die bescheidene Herberge am Rande von Dumfries, die von den Soldaten des Königs besetzt worden war, erschien Ebony beinahe wie der Eintritt ins Paradies. Es war kurz vor Mitternacht, als sie im Kreise der Männer an einem prasselnden Herdfeuer kauerte, vor dem die Soldatenstiefel vor sich hin dampften. Auf dem langen Tisch lagen die Reste des Nachtmahls, die Männer lümmelten bequem auf den Bänken, und Perkin hielt stolz sein verbundenes Handgelenk hoch, das einen bösen Schwerthieb bei der Verteidigung der Dame abbekommen hatte. Im niederen Dachgebälk flackerte der Widerschein der Kerzen, während draußen der Regen auf das Strohdach prasselte und Wasserfontänen sich gurgelnd aus der Dachrinne in die Holztonne ergossen. Die Männer schwiegen respektvoll, als Ebony berichtete, was sich im Haus des Rechtsgelehrten an der Brücke zugetragen hatte. Bitter enttäuscht, zitternd vor Angst und Zorn zog sie die karierte Wolldecke enger um ihre Schultern und beantwortete Sir Alex’ Fragen, nachdem seine Männer ihm Bericht über den Verlauf der Rettungsaktion erstattet hatten.
    Er reichte

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