Verfuehrung auf Capri
diesen Gedanken jedoch sofort wieder und erhob sich.
„Laura?“
Sie glitt vom Barhocker und verkrampfte die Finger um die Handtasche, die Alessandro ihr reichte. Als Laura neben ihm herging, war er sich ihrer Nähe intensiv bewusst, denn ihre hochhackigen Schuhe machten sie fast so groß wie ihn und verliehen ihren Hüften einen betörenden Schwung.
„Alessandro! Wie schön, Sie hier zu sehen!“ Die elegante ältere Dame wandte Alessandro eine gepuderte Wange zu, damit er ihr einen Kuss geben konnte. Christa Bellini war die Gastgeberin und hatte die Wohltätigkeitsgala organisiert. „Und Ihre Begleitung …?“ Sie lächelte herzlich, aber auch neugierig.
„Darf ich Ihnen Laura Stowe vorstellen?“, fragte Alessandro höflich.
Signora Bellinis Augen begannen zu leuchten. „Ah, Sie sind sicher Engländerin“, sagte sie lächelnd zu Laura. „Wie schön, dass auch Sie heute Abend kommen konnten. Sind Sie schon lange in Rom?“
Irgendwie gelang es Laura, zu sprechen. „Das ist mein erster Abend in Rom“, brachte sie heraus.
„Wirklich? Und wie lange kennen Sie Alessandro schon?“, fragte Christa Bellini mit unverhohlenem Interesse.
„Erst seit Kurzem.“
„Länger ist bei unserem schönen Alessandro aber auch gar nicht notwendig“, erwiderte die Gastgeberin betont leichthin, warf ihm jedoch einen bedeutungsvollen Seitenblick zu.
Da er Laura mit dem Nachnamen ihrer Mutter vorgestellt hatte, konnte Christa Bellini nicht ahnen, dass es sich bei seiner Begleitung um Tomasos geheimnisvolle Enkelin handelte.
„Delia ist momentan in der Karibik, nicht wahr? Mit Guido Salvatore, wie ich hörte. Er ist ja nicht mehr der Jüngste, aber andererseits Witwer. Wer weiß, vielleicht möchte er sich im Alter von einer jungen Ehefrau trösten lassen?“ Sie lachte leise, und Alessandro war froh, dass sie italienisch gesprochen hatte.
Noch froher war er darüber, dass sie sich nun um andere Gäste kümmern musste. Er umfasste Lauras Arm und führte sie in die Menschenmenge. Noch immer hatte er sich nicht wieder völlig gefangen. Reiß dich zusammen, ermahnte er sich innerlich. Er war schließlich mit einem bestimmten Ziel hergekommen.
Und in diesem Moment wurde ihm schlagartig etwas bewusst: Sein Plan, der ihm so hoffnungslos erschienen war, hatte wider alle Erwartungen funktioniert.
Während sich in Alessandros Kopf noch alles drehte, sandte sein Körper ihm sehr eindeutige Signale, die allein mit der Frau an seiner Seite zu tun hatten – und rein gar nichts damit, wer ihr Großvater war und was er ausgeheckt hatte.
Laura ließ sich bereitwillig von Alessandro herumführen. Andere Gäste sprachen ihn an, und er wurde immer weiter in die Mitte des Raumes hineingezogen. Als ein Ober mit einem Tablett vorbeikam, reichte Alessandro ihr ein Glas Champagner. Einige seiner Bekannten sprachen auch mit ihr, doch Laura konnte nur nicken. Sie war sehr dankbar dafür, dass Alessandro die Unterhaltung bestritt, doch gleichzeitig kam es ihr sehr merkwürdig vor, ihm dankbar zu sein.
Doch „merkwürdig“ war keine sehr passende Beschreibung für ihre Empfindungen.
Völlig überwältigt und unfähig, klar zu denken, trank Laura ihr Glas leer und bekam sofort ein neues gereicht, als sich plötzlich tief in ihrem Innern etwas zu regen begann, wie eine Luftblase, winzig klein, aber stetig wachsend.
Ein Mann hatte sich zu Alessandro gesellt, etwa genauso alt wie er und ebenfalls sehr gut aussehend. Er sprach italienisch mit Alessandro, doch noch bevor er zu Ende gesprochen hatte, glitt sein Blick zu ihr.
Die Luftblase schien Lauras ganzes Inneres auszufüllen, als sie dem Fremden in die Augen sah und sich plötzlich alles von Grund auf zu ändern schien.
Der Mann nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. „Wie schön, Sie kennenzulernen, Laura“, sagte er, ohne den Blick von ihr zu wenden.
Seine Augen waren dunkel und von langen Wimpern umkränzt, und darin bemerkte Laura etwas, das ihren Atem stocken ließ. Als sie ein strahlendes Lächeln aufsetzte, sah sie ein Flackern in den Augen des Mannes. Er schloss die Finger um ihre Hand und strich ihr sanft mit dem Daumen über die Handfläche.
In diesem Moment sagte Alessandro etwas auf Italienisch. Seine Stimme klang scharf, und sofort ließ der andere Mann ihre Hand los. Als Alessandro eine weitere scharfe Bemerkung machte, zuckte der Unbekannte mit einem feinen Lächeln die Schultern. Dann neigte er zu Laura gewandt leicht den Kopf, sagte leise etwas und
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