Verfuehrung auf Capri
Alessandro würde verschwinden, sobald er sie zu ihrem Zimmer gebracht hätte. Sie betrachtete sich verstohlen in der metallenen Innenwand des Lifts, weil sie sich jeden noch verbleibenden Augenblick dieses wundervollen Abends einprägen wollte, bevor er endgültig vorbei wäre.
Beim Betrachten ihres Spiegelbildes war Laura erneut überwältigt. Es war wirklich ein Wunder, sie konnte es nicht anders ausdrücken. Und jetzt war die letzte Gelegenheit, um dieses Wunder zu genießen. Sehnsüchtig betrachtete sie den schönen Fall des Kleides, in dem ihr Körper wie eine edle Statue wirkte, ihr glänzendes, dunkles Haar, ihr ausdrucksvolles, schönes Gesicht …
Plötzlich bemerkte Laura, dass auch Alessandro sie ansah. Mit zusammengekniffenen Augen und so eindringlich, dass ihre Kehle plötzlich wie zugeschnürt war. Als sie ihm über die spiegelnde Metallwand in die Augen blickte, schien die Zeit stillzustehen. Plötzlich war es, als wäre ein Schleier gefallen.
Laura war sich seiner Gegenwart so intensiv bewusst, dass sie jedes noch so kleine Detail überdeutlich wahrnahm: wie das weiße Hemd sich um seinen muskulösen Oberkörper schmiegte, wie er sich mit seinen langen Fingern gegen die Wand stützte, wie sein dichtes dunkles Haar sein edles Gesicht umrahmte …
Und die Art, wie er sie ansah.
Lauras Herz schlug wie verrückt, und tief in ihrem Innern erwachte eine übermächtige, alles verzehrende Sehnsucht. Alessandros Anblick hatte sich in ihren Gedanken schon bei ihrer ersten Begegnung eingebrannt. Bei jedem der nachfolgenden Treffen hatte Laura ihn so gut es ging ignoriert und jeglichen Gedanken an ihn verdrängt. Doch das war jetzt nicht mehr möglich. Denn nun stand Alessandro neben ihr, nur eine Armlänge entfernt. So nahe, dass ihr das Atmen schwerfiel.
Als sich die Türen des Lifts öffneten, schreckte sie zusammen. Einen Moment lang stand sie bewegungslos da, bevor sie den Lift verließ und den Flur entlanghastete, obwohl sie nicht einmal wusste, wohin sie gehen musste. Sie ging so schnell, wie es in dem langen Kleid überhaupt möglich war.
„Laura!“, rief Alessandro.
Sie blieb stehen und wandte sich um.
„Dein Zimmer liegt auf der anderen Seite.“
Laura eilte an ihm vorbei in die Richtung, in die er gewiesen hatte.
„Halt, hier ist es“, hörte sie seine Stimme hinter sich.
Mit klopfendem Herzen blieb sie vor der Tür stehen und wünschte sehnlichst, sie wäre schon in ihrem Zimmer. Ungeduldig sah sie zu, wie Alessandro die Karte durch den Schlitz zog und das kleine Lämpchen von Rot auf Grün umsprang. Sofort ging Laura hinein und suchte nach dem Lichtschalter.
Alessandro trat ebenfalls ein und betätigte einen Schalter. Die Lampe neben dem Bett ging an und tauchte das ganze Zimmer in sanftes Licht. Alessandro blickte Laura an.
„Bevor ich gehe, möchte ich mich vergewissern, dass du etwas begriffen hast“, sagte er kühler als je zuvor.
Wie erstarrt stand Laura da und versuchte nicht daran zu denken, wie intensiv sie seine Gegenwart spürte.
„Du musst dich von Luc Dinardi fernhalten. Hast du das verstanden? Du bist einfach nicht in der Lage, mit einem Mann wie ihm umzugehen.“
Seine Worte klangen wie ein Befehl. Laura, deren Nerven zum Zerreißen gespannt waren, verlor die Beherrschung.
„Er kann mir nicht gefährlich werden!“, rief Laura aufgebracht.
„Aber du selbst kannst es!“ Alessandro umfasste ihr Handgelenk mit eisernem Griff.
„Lass mich sofort los!“
„Soll ich es dir beweisen?“
Plötzlich klang seine Stimme völlig anders, ein leiser, sehr entschlossener Unterton schwang darin mit.
„Soll ich?“, fragte er noch einmal.
Laura fühlte seine feste Hand um ihr Handgelenk – und dann plötzlich die zarte Bewegung seines Daumens auf ihrer Haut. Mit einem Mal wirkte die Luft um sie herum wie aufgeladen, und alles schien sich zu verlangsamen.
Zögerlich ließ Laura den Blick zu ihrem Handgelenk gleiten. Dann hob sie den Kopf und sah Alessandro ins Gesicht, das nun alles andere als ausdruckslos war. Wie gebannt blickte er sie an und schien nichts anderes wahrzunehmen. Sie hörte, wie sein Jackett zu Boden glitt, sah die halb offene Tür sich schließen, als Alessandro sich dagegen lehnte und sie zu sich heranzog.
Er sagte etwas auf Italienisch, leise und eindringlich. Dann drehte er ihr Handgelenk auf ihren Rücken und legte auch seine andere Hand um ihre Taille. Laura konnte die Wärme und jede noch so kleine Bewegung seiner Finger durch den feinen
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