Verfuehrung Auf Hoher See
und die Villa in der übrigen Zeit an Feriengäste vermieten. So würde das Anwesen dir zusätzliche Einkünfte sichern. Wer weiß, eines Tages willst du vielleicht wieder heiraten, Kinder bekommen und hier wohnen. Immerhin bist du zur Hälfte Griechin.“
„Nein, das bin ich nicht. Und wieder heiraten oder Kinder bekommen möchte ich auch nicht. Es gibt schon mehr als genug Kinder auf der Welt, um die wir uns kümmern müssen“, wehrte Selina ab. „Aber was Anna betrifft, da magst du recht haben. Ich werde ihr sagen, mein Großvater hätte ihr hunderttausend Euro hinterlassen.“ Ihr fiel etwas Wichtiges ein. „Ehe ich fortgehe, muss ich noch einige Anrufe erledigen.“
Lügen hasste sie, doch ihr blieb nichts anderes übrig. Beth würde es toll finden, dass sie Urlaub machte und eine Mittelmeerkreuzfahrt unternahm. Oft genug hatte die Gute sie gedrängt, endlich einmal richtig auszuspannen. Wenn sie der Freundin jedoch die Wahrheit gestand, würde diese sich nur aufregen und sie anflehen, sich nach ihrer katastrophalen Ehe auf keinen Fall mehr mit Rion einzulassen. Nein, es war besser, Beth nicht unnötig zu beunruhigen.
Und für das Kinderhilfsprojekt war jeder zusätzliche Geldbetrag wie ein warmer Regen …
5. KAPITEL
Fast Mitternacht. Geisterstunde …
Nachdenklich lehnte Selina an der Reling der Luxusjacht, die geschmeidig aus dem Hafen von Letos glitt. Sie war froh, dass es ein neueres Modell war, denn die Nacht an Bord der alten Jacht, auf der sie die Hochzeitsnacht verbracht hatten, würde sie nie vergessen.
Mit gemischten Gefühlen überdachte Selina die jüngste Entwicklung der Dinge. Erstaunlich, wie geschickt Rion die gute Anna überzeugt hatte.
Nachdem er der Wirtschafterin klargemacht hatte, dass Mark Stakis ihr hunderttausend Euro vermacht hatte, hatte Selina sie gebeten, sich weiter um die Villa zu kümmern, solange sie wolle. In ihrer überschäumenden Freude hatte die Gute alles geglaubt, was Selina ihr auftischte: dass sie Rion begleiten, um am nächsten Morgen beim Anwalt in Athen juristische Papiere zu unterzeichnen, und abends nach London fliegen würde. Freudig hatte Anna ihr dann beim Packen geholfen …
An Bord der Jacht hatte Rion Selina mit Dimitri, dem einzigen anderen Passagier, bekannt gemacht – einem sportlichen, kahl geschorenen Mann um die fünfzig, der sich ihrer angenommen hatte, während Rion dem Kapitän auf der Brücke half, die Jacht sicher aus dem Hafen zu manövrieren.
Dimitri hatte sich auch um das Gepäck gekümmert und sie zu ihrer Kabine begleitet. Dort hatte er ihr sachkundig das Computersystem erklärt. Wenn sie etwas brauche, solle sie sich melden. Rion bewohne die Hauptkabine direkt neben ihrer.
Wenigstens habe ich eine eigene Kabine, dachte sie erleichtert.
Nachdem sie ausgepackt und geduscht hatte, war sie in einen alten Jogginganzug geschlüpft, der jeden Mann abschrecken musste.
Fünf Minuten später hatte sie es in der engen Kabine nicht mehr ausgehalten. Also hatte sie Flipflops angezogen und war an Deck geflüchtet.
Doch auch hier fand sie keine Ruhe. Sie musste den Verstand verloren haben, weil sie sich auf den Handel eingelassen hatte. Rion hielt sie für eine erfahrene Frau … Das Gegenteil war der Fall. Seit der Scheidung hatte sie wie eine Nonne gelebt. Sicher, sie war mit Bekannten ausgegangen, auch einen Kuss hatte es ab und zu gegeben, aber vor einer sexuellen Beziehung war sie stets zurückgescheut. Sie hatte einfach kein Interesse …
Rion ging die Stufen zum Hauptdeck hinab und blieb stehen.
Selina lehnte an der Reling, und selbst auf die Entfernung spürte er, wie angespannt sie war. War das ein Wunder? Schließlich war sie nicht freiwillig hier.
Ein wenig regte sich nun doch sein Gewissen.
Süß sah sie aus mit dem Pferdeschwanz, der im Fahrtwind wehte.
Nun fiel ihm auch auf, dass sie sich umgezogen hatte. Statt des eleganten Kleids trug sie einen Schlabberanzug, mit dem sie ihn offenbar abzuschrecken hoffte. Ihr Anblick erregte ihn, und er verdrängte die Gewissensbisse. Warum sollte er sich schuldig fühlen? Immerhin bekam Selina, was sie wollte: Geld. Wie die meisten Frauen. Außerdem war er sich seiner männlichen Überzeugungskraft sicher. Er würde sie befriedigen, es ihr im Bett an nichts fehlen lassen.
Erschrocken schrie Selina auf, als jemand von hinten die Arme um sie legte. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie Rion nicht hatte kommen hören. Unwillkürlich umfasste sie seine Arme und
Weitere Kostenlose Bücher