Verfuehrung Auf Hoher See
schroff. „Im Gegensatz zu deinem Großvater ist der Wagen schließlich noch da, wenn du zurückkommst.“
Selina blickte zu Rion, der mit eisiger Miene am Kopfende des Tisches saß. Was hatte er auf einmal? Hatte sie etwas Falsches gesagt?
„Ja, sicher.“ Vom Wein beflügelt, setzte sie hinzu: „Wenn Tante Peggy, die ihn in meiner Abwesenheit fährt, nicht wieder einen Unfall gebaut hat. Meinen Käfer hatte sie vorher auf einem Parkplatz zu Schrott gefahren.“
Ted und Dimitri lachten, und Rion lächelte sichtlich gezwungen. Er schien das gar nicht komisch zu finden.
Auf einmal hatte sie keinen Appetit mehr. Oder hatte sie zu viel getrunken? Sie war froh, als das Essen zu Ende war. Noch ehe Marco den Kaffee servierte, entschuldigte sie sich und flüchtete in ihre Kabine.
Doch Rion ließ sich nicht abschütteln. Er folgte ihr, und wie stets erstickte er ihren Widerstand mit Küssen und Liebkosungen.
Und wieder landeten sie in seinem großen Bett …
Die nächsten Tage verliefen ähnlich. Mittags und abends aßen sie gemeinsam. Rion war ein unterhaltsamer Gesprächspartner, und sie redeten über Gott und die Welt, jedoch nie über die Vergangenheit. Und nachts liebten sie sich in seinem großen Bett.
Genau genommen verbrachte Selina keine einzige Nacht in ihrer Kabine.
Vormittags arbeitete Rion, nach dem Essen gönnten sie sich eine Siesta – ohne intim zu werden –, was ihr nur recht sein konnte.
Vier Tage später stand Selina an Deck und beobachtete erwartungsvoll, wie Rion in einem hautengen Taucheranzug seine Ausrüstung zum letzten Mal überprüfte. Erst vor zwei Tagen hatte sie beim Abendessen erfahren, dass er begeisterter Sporttaucher war und Dimitri extra deswegen mitgenommen hatte. Der eigentliche Zweck der Kreuzfahrt war die Erforschung des Meeresbodens vor der ägyptischen Küste.
Zufrieden mit dem Stand der Dinge, ging Rion zu Selina. Ihr Schlabberpulli hielt ihn nicht davon ab, ihre sportliche Erscheinung und die langen Beine zu bewundern.
„Ich bin mir da noch nicht ganz sicher“, erklärte er, als er sah, wie erwartungsvoll ihre Augen funkelten.
Am Vortag hatte sie ihn gebeten, sie auf einen Tauchgang mitzunehmen. Es hatte ihn überrascht, dass sie tauchen konnte, aber unter dem Vorwand, keine passende Ausrüstung für sie zu haben, hatte er abgewinkt. Dann hatte Dimitri in einem Schließfach doch noch einen alten Taucheranzug aufgetrieben. Später im Bett hatte sie ihn in einem schwachen Augenblick erwischt, und er hatte sich breitschlagen lassen.
„Erzähl mir noch mal, wo du tauchen gelernt hast.“ Im Bett hatte er ganz andere Dinge im Kopf gehabt und ihr nicht richtig zugehört.
„Ich war Mitglied in unserem Schultauchclub“, berichtete Selina. „Und nach dem Abschluss an der Uni bin ich ein halbes Jahr in Fernost herumgereist. In Queensland habe ich dann an einem zehnwöchigen Tauchkurs teilgenommen und den PADI-Schein erworben. Na, was sagst du, Rion? Nimmst du mich mit auf den nächsten Tauchgang?“
„Also gut, Selina“, ließ Rion sich breitschlagen. „Aber lass uns eins klarstellen: Ich übernehme das Kommando.“
„Natürlich. Wie immer“, zog sie ihn auf und krauste dabei die Nase.
Ihre Begeisterung wirkte ansteckend auf ihn. Wie überhaupt alles an ihr.
Jeder an Bord musste Selina einfach mögen. Dimitri und Ted, die sonst so zurückhaltend waren, konnten den Blick nicht von ihr abwenden, ebenso wie Marco, der vorher den alten Taucheranzug benutzt hatte, den sie nun trug.
Es war komisch, aber die Vorstellung störte Rion. Wenn es um Selina ging, war er sich keiner Sache mehr sicher. Ein Freund hatte ihr einen Mercedes gekauft, dennoch lief sie ganz selbstverständlich in abgewetzten Jeansshorts, T-Shirt und Flipflops auf der Jacht herum. Make-up benutzte sie nie, höchstens einen Sunblocker, und wenn sie ihr herrliches Haar mit einem Gummiband zurückband, sah sie wie ein junges Mädchen aus … und teuflisch sexy.
Bisher waren seine weiblichen Gäste auf der Jacht ausnahmslos geschminkt gewesen und hatten sich in knappen Bikinis oder auch nur einem String an Deck geaalt, um ihre Reize zur Schau zu stellen. Selina hingegen trug einen schwarzen Einteiler, wenn sie in den Pool stieg. Sexy sah sie auch darin aus, aber nicht so atemberaubend wie in dem weißen Bikini. Und sie sonnte sich nie. Für gewöhnlich saß sie irgendwo mit einem Buch oder dem Handy im Schatten. Sie war die uneitelste Frau, die ihm je begegnet war. Eigentlich passte das gar nicht
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