Verfuehrung Auf Hoher See
allem, was er ihr angetan hatte, verdiente er sie nicht. „Ich lasse dir einen Flug nach England buchen.“
„Nicht nötig. Ich habe bereits ein Ticket für Kambodscha. Normalerweise verbringe ich einen Monat im Jahr bei Beth und Trevor, um ihnen im Kinderzentrum zu helfen. Diesmal muss ich meine Zeit dort auf drei Wochen verkürzen.“
Rion sah den anklagenden Ausdruck in ihren Augen. Natürlich wusste er, warum Selina ihren Besuch abkürzen musste, und fühlte sich noch schrecklicher.
„Dann möchte ich dem Kinderzentrum eine Geldspende zukommen lassen“, bot er ihr an.
„Das ist ganz einfach. Schick sie an diese Stiftung.“ Sie nannte ihm die E-Mail-Adresse. „Aber ich würde es anonym tun. Beth ist eine Gerechtigkeitsfanatikerin und noch konsequenter als ich.“
Rion versuchte nicht, Selina aufzuhalten, als sie zur Tür ging. Er berührte sie nicht einmal. Irgendwie wagte er es nicht.
„Dein Gepäck ist im Wagen. Der Fahrer bringt dich, wohin du willst.“
Und er hatte gehofft, sie noch einige Nächte bei sich halten zu können! Von Heiraten konnte keine Rede mehr sein. Rion setzte sich auf die Schreibtischkante und nickte nur, als sie die Tür hinter sich schloss.
Selbst eine halbe Stunde später hatte er sich nicht von der Stelle gerührt. Die Hände vors Gesicht geschlagen, saß er da und musste sich damit abfinden, dass er Selina in dem Augenblick verloren hatte, als ihm bewusst wurde, dass er sie liebte.
Das Telefon klingelte, doch er meldete sich nicht. Seine Sekretärin kam herein, aber er wollte für den Rest des Tages nicht gestört werden.
Verloren sah er sich in seinem supermodernen Büro um, ging zur breiten Glaswand und blickte auf Athen hinab. Die Aussicht ließ ihn kalt. Er war gesund und reich und liebte seine Arbeit. Eigentlich ein tolles Leben. Doch der einzige Mensch, den er brauchte, blieb für ihn unerreichbar, und ein dumpfer Schmerz erfüllte ihn …
11. KAPITEL
In der eleganten Halle des Luxushotels im Zentrum von Rio, wo Selina seit zehn Tagen wohnte, blieb sie stehen und wandte sich lächelnd Antonio zu. Er war athletisch gebaut und mindestens einen Meter achtzig groß. Im schwarzen Smoking, mit weißem Abendhemd und roter Fliege sah er nicht nur umwerfend aus, sondern war trotz seines Reichtums auch ein erfrischend offener Mann.
„Danke für den wunderschönen Abend, Antonio“, sagte sie. „Es hat mir Spaß gemacht, wieder für Sie zu arbeiten. Leider fliege ich morgen schon frühzeitig und verabschiede mich deshalb jetzt.“ Sie reichte ihm die Hand, doch er zog sie an sich und küsste sie auf beide Wangen.
„Sie sollten sich noch einmal überlegen, ob Sie nicht doch als meine Geliebte bleiben wollen.“ Charmant setzte er hinzu: „Für Sie ist immer einen Platz in meinem Herzen frei.“
Lachend wich sie etwas zurück und schüttelte den Kopf. „Sie sind unverbesserlich, Antonio, aber das geht nicht. Wenn Sie allerdings wieder eine Dolmetscherin brauchen, wissen Sie, wo ich zu finden bin.“
„Sicher. Und falls Sie es sich anders überlegen oder mich brauchen sollten … Sie haben meine Nummer, Selina. Rufen Sie mich an.“ Antonio lächelte gewinnend. „Wenn Sie schon nicht meine Geliebte werden wollen, seien Sie wenigstens meine Freundin.“
Der warmherzige Ausdruck in seinen Augen rührte sie. „Danke. Das will ich gern sein. Auf Wiedersehen.“ Ohne einen Blick zurück ging sie zu den Aufzügen.
In ihrem Zimmer schloss Selina zufrieden die Tür hinter sich. Wieder einen Auftrag erfolgreich abgeschlossen, dachte sie und streifte die Schuhe ab. Aufatmend setzte sie sich auf die Bettkante und begann, sich die Haarnadeln aus dem Nackenknoten zu ziehen.
Antonio Soares, der Chef des größten brasilianischen Bergwerkkonsortiums mit Niederlassungen in aller Welt, war ein netter Mann. Vor zwei Monaten hatte sie ihn als Kunden in Australien kennengelernt und war mit ihm nach China gereist. Danach hatte er sie für den Besuch einer chinesischen Delegation in Brasilien angefordert. Die Konferenz war für beide Parteien erfolgreich verlaufen, am Abend hatte ein abschließendes Festessen stattgefunden, bevor die Delegation am Morgen abflog.
Lächelnd strich Selina sich das Haar zurück. Antonio galt als Womanizer, aber er war unglaublich lustig und brachte sie mit Berichten über Damen der brasilianischen Gesellschaft, die ihn mit ihren Töchtern verheiraten wollten, zum Lachen. In gewisser Weise war er wie Rion, denn er arbeitete viel und führte das Leben
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